Ball der Vampire
Auffahrt heraufkommen und vor dem Haus parken sah. Eine winzige Gestalt saß auf dem Beifahrersitz. Die Fahrertür wurde geöffnet, und eine Werwölfin namens Amanda stieg aus. Wir beide hatten schon die eine oder andere Streitigkeit gehabt, waren aber im Guten auseinandergegangen. Ich war froh, jemanden zu sehen, den ich kannte. Amanda, die aussah wie die typische Mittelschichtsmutti, war Mitte dreißig, und ihr rotes Haar wirkte im Gegensatz zu dem meiner Freundin Arlene völlig natürlich.
»Sookie, hallo«, rief sie. »Ich war ja froh, als Dr. Ludwig mir sagte, wohin wir fahren, weil ich den Weg schon kannte.«
»Bist du etwa ihre neue Fahrerin? Hey, der Haarschnitt gefällt mir übrigens.«
»Oh, danke.« Amanda hatte ihr Haar kurzschneiden lassen und trug jetzt eine fast jungenhafte Frisur, die ihr merkwürdigerweise gut stand. Merkwürdigerweise deshalb, weil Amanda eine Frau mit ganz eindeutig weiblichen Formen war.
»Hab mich noch nicht ganz dran gewöhnt«, gab sie zu und fuhr sich mit der Hand über den Nacken. »Eigentlich ist mein ältester Sohn Dr. Ludwigs Fahrer, aber der ist heute natürlich in der Schule. Ist es deine Schwägerin, die krank ist?«
»Die Verlobte meines Bruder«, sagte ich und versuchte, dem Ganzen einen ehrbaren Anstrich zu geben. »Crystal. Sie ist eine Werpantherin.«
Amanda ließ fast so etwas wie Respekt erkennen. Werwölfe haben für andere Gestaltwandler oft nichts als Verachtung übrig, aber etwas so Eindrucksvolles wie ein Panther ist natürlich etwas anderes. »Ich habe schon mal gehört, dass es irgendwo hier draußen eine Siedlung von Werpanthern geben soll. Bin aber bisher noch nie einem begegnet.«
»Ich muss jetzt zur Arbeit, aber mein Bruder zeigt euch den Weg. Sie ist bei ihm zu Hause.«
»Du stehst der Verlobten deines Bruders wohl nicht so besonders nahe?«
Ich war bestürzt über ihre Schlussfolgerung, dass ich nicht sehr besorgt um Crystals Wohlergehen sei. Vielleicht hätte ich an ihr Bett eilen und Jason allein hier auf die Ärztin warten lassen sollen? Plötzlich kam mir meine Freude über den Frieden des Augenblicks vorhin auf der Veranda wie eine gefühllose Vernachlässigung von Crystal vor. Doch jetzt war keine Zeit, um in Schuldgefühlen zu schwelgen.
»Ehrlich gesagt«, begann ich, »nein, ich stehe ihr nicht besonders nahe. Jason schien nicht anzunehmen, dass ich irgendwas für sie tun könnte, und da sie mich nicht viel besser leiden kann als ich sie, hätte meine Anwesenheit ihr sicher nicht geholfen.«
Amanda zuckte die Achseln. »Okay, wo ist dein Bruder?«
Zu meiner Erleichterung kam Jason in diesem Augenblick um die Hausecke. »Oh, sehr gut«, sagte er. »Sind Sie Dr. Ludwig?«
»Nein«, erwiderte Amanda. »Dr. Ludwig sitzt im Auto, ich fahre sie.«
»Ich zeige Ihnen den Weg. Ich habe mit Crystal telefoniert, es geht ihr noch immer nicht besser.«
Mein schlechtes Gewissen regte sich erneut. »Ruf mich im Merlotte's an, Jason, und erzähl mir, wie's ihr geht, okay? Ich kann nach der Arbeit vorbeikommen und über Nacht bleiben, wenn du mich brauchst.«
»Danke, Schwesterherz.« Er umarmte mich kurz und wirkte dann sehr verlegen. »Ah, ich bin ziemlich froh, dass ich nicht auf Crystal gehört und es geheim gehalten habe. Sie hat nicht geglaubt, dass du ihr helfen würdest.«
»Also, ich würde von mir doch wenigstens behaupten, dass ich helfe, wenn Hilfe gebraucht wird, ganz egal, wie gut ich mich mit der betreffenden Person verstehe.« Hatte Crystal etwa geglaubt, dass ihre schlimme Lage mir gleichgültig wäre oder mich sogar freuen würde?
Betroffen sah ich den beiden sehr verschiedenen Wagen hinterher, als sie die Auffahrt zur Hummingbird Road entlangfuhren. Dann schloss ich das Haus ab und setzte mich, nicht gerade frohgestimmt, ans Steuer meines eigenen Autos.
Um die Kette der Ereignisse an diesem bisher schon ereignisreichen Tag gar nicht erst abreißen zu lassen, rief Sam mich in sein Büro, sobald ich das Merlotte's durch die Hintertür betrat.
Ich ging natürlich hin, um zu sehen, was er wollte, und wusste schon im Voraus, dass noch ein paar andere Leute bei ihm waren. Aber ich war entsetzt, als ich erkannte, dass Pater Riordan mich in einen Hinterhalt gelockt hatte.
Außer meinem Boss waren vier weitere Personen in Sams Büro. Sam wirkte nicht gerade glücklich über die Situation, versuchte jedoch gute Miene zu machen. Es überraschte mich, dass auch Pater Riordan nicht glücklich wirkte, und zwar wegen der Leute in
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