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Bahners, Patrick

Bahners, Patrick

Titel: Bahners, Patrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Panik-Macher
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Lieferantin solchen Wissens mit Echtheitssiegel ist Neda Kelek.
Sie spricht aus eigener, bitterster Erfahrung: Das ist ihre eigentliche
Autorität. Als Expertin in eigener Sache lenkt sie nicht die Vermutung auf
sich, wie Verbandsvertreter, Wissenschaftler und Politiker ein Gruppeninteresse
zu vertreten. Ihr Buch «Die fremde Braut. Ein Bericht aus dem Inneren des
türkischen Lebens in Deutschland» erschien im Februar 2005 und war eine
Sensation.
    Es kam zum richtigen Zeitpunkt. Am 2. November 2004 war
Theo van Gogh in Amsterdam ermordet worden. Ayaan Hirsi Ali, die mit van Gogh
den Kurzfilm über die Unterwerfung der muslimischen Frau produziert hatte,
musste untertauchen, weil der Mörder gedroht hatte, sie werde das nächste
Opfer werden. Mit Neda Kelek betrat die deutsche Hirsi Ali die Debattenbühne,
und seit 2006 Ayaan Hirsi Alis Autobiographie auf den Markt kam, beglaubigen
sich die Geschichten der beiden Frauen aus Istanbul und Mogadischu
gegenseitig. Im Frühjahr 2005 zeichnete sich der klägliche Untergang der rot-grünen
Bundesregierung ab. Die Verunsicherung eines geistig-sozialen Milieus, das
sich gerade noch mit der Geschichte im Bunde gewähnt hatte und nun sein
«Projekt» schon vor Ablauf der zweiten Legislaturperiode gescheitert sah,
dürfte Neda Keleks Erfolg begünstigt haben. Zwar galt die Reform des
Staatsbürgerschaftsrechts als eine der wenigen Errungenschaften der Ära
Schröder-Fischer. Aber indem Frau Kelek die deutsch-türkische Klientel der
Reformer an den Pranger stellte und von Untaten gegen Frauen mitten in
Deutschland sprach, über die linke Fremdenfreundlichkeit hinweggesehen habe,
offerierte sie den enttäuschten Anhängern der entkräfteten Regierung sozusagen
eine moralische Erklärung für ihre Depression. Als Versagen der
Menschenrechtspolitik bewertete die Buchautorin die Dunkelziffer erzwungener
Ehen unter Zuwanderern aus Anatolien. Mit den Menschenrechten hatte die
Regierung aus SPD und Grünen sogar einen Krieg gerechtfertigt. Wenn aber das
amtliche Bild der schönen bunten Republik dazu gedient hatte, ein System der
Unterdrückung von Frauen zu verstecken, dann hatte die Regierung ihr Schicksal
am Ende womöglich verdient. Der Ärger über vielerlei Unprofessionalitäten und
besonders über den frappanten Elanverlust des Kanzlers mochte sich läutern zum
schlechten Gewissen und damit immerhin zu einem höheren Standpunkt erheben.
    Jedenfalls wurde die Autorin der «Fremden Braut» zur
Heldin in emanzipierten Kreisen. Der Innenminister der Schröder-Regierung, der
Sozialdemokrat Otto Schily, rezensierte das Buch im «Spiegel». Wie der einstige
Terroristenanwalt und Mitbegründer der «Grünen» sich im Ministeramt mit
Law-and-Order-Rhetorik profiliert hatte, so machte Neda Kelek die am rechten
Rand des politischen Spektrums gängige Polemik gegen das «Gutmenschentum» unter
den Leuten salonfähig, die mit dem Begriff gemeint waren. Als Stipendiatin der
Hans-Böckler-Stiftung hatte Frau Kelek ihre politische Sozialisation in der
Gewerkschaftswelt durchlaufen. Heute verspricht sie sich für ihre Anliegen
längst nur noch bei den «bürgerlichen Parteien» Resonanz - wenn überhaupt. Auf
den Umschlag der «Fremden Braut» setzte der Verlag Kiepenheuer und Witsch eine
der wirkungsvollsten Losungen der Islamdiskussion: «Dieses Buch räumt mit
Multikulti-Illusionen auf.»
     
    Die Familie des Frauenhändlers
     
    Wie für die Doktorarbeit über den Islam in der Schule hat
Neda Kelek für ihr Buch über Bräute in der Fremde biographische Interviews
geführt. In der akademischen Arbeit breitet sie erst ab Seite 100 ihre
Gesprächsnotizen aus, weil sie zunächst den Forschungsstand darzulegen und ihre
eigene Theorie zu entwickeln hat. Im Buch für das große Publikum schickt sie
der Fallstudiensammlung ihre eigene Geschichte voraus. Die erste Hälfte des
Buchs nimmt die Erzählung der Schicksale ihrer Familie ein, die sie in
romantischer Ausmalung und märchenhafter Verdichtung darbietet. Der
Erfahrungsbericht aus der Welt des muslimischen Mannes ist auf dem Buchmarkt
eingeführt als Subgenre einer autobiographischen Literatur, die von Frauen
hauptsächlich für Frauen verfasst wird. «Nicht ohne meine Tochter» von Betty
Mahmoody (1987) und «Wüstenblume» von Waris Dirie (1998) wurden internationale
Bestseller. Im Kaukasus beginnt Neda Keleks Familiensaga, bei den Tscherkessen,
die in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts von der russischen
Kolonialmacht aus ihrer

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