Bahama-Krise
Kühlmittel zu entleeren und mit
stark chloriertem Wasser zu füllen waren. Nach 24 Stunden mußte die
Desinfektionsflüssigkeit wieder entfernt und durch eine Füllung mit
frischem Wasser ersetzt werden. Ein Haufen Arbeit.
Ich wartete nicht darauf, bis die Analysen aus Miami kamen,
sondern begann sofort mit der Desinfizierung aller Anlagen. Ich
überwachte die Arbeiten selbst, um sicherzugehen, daß alles gemäß den
Vorschriften von Dr. Bosworth geschah. Für mich hing viel davon ab, das
Unglück, das im Hotel ›Parkway‹ zugeschlagen hatte, von meinen Hotels
fernzuhalten. Natürlich war mir auch die Vorstellung unangenehm, einer
unserer Gäste könnte durch Fahrlässigkeit des Managements zu Tode
kommen. Ich gebe aber zu, daß der Gedanke an das Geld im Vordergrund
stand. Legionella pneumophila war imstande, nicht nur Gästen, sondern
auch der Bilanz eines Hotelkonsortiums den Todesstoß zu versetzen.
Dr. Bosworth war in jenen Wochen damit ausgelastet, von Insel
zu Insel zu fliegen. Immer ging es um Erkrankungen, hinter denen die
gefürchtete Legionärskrankheit stecken konnte. Gott sei Dank stellte
sich in allen Fällen heraus, daß es sich um weniger gefährliche
Erreger, zumeist um Grippeviren, handelte. Unsere Hotels, das wurde
jetzt offenbar, waren hygienisch einwandfrei. Trotzdem fuhr den
Touristen, die von den Zeitungen aufgescheucht waren, der Schreck
gehörig in die Glieder. Überall auf den Bahamas verbreitete sich
Nervosität. Es wurde ein schlechtes Geschäftsjahr für die Hoteliers,
und auch das Theta-Konsortium schnitt schlecht ab. Machtlos mußten die
Experten für Tourismus und ich zusehen, wie Buchung um Buchung
storniert wurde. Innerhalb der ersten drei Monate nach Verbreitung der
Nachricht sank die Zahl der Übernachtungen um fünfzehn Prozent. Das
›Parkway Hotel‹ wurde völlig desinfiziert und dann wieder für den
Tourismus freigegeben. Trotzdem erreichte die Belegungsquote nur magere
zehn Prozent. Die Gesellschaft, der das Hotel gehörte, mußte wenig
später Konkurs anmelden.
Für mich bedeutete der Ausbruch der Seuche in Nassau, daß ich
jetzt wenig zu Hause war. Debbie ging es gesundheitlich nicht
besonders, die Schwangerschaft machte ihr zu schaffen. Es kam ohne
besonderen Anlaß zu Wortwechseln. Ich erinnerte mich, daß ich während
Julies erster Schwangerschaft alle Reisen, die nicht unbedingt
notwendig waren, aufgeschoben hatte, damit sie sich nicht so allein
fühlte. Die Pflichten, die sich für mich wegen der Legionella-Affäre
ergaben, zwangen mich jetzt dazu, weniger rücksichtsvoll zu sein.
Es war wohl auch meine Schuld, daß unser Verhältnis in jenen
Wochen eine arge Belastungsprobe erlebte. Ich versuchte, allen Fragen,
die sich daraus ergaben, mit meiner üblichen Arbeitswut auszuweichen.
Zu den Schutzmaßnahmen, die ich gegen die Seuche ergriff, kam die
Arbeit für das Theta-Konsortium, die mir in Zeiten der Flaute besonders
viel Energie abverlangte. Ich arbeitete wie ein Stier. Wenn ich nach
Hause kam, genügte ein falsches Wort, um das Faß zum Überlaufen zu
bringen.
Nach wie vor kümmerte sich Debbie um das Ferienprogramm für
die amerikanischen Slumkinder, das sie mit Hilfe von Cora und Addy ins
Leben gerufen hatte. Damit waren Reisen nach Texas verbunden. Die
Reisen wurden häufiger, und die Zeitspannen, die Debbie daheim in
Houston verbrachte, länger. Wie sie mir sagte, mußte sie Mängel in der
Organisation ausbügeln, Cora und Addy waren guten Willens, aber völlig
unerfahren in der Verwaltung. Ich akzeptierte das als Begründung für
die Reisen. Erst als die Reisen nach Texas immer häufiger wurden,
beschlich mich das Gefühl, daß Debbie und ich uns auseinanderlebten.
Karen, meine Tochter, tat mir leid. Sie hatte ihre Mutter verloren. Und
nun war sie dabei, auch ihre Stiefmutter zu verlieren, kaum daß sie
sich an sie gewöhnt hatte. Ich spürte, wie sich der Strudel zu drehen
begann, und sah doch keinen Weg, meine Füße aus dem Mahlstrom zu
befreien.
Wie ein Zeichen an der Wand erschien mir die Schlagzeile der
›Freeport News‹, die mir an einem jener Tage ins Auge sprang. In Nassau
war aus ungeklärter Ursache ein Großfeuer ausgebrochen. Der ›Fun
Palace‹, ein großes Freizeit-Center, war niedergebrannt. Der Komplex
war erst vor kurzem errichtet worden, wahrscheinlich, um dem
Internationalen Basar in Freeport einige Kunden abzujagen. Zum Center
gehörten mehrere Kinos und Restaurants, außerdem Spielhallen und
Sportanlagen. Für meinen Geschmack
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