Ball der Vampire
gerufen.
»Ja.«
»Mr Cataliades ist hier, und er will möglichst bald aufbrechen.«
»Das hättest du mir auch schon erzählen können, als du erfahren hast, dass er kommen wird.« Doch Bill klang nicht richtig wütend, nicht mal überrascht.
»Die Kurierin, die er mir geschickt hat, wurde in meinem Wald ermordet.«
»Hast du ihre Leiche gefunden?«
»Nein, eine junge Frau, die mit Mr Cataliades gekommen ist. Sie heißt Diantha.«
»Dann ist also Gladiola gestorben.«
»Ja«, sagte ich überrascht. »Woher weißt du das?«
»Wenn man neu in einen Bundesstaat kommt, ist es nur höflich, sich der Königin oder dem König vorzustellen, sollte man vorhaben, länger zu bleiben. Ich habe Gladiola und Diantha hin und wieder gesehen, da sie Kurierinnen der Königin sind.«
Ich sah das Telefon in meiner Hand so nachdenklich an, als wäre es Bills Gesicht. Ich konnte nichts dagegen tun, in rasender Folge schossen mir Gedanken durch den Kopf: Bill durchstreifte oft meinen Wald ... Gladiola wurde in meinem Wald ermordet. Sie war lautlos, rasch und präzise getötet worden, von jemandem, der großes Wissen über die Welt der Supranaturalen besaß, ein Stahlschwert zu benutzen wusste und stark genug war, mit einem einzigen Schwerthieb Gladiolas Körper zu zerteilen.
All das traf auf Vampire zu - wenn auch zugleich auf jede beliebige Anzahl anderer übernatürlicher Geschöpfe.
Um das Schwert einzusetzen, hatte der Mörder ihr ziemlich nahekommen müssen, er war also unglaublich schnell gewesen oder hatte sehr harmlos gewirkt. Gladiola hatte nicht damit gerechnet, umgebracht zu werden.
Vielleicht hatte sie den Mörder gekannt.
Und dann die Art, wie er Gladiolas Körper zurückgelassen hatte, achtlos zwischen die Sträucher geworfen ... dem Mörder war es egal gewesen, ob ich die Leiche finden würde oder nicht. Dem Mörder kam es allein auf ihr Schweigen an. Warum war sie getötet worden? Wenn der Rechtsanwalt mir nichts verschwiegen hatte, stand in dem Brief doch nur, dass ich mich auf meine Reise nach New Orleans vorbereiten solle. Ich wäre sowieso irgendwann hingefahren, auch wenn Gladiola mir den Brief nicht brachte. Wozu war ihr Schweigen also gut? Dazu, dass ich erst zwei, drei Tage später von dem Brief erfuhr? Das hielt ich nicht gerade für ein überzeugendes Motiv.
Bill wartete, bis ich die lange Pause unseres Telefonats beendete. Das hatte ich schon immer an ihm gemocht. Er hatte nicht das Bedürfnis, Gesprächspausen sofort zu füllen.
»Sie verbrennen Gladiola in meiner Auffahrt.«
»Natürlich. Das ist die einzige Möglichkeit, ein Wesen mit Dämonenblut zu beseitigen«, sagte Bill, aber er wirkte abwesend, so als würde er sehr intensiv über etwas anderes nachdenken.
» › Natürlich ‹ ? Woher hätte ich das wissen sollen?«
»Jetzt weißt du es. Die Würmer fressen sie nicht, ihre Leichen verwesen nicht, und der Sex mit ihnen löst ätzende Zersetzungsprozesse aus.«
»Diantha wirkt so fröhlich und gehorsam.«
»Natürlich, wenn sie mit ihrem Onkel unterwegs ist.«
»Mr Cataliades ist ihr Onkel?«, fragte ich. »Auch der von Gladiola?«
»Oh, ja. Cataliades ist zu überwiegenden Teilen ein Dämon, sein Halbbruder Nergal ist ein voller Dämon. Nergal hat einige halbmenschliche Kinder. Alle von verschiedenen Frauen selbstverständlich.«
Mir war nicht klar, wieso das selbstverständlich sein sollte. Aber ich würde ihn sicher nicht danach fragen.
»Hört Selah uns eigentlich zu?«
»Nein, sie ist im Badezimmer und duscht.«
Okay, ich war noch immer eifersüchtig. Und neidisch. Selah genoss den Luxus der Ahnungslosigkeit, ich nicht. Wie viel schöner die Welt doch war, wenn man nichts von der Existenz der Übernatürlichen ahnte.
Ja, klar. Dann kannte man keine anderen Sorgen mehr als Hungersnöte, Kriege, Serienmörder, Aids, Tsunamis, Krebs und das Ebolavirus.
»Lass das, Sookie«, sagte ich zu mir selbst, und Bill fragte: »Wie bitte?«
Ich riss mich zusammen. »Hör zu, Bill, wenn du mit mir und dem Rechtsanwalt nach New Orleans fahren willst, komm innerhalb der nächsten halben Stunde hierher. Sonst gehe ich davon aus, dass du wichtigere Dinge zu tun hast.« Und damit legte ich auf. Ich konnte noch die ganze Fahrt bis zum Big Easy über all das nachdenken.
»Er kommt innerhalb der nächsten halben Stunde, oder auch nicht«, rief ich dem Rechtsanwalt durch die Vordertür zu.
»Gut«, rief Mr Cataliades zurück. Er stand neben Diantha, die mit einem Wasserschlauch den Kies
Weitere Kostenlose Bücher