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Bahama-Krise

Bahama-Krise

Titel: Bahama-Krise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Desmond Bagley
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Debbies Vorwürfen im Ohr verließ ich das Haus. Als ich im
›Royal Palm‹ ankam, wurde mir klar, daß Jessie mit ihrer Schilderung
der Sachlage vornehm untertrieben hatte.
    Fletcher, der Hotelmanager, war vom
Zahnarztstuhl ins Hotel zurückbeordert worden. Ich saß in seinem Büro
und hörte dem Bericht zu, den er mir gab. »Zweihundertachtzig
Passagiere, eine ganze Jumbo-Ladung voll, und nicht einmal eine
Zahnbürste vom Gepäck! Die Leute haben nur noch, was sie am Leibe
tragen.«
    Ich zwinkerte ihm zu. »Willkommen auf den Bahamas, Ihr Gepäck
ist unterwegs nach Honolulu?«
    Er musterte mich, ohne auf den Scherz einzugehen. »Schlimmer
als das! Sie kennen doch das neue Beförderungsband am Flugplatz, das
Kofferkarussell?«
    Ich nickte. Es handelte sich um eine technische Neuheit, auf
deren Einbau ich gedrungen hatte. Bei den Großraumflugzeugen, die jetzt
auf den Bahamas einschwebten, war dies die einzige Möglichkeit, die
Gepäckausgabe rasch abzuwickeln.
    »Es ist, als ob man das Ding geradezu für diesen Zweck
konstruiert hätte«, hörte ich Fletcher sagen.
    »Wofür denn?«
    »Zum Kofferaufschlitzen. Die Koffer müssen durch einen Tunnel.
Und da hat irgendwas gehakt. Alle Koffer wurden aufgeschlitzt, der
Inhalt zu Schnitzeln zermahlen. Was bleibt, ist reif für den Müll. Es
ist hoffnungslos, da noch irgendwas herauszusuchen.«
    »Hat denn niemand versucht, das Transportband abzustellen, als
am anderen Ende die ersten aufgeschlitzten Koffer rauskamen?«
    »Das schon. Aber das Band ließ sich nicht abstellen. Es gibt
auch noch keine Telefonverbindung zwischen der Aufladestation und dem
Karussell. Als endlich jemand hinlief und Bescheid sagte, war es zu
spät. Die Koffer waren schon alle im Tunnel.«
    Ich hob das Kinn und deutete zur halboffenen Tür.
    »Wer sind die Gäste?«
    »Ein Kongreß von Industriellen aus Chicago. Die Leute sind auf
hundertachtzig. Wenn Sie rausgehen, nicht ohne Waffenschein. Es gibt
nur ein Gutes an der Sache: Wir sind nicht schuld daran. Die
Trägergesellschaft des Flughafens muß haften, nicht wir.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Mag sein, aber das löst das Problem
da draußen in keiner Weise.« Es hatte wenig Sinn, die aufgebrachten
Passagiere mit dem Hinweis auf die Rechtslage abzuspeisen. Wir hatten
es mit 200 unzufriedenen Gästen zu tun. Noch dazu mit Amerikanern. Wenn
Amerikaner wütend sind, dann machen sie ihrer Empörung laut und
deutlich Luft. Die Beschwerden, ob berechtigt oder nicht, würden für
Tage die Stimmung im ganzen Hotel vergiften, und das auch bei jenen
Gästen, die von dem Debakel gar nicht betroffen waren.
    »Die Boeing war voll bis zum letzten Sitz«, sagte Fletcher.
»Wir sind nicht das einzige Hotel, das den Ärger auszubaden hat. Dem
›Holiday Inn‹ geht's nicht besser, ebenso dem ›Atlantik Beach‹ und dem
›Xanadu‹.«
    Das war kein Trost. »Was sagen die Verantwortlichen vom
Flugplatz zu der Sache?« fragte ich.
    »Vorläufig gar nichts. Die wollen erst eine Sitzung des
Verwaltungsrats einberufen.«
    »So lange kann man die Leute nicht sich selbst überlassen«,
entschied ich. »Gehen Sie raus und sorgen Sie dafür, daß jeder Gast
erst einmal fünfzig Dollar ausgezahlt erhält für die unmittelbaren
Bedürfnisse. Ich rufe inzwischen die Flughafengesellschaft an und sage
denen, daß wir ihnen die Rechnung schicken. Achten Sie darauf, daß die
Sache als Goodwill-Aktion des Hotels abläuft. Sagen Sie klipp und klar,
daß wir zu nichts verpflichtet sind. Aber wir sind nicht zu bremsen bei
unserem Bestreben, dem Gast Gutes zu tun. Wenn wir uns schon um den
Mist kümmern müssen, dann soll für das Hotel wenigstens etwas Werbung
herausspringen.«
    Er nickte und ließ mich allein im Büro zurück. Ich rief den
Flugplatz an. Es war ein kurzes Gespräch. Mein Partner am anderen Ende
war stur. Ich ließ ihn wissen, daß ich unsere Ansprüche auf dem
Rechtswege einklagen würde. Als ich auflegte, klingelte es, ich hatte
die Hand noch auf dem Gerät. »Sam Ford erwartet Sie in Ihrem Büro, Mr.
Morgan«, sagte sie. »Es ist dringend, sagt er.«
    »Ich komme sofort.«
    Ich hastete zur Tür und durch die Lobby, wo Fletcher mit dem
Lindwurm der zornigen Amerikaner rang. Eine Schlange hatte sich vor der
Kasse des Hotels gebildet, offensichtlich war die Taschengeldverteilung
bereits im Gange. Als ich im Vorraum bei meiner Sekretärin ankam,
erblickte ich Sam Ford, der von einem Bein aufs andere trat. Ich bat
ihn durch in mein Büro und nahm hinter dem

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