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Bahners, Patrick

Bahners, Patrick

Titel: Bahners, Patrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Panik-Macher
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Herausforderungen der Gegenwart kaum begegnen. Also bitte
keine Feigheit mehr vor Worten wie Rasse, Juden, Muslime. Es gibt sie. Man
darf über sie nachdenken, man darf sie benutzen.» In einem Interview, das
Henryk M. Broder. mit Thilo Sarrazin für eine von Migranten redigierte Sonderausgabe
der «taz» führte, kam kurioserweise heraus, dass der Autor von «Deutschland
schafft sich ab» sich in einem lexikalischen Punkt der von Dohnanyi beklagten
Feigheit gebeugt hatte. Auf Anraten des Verlags hatte er «in einer Spätphase»
der Arbeit am Manuskript das Wort «Rasse» überall durch «Ethnie» ersetzt.
     
    Die Verheißung der Hemmungslosigkeit
     
    Der Historiker Raphael Gross, Direktor des
Leo-Baeck-Instituts, ist der These von der Selbstentmündigung entgegengetreten.
Gross erklärt die Konjunktur des Tabubegriffs in der Integrationsdebatte
ideologiekritisch, unter Berufung auf Sigmund Freud, der in seinem Buch «Totem
und Tabu» herausgearbeitet hat, dass Tabubeschränkungen im Leben primitiver
Völker etwas anderes sind als religiöse oder moralische Verbote. Tabuverbote
entbehren jeder Begründung, ihre Herkunft ist unbekannt. Freud beschreibt, wie
der fremde Beobachter angesichts der Tabus an eine hermeneutische Grenze
stößt: «Für uns unverständlich, erscheinen sie jenen selbstverständlich, die
unter ihrer Herrschaft stehen.» Diesen Tabubegriff Freuds machte sich auch
Sarrazin im Gespräch mit Broder zu eigen: «Ein Tabu ist ja etwas, das man
rational nicht hinterfragt. Man zeigt sich nicht nackt in der Rudi-Dutschke-Straße.
Obwohl, wenn es heiß ist, warum nicht? Aber es ist ein Tabu. Man tut es eben
nicht. Und wenn Tabus verletzt werden, dann kann es auch zu irrationalen
Reaktionen kommen.» Gross bestreitet, dass Sarrazin überhaupt ein Tabu
übertreten hat. Denn es ist nicht so, dass die Deutschen nicht begründen
können, warum es bei ihnen seit 1945 verpönt ist, Bevölkerungsgruppen nach der
ererbten Intelligenz zu sortieren und eine Einwanderungspolitik gemäß den
Erkenntnissen der Lehre von der künstlichen Zuchtwahl zu fordern. Im Gegenteil
gibt es «sehr offensichtliche Gründe, warum man hier biologistische Metaphern
und Argumentationen nicht benutzt»: Man kann «sich an die Folgen noch gut
erinnern».
    Wer Sarrazin widersprechen will, sollte ihm daher, rät Gross,
keine Tabuverletzung vorwerfen, sondern Falsches falsch nennen und Obszönes
obszön. Dann kann man den Tabubegriff den Anhängern Sarrazins überlassen, die
durch ihr obsessives Reden über das Unsagbare ihre Absicht offenbaren. «In dem
Moment, da man über etwas als ein Tabu spricht, deutet man natürlich
gleichzeitig auch schon an, dass man ein solches nicht akzeptieren möchte. Wer
überall Tabus sieht, der wird geradezu magisch davon beseelt, diese nun endlich
zu beseitigen.» Im «Bayernkurier» erschien zum Eklat um das «Lettre»-Interview
ein Leitartikel mit dem Tenor, die Bürger müssten nur auf die Straße gehen, um
sich davon zu überzeugen, dass Sarrazin die Wahrheit beziehungsweise die
Fakten ausgesprochen habe. Der Sozialdemokrat rede «Klartext», und das
«Wutgeheul der Gutmenschen» gebe ihm recht. Die Überschrift des Zentralorgans
der CSU: «Befreiender Tabu-Bruch in Berlin». Es sind solche Töne, die Leser
bedenklich stimmen können, die bürgerlich oder konservativ oder auch
christlich zu denken meinen. Die Tabulosigkeit ist die Verheißung der
Pornographie. Man glaubte sie in den Kleinanzeigen der Boulevardzeitungen gut
aufgehoben. Haben sich Sarrazins Jubelchoristen einmal überlegt, wie es in
einer Gesellschaft ohne moralische Hemmungen zuginge?
     
    Ein Aufklärer schreitet zur Tat
     
    Einen Vorgeschmack verschaffte schon im ersten Akt der
Sarrazin-Debatte die Folge von «Hart, aber fair», in der am 7. Oktober 2.009 auch
Kristina Schröder auftrat. Frank Piasberg ließ nicht nur die Frage erörtern,
ob die durch die Hitlervergangenheit begründeten Sonderpflichten der
Deutschen, die sich in Diskussionen über die erblichen Intelligenzmängel von
Minderheiten so störend dazwischen schieben, «zurecht oder zu Unrecht» erhalten
geblieben sind. Er forderte auch Ayten Kilicarslan, die Vertreterin des
Moschee-Dachverbands Ditib, auf, sie solle in der Sendung ihr Kopftuch ablegen
oder ersatzweise dem Publikum erklären, warum sie das nicht tun wolle. Im
«Gästebuch» würdigte ein anonymer Fernsehzuschauer Piasbergs Provokation als
politische Tat: «Der Moderator hat recht: Weg mit dem Kopftuch,

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