Ball der Vampire
seiner Begleitung. Ich hatte schon einen Verdacht, wer sie waren. Mist. Pater Riordan hatte nicht nur das Ehepaar Pelt im Schlepptau, sondern auch noch ein etwa siebzehnjähriges Mädchen, das Debbies Schwester Sandra sein musste.
Die Familie Pelt sah mich aufmerksam an. Die Eltern waren groß und schlank. Der Vater trug eine Brille und wurde langsam kahl, seine Ohren standen vom Kopf ab wie Henkel von einem Krug. Die Mutter war attraktiv, wenn auch etwas zu sehr zurechtgemacht. Sie trug einen Hosenanzug von Donna Karan und hatte eine Handtasche mit einem berühmten Logo dabei. Sandra war etwas lässiger gekleidet, sehr enganliegende Jeans und ein T-Shirt - allerdings auch teure Marken.
Ich hörte kaum, wie Pater Riordan uns einander förmlich vorstellte, so überwältigt war ich von meinem Ärger, dass die Pelts es wagten, sich derart in mein Leben zu drängen. Ich hatte Pater Riordan gesagt, dass ich sie nicht sehen wollte, und trotzdem waren sie jetzt hier. Das Ehepaar Pelt musterte mich mit geradezu gierigen Blicken. Wild hatte Maria-Star sie genannt. Verzweifelt war das Wort, das mir einfiel.
Sandra war ein ganz anderes Kaliber: Da sie das zweite Kind war, konnte sie keine Gestaltwandlerin sein so wie ihre Eltern. Aber sie war auch kein gewöhnlicher Mensch. Ich schnappte irgendwelche eigenartigen Hirnströmungen auf. Sandra Pelt war eine Gestaltwandlerin. Irgendwo hatte ich mal gehört, dass die Pelts ihre zweite Tochter stets vorgezogen hatten und Debbie nicht so nahestanden. Als ich jetzt ein paar weitere Informationen empfing, verstand ich auch, warum. Sandra Pelt mochte vielleicht minderjährig sein, aber sie war furchterregend. Sie war eine vollblütige Werwölfin.
Aber das konnte nicht sein, es sei denn ...
Aha. Debbie Pelt, eine Werfüchsin, war adoptiert gewesen. Ich wusste, dass Werwölfe zur Unfruchtbarkeit neigten. Vermutlich hatten die Pelts die Hoffnung schließlich aufgegeben, ihren eigenen kleinen Werwolf zu bekommen, und ein Baby adoptiert, das wenigstens irgendeine Art von Gestaltwandler war. Selbst eine vollblütige Werfüchsin musste ihnen noch lieber gewesen sein als ein ganz gewöhnlicher Mensch. Und dann hatten die Pelts noch eine Tochter adoptiert, eine Werwölfin.
»Sookie«, sagte Pater Riordan in seinem charmanten, aber heute gar nicht fröhlich klingenden irischen Singsang, »Barbara und Gordon standen heute bei mir vor der Tür. Als ich ihnen erzählte, dass Sie bereits alles zu Debbies Verschwinden gesagt haben, was Sie sagen können, wollten sie sich damit nicht zufriedengeben. Sie bestanden darauf, dass ich sie hierherbringe.«
Meine Wut auf den Priester flaute etwas ab, und ein anderes Gefühl machte sich breit. Ich war besorgt wegen dieser unvermuteten Begegnung und spürte, wie mir mein typisches nervöses Lächeln auf die Lippen trat. Ich strahlte die Pelts an.
»Es tut mir sehr leid für Sie«, sagte ich. »Es ist sicher furchtbar, dass Sie keine Antwort auf die Frage finden, was Debbie zugestoßen ist. Aber ich weiß nicht, was ich Ihnen sonst noch erzählen kann.«
Eine Träne rann Barbara Pelt über die Wange. Ich holte ein Taschentuch aus meiner Handtasche, reichte es ihr, und sie tupfte sich das Gesicht ab. »Debbie glaubte, Sie wollten ihr Alcide wegnehmen«, sagte Barbara.
Über Tote soll man ja nichts Schlechtes sagen, aber in Debbie Pelts Fall war das einfach unmöglich. »Mrs Pelt, ich will ganz offen sein«, begann ich. Nur nicht zu offen. »Debbie war zum Zeitpunkt ihres Verschwindens mit einem anderen verlobt, einem Mann namens Clausen, wenn ich mich richtig erinnere.« Barbara Pelt nickte widerstrebend. »Aufgrund dieser Verlobung hatte Alcide jedes Recht, sich zu treffen, mit wem er wollte, und wir sind nur kurze Zeit miteinander ausgegangen.« Das war nicht gelogen. »Wir haben uns seit Wochen nicht mehr gesehen, und inzwischen ist er mit einer anderen zusammen. Da hat Debbie sich wirklich gründlich geirrt.«
Sandra Pelt, die Tochter, biss sich auf die Unterlippe. Sie war sehr dünn, hatte dunkelbraune Haare, nur wenig Make-up auf der reinen Haut und strahlend weiße, ebenmäßige Zähne. Ihre kreisrunden Ohrreifen hätten leicht als Sitzplatz für einen Papagei herhalten können, so groß waren sie.
Wut stand in ihrem Gesicht. Ihr gefiel nicht, was ich da sagte, kein bisschen. Sie war ein Teenager, und die unterschiedlichsten Gefühle wallten in ihr auf. Ich konnte mich noch erinnern, wie ich mich in Sandras Alter gefühlt hatte, und sie tat mir
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