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Ballade der Leidenschaft

Ballade der Leidenschaft

Titel: Ballade der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Townend
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erwähnt, wie viel ich dir für das gemietete Pferd schulde.“
    „Für Pech?“ Er wich ihrem Blick aus. Irgendwo im Wald klopfte ein Specht. „Gar nichts.“
    „Unmöglich!“, rief sie.
    „Glaub es doch, du bist mir nichts schuldig, Rose“, entgegnete er achselzuckend. „Ich hatte jemandem einen Gefallen erwiesen. Dafür bedankte er sich, indem er mir das Tier überließ.“
    „Aber – Ben …“
    Abrupt zügelte er beide Pferde, wandte sich im Sattel zu ihr, und seine Miene bekundete sekundenlang so heftigen Zorn, dass Rozenn bestürzt blinzelte. „Du bist meine Freundin. Mit dir verbindet mich die beste aller meiner Freundschaften.“ Seine Stimme klang heiser. „Unter Freunden wie uns spielt Geld keine Rolle.“ Und dann verschwand die Wut so plötzlich, wie sie entstanden war. In seinen Augen funkelte der alte vertraute Schalk. „Später darfst du mir danken – auf eine Weise, die ich mir aussuchen werde.“
    Sie hob die Brauen. „Die du aussuchen wirst? Oh, das kommt mir gefährlich vor.“
    „Das ist es auch, Rose“, antwortete er und lenkte Piper näher zu ihr heran. Vielsagend betrachtete er ihren Mund, ehe er sich hinüberbeugte und einen Kuss auf ihre Lippen hauchte – blitzschnell und flüchtig. Deshalb fand sie gar keine Zeit, mehr zu tun, als erwartungsvoll die Lider zu senken und …
    Da lachte er schallend, und sie riss die Augen auf. Doch da ritt er bereits weiter, den Blick auf die Straße gerichtet, und zog Pech am Führzügel mit sich. „Später werde ich deine Dankbarkeit einfordern.“
    Rozenn konnte nicht sicher sein, denn sie durchquerten gerade den Schatten einer mächtigen Eiche, und Ben befand sich schräg vor ihr. Doch sie glaubte zu sehen, dass seine Wangen gerötet waren. Wahrscheinlich nur eine Illusion, durch das diffuse Licht erzeugt …
    Als sie Hennebont erreichten, versank die Sonne. Da Rozenn in jedem einzelnen Muskel qualvolle Schmerzen spürte, dachte sie zunächst, sie würde es nicht einmal schaffen, sich umzusehen. Aber dann gelang es ihr doch, den Kopf zu heben. Was sie erblickte, wirkte tröstlich und ermunternd, weil es sie an ihre Heimat erinnerte.
    Wie Quimperlé war Hennebont an der steilen Böschung eines Flusses erbaut, des Blavet. Und wie daheim schwirrten auch hier Schwalben und Mauersegler am Abendhimmel umher. Im großen Hafen hätte William, Herzog der Normandie, mit seiner ganzen Flotte ankern können. Natürlich hoffte Rozenn, dass dies nie geschah. Aber der neue König hatte England fest im Griff. Wer mochte ahnen, wohin er demnächst schauen würde?
    Nachdem sie und Ben die Straße verlassen hatten – nahe dem Stadttor war sie immer breiter geworden –, klapperten die Pferdehufe auf Kopfsteinpflaster. Sie überquerten einen Marktplatz, wo trotz der späten Stunde reges Treiben herrschte. Bald ließ Rozenns Erschöpfung ein wenig nach. Da waren Leute, so viele, die redeten und schrien, während sie im letzten Tageslicht ihren Geschäften nachgingen. Gänse schnatterten, Kinder lachten und kreischten.
    Sogleich fühlte sie sich besser. Menschen … Die Einsamkeit auf der Reise hatte Rozenn beunruhigt. Natürlich waren ihr diese Gesichter fremd. Aber als sie die Kleidung der Stadtbewohner inspizierte und deren Verhalten beobachtete, fiel es ihr leicht, die einzelnen Berufe zu erraten. Der kräftig gebaute Mann mit den winzigen Narben auf den Wangen, die zweifellos von fliegenden Steinsplittern stammten, musste ein Maurer oder Steinmetz sein, vielleicht stellte er die gefurchten Mühlsteine her. Vor einem Kirchentor stand ein Geistlicher in einer Robe und sprach mit einem schwarz gekleideten Benediktinermönch. Ein Ritter in einem löchrigen Kettenhemd saß auf einem sichtlich ermatteten grauen Hengst. An seiner Schulter hing ein schwarzer Schild mit gezackten weißen Streifen. Ein Knappe begleitete ihn, ein schlaksiger dunkelhaariger Junge auf einer braunen Stute. Offenbar war er schon vor Jahren zu groß geworden für das zierliche Tier, denn seine Beine hingen fast bis zum Boden hinab. Würde dieser Ritter Sir Richard oder Adam kennen?
    Und dort drüben – ein Fußgänger in einem blauen Umhang, mit rotem Haar wie … der Rotschopf? Verwirrt starrte Rozenn dem Mann nach, der jetzt in eine Gasse zwischen zwei Häusern huschte.
    Ihn hatte sie doch schon einmal gesehen? Der blaue Umhang war ungewöhnlich geschnitten, halbkreisförmig. Und obwohl sie den Mann nur von hinten erblickt hatte, wusste sie, dass dieser Umhang unter dem Kinn

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