Ballade der Leidenschaft
nicht.
Aber auf dieser Reise würde sie ständig mit Ben zusammen sein. In der ganzen Bretagne gab es niemanden, mit dem sie lieber verreisen würde. Trotzdem lautete die bedeutsame Frage: Was wird heute Nacht geschehen ?
Ben hakte einen Weinschlauch von seinem Sattelknauf los und hielt ihn ihr hin. „Da, der Wein ist gewässert, aber er wird dich aufmuntern.“ Dann wies er mit dem Kinn nach vorn. „Noch drei Meilen, und wir erreichen eine Taverne – einen komfortablen Gasthof. Sicher lohnt sich die Mühe. Wirst du drei weitere Meilen schaffen, Rose?“
Obwohl der Rotwein mit Wasser verdünnt war, schmeckte er köstlich. Süß und heilsam floss er durch Rozenns Kehle, und Ben hatte recht – das Getränk weckte neue Lebensgeister. Sie setzte sich im Sattel zurecht und bewegte ihre Füße. Leider brachte das keine Linderung für ihre schmerzenden Schenkel oder Hinterbacken. „Noch drei Meilen? Ich denke schon. Aber nur, wenn am Ende des Weges ein Federbett wartet.“ In ihrer Fantasie tauchte eine Vision auf – Ben und sie selbst, eng umschlungen in einem solchen Bett. Ihre Wangen erhitzten sich wieder.
In einem Federbett? Mit Ben?
Er nahm den Weinschlauch entgegen, den sie ihm zurückgab – warum zitterten ihre Finger? –, legte den Kopf in den Nacken und trank durstig.
Völlig verwirrt, jedoch froh, weil er ihre Gedanken nicht erraten konnte, beobachtete sie, wie er sich erfrischte. Gründlicher als je musterte sie ihn und registrierte alle Einzelheiten, sogar den Weintropfen, der aus einem Mundwinkel rann. Er brauchte eine Rasur, dunkle Bartstoppeln bedeckten sein Kinn. Doch es waren die sinnlichen Lippen, die Roses Blick fesselten. In ihrem Bauch prickelte es erneut, nicht unangenehm. Dann betrachtete sie seine Finger. Stark und wohlgeformt. Wie viele Frauen sie wohl liebkost haben? Sie runzelte die Stirn.
Der Ärmel seiner Tunika war bis zum Ellbogen hinaufgerutscht und entblößte einen muskulösen Unterarm voller feiner schwarzer Härchen. Natürlich war Ben nicht nur ein Musiker. Das Schwert trug er keineswegs zur Zierde. Er hatte einen ebenso kräftigen Körperbau wie ein Ritter, und er sah sogar athletischer aus als einige dieser edlen Herren … In Rozenns Bauch verstärkte sich das mittlerweile vertraute und doch so fremdartige Gefühl.
Allerdings – manchmal wünschte sie, er wäre nicht ganz so draufgängerisch, nicht ganz so leichtsinnig. Hin und wieder gewann sie den Eindruck, dass viel mehr in ihm steckte und er sich nur bemühen müsste, um etwas aus seinem Leben zu machen. Wann immer sie daran dachte, erwachte eine inbrünstige Sehnsucht …
Nach einem Federbett und einem Mann, den ich liebe …
Verstört riss sie den Blick von Ben los. Der Wein war trotz des Wassers viel zu stark auf leeren Magen … Den Kopf zurückgelegt, schaute sie zum endlosen blauen Himmel hinauf. Glücklicherweise bleiben ihm meine Tagträume verborgen, dachte sie, erschrocken über sich selbst. Noch nie war sie besonders leidenschaftlich veranlagt gewesen. Warum wurde sie von solchen Emotionen heimgesucht?
Die sogenannten Freuden des Ehebetts hatte sie niemals kennengelernt.
Im Waschhaus von Quimperlé, unten am Fluss, hatte sie das Geschwätz der Frauen belauscht. Verständnislos hörte sie zu, während sie mit den Leistungen und ausdauernden Manneskräften ihrer Gatten zwischen den Bettlaken prahlten. Sie lächelte und wollte mitreden, wusste aber nichts zu diesem speziellen Thema beizutragen. Wahrscheinlich liegt die Schuld bei mir. Denn sie fand keinen Gefallen an Pers Berührung. Ganz im Gegenteil, er stieß sie ab, und er tat ihr jedes Mal weh, wenn er sie zur Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten zwang. Und was seine Ausdauer betraf – je schneller die Tortur vorbei war, desto besser für ihren Geschmack. Zum Glück hatte es niemals allzu lange gedauert.
Warum also, überlegte sie stirnrunzelnd, steigt mir das Blut ins Gesicht, sobald ich mir ausmale, mit Ben in einem Federbett zu liegen?
Wieso krallten sich ihre Hände zitternd um die Zügel?
„Rose?“, unterbrach er ihre Gedanken. „Wenn du zu erschöpft bist, kampieren wir hier.“
„Nein, nein.“ Sie riss sich zusammen, drückte ihre Fersen in die Flanken der Stute und spornte sie zu einem langsamen, stetigen Trott an. „Da erscheint mir ein Gasthaus wesentlich angenehmer. Reiten wir weiter.“
Lächelnd nickte er ihr zu. „Wie Madame zu befehlen geruhen.“
„Ben? Gerade entsinne ich mich – du hast noch nicht
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