Ballade der Liebe
unwirsch.
Schritte näherten sich im Flur, wenig später wurde die Tür geöffnet.
„Ja?“ Beim Anblick des Besuchers hellte sich O’Keefes Miene auf. „Wie schön, Mr. Flynn. Kommen Sie herein, kommen Sie nur.“
Flynn betrat den Flur.
„Mr. Flynn.“ Miss Dawes Stimme war süß. „Wie reizend, Sie zu sehen.“
„Ich würde Miss O’Keefe gerne sprechen, wenn Sie gestatten“, sagte Flynn kühl.
Der Vater machte ein erwartungsvolles Gesicht, und Miss Dawes ergriff das Wort. „Hoffentlich kommt es endlich zu einer Zusage. Wir können schließlich nicht ewig warten.“
Flynn verabscheute die Unverschämtheit dieser taktlosen Person. „Ich rate Ihnen zur Geduld. Der Marquess unternimmt den nächsten Schritt. Deshalb bin ich hier.“
„Rose macht Einkäufe auf dem Markt fürs Abendessen, müsste aber bald wieder da sein.“ Miss Dawes machte eine ungeduldige Handbewegung, und Flynn entdeckte den Smaragdring an ihrem Finger.
Er furchte die Stirn. „Ich bin leider in Eile und komme wieder, wenn Miss O’Keefe zu Hause ist.“
Bevor die beiden Einwände erheben konnten, war er wieder aus der Tür und stürmte die Stiege hinunter. Auf dem Wochenmarkt eilte er an den Obst- und Gemüseständen vorüber, wo die Händler lautstark ihre Waren anpriesen. An einem Stand wurden sogar Igel verkauft, da viele Londoner die stacheligen Biester als Haustiere hielten, weil sie fleißige Insektenvertilger waren.
Covent Garden war ein Stadtviertel, in dem Laster und Verbrechen herrschten, wo hübsche Püppchen und grell geschminkte Dirnen, Täschchen und Hüften schwingend, zwischen den Obst- und Gemüseständen flanierten und ihre Dienste anboten wie die Händler ihre Orangen, Zitronen und Äpfel. Wäre Flynn der Sinn nach weiblicher Gesellschaft gestanden, hätten ein Augenzwinkern und das Klimpern der Münzen in seiner Tasche genügt, um Anschluss zu finden, aber er wollte nur Rose.
Endlich entdeckte er sie an einem Kräuterstand, wo sie an einem duftenden Lavendelstrauß schnupperte. Er bahnte sich einen Weg durch die Menge der Köchinnen, Botenjungen und Handwerker.
Jetzt hatte sie ihn erspäht und legte den Lavendel zurück. „Mr. Flynn.“ Sie lächelte scheu.
Er tippte an seinen Hut. „Guten Tag, Rose.“
„Was für eine Überraschung.“ Ihr Lächeln schwand, als sie zu einer Gruppe Straßenmädchen hinüberschaute, die sich laut keifend zankten. „Machen Sie auch … Einkäufe?“
Er folgte der Richtung ihres Blickes. Offenbar war Rose der Meinung, er suche weibliche Gesellschaft. „Ich bin auf der Suche nach Ihnen.“
„Nach mir?“, fragte sie skeptisch.
„Kommen Sie, wir wollen ein Stück gehen.“ Er nahm ihr den Korb ab, den sie über dem Arm trug.
Gemeinsam schlenderten sie über den Markt und bogen in die stille Straße ein, in der ihre Wohnung lag.
„Warum haben Sie mich gesucht, Flynn?“, fragte sie leise.
„Lord Tannerton hat ein Geschenk für Sie.“
Sie furchte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ich will keine Geschenke.“
„Dieses wird Ihnen gefallen“, versicherte er.
Zweifelnd sah sie ihn von der Seite an.
„Lord Tanner ermöglicht Ihnen, Gesangsunterricht bei Signor Angrisani und Miss Hughes im King’s Theatre zu nehmen.“
Rose krallte ihre Finger in seinen Ärmel. „Das meinen Sie nicht ernst!“
Er bemühte sich um eine gelassene Miene, aber ihre Begeisterung übertrug sich auf ihn. „Doch, es stimmt. Und wenn Ihre Stimme Gefallen findet, ist Mr. Ayrton bereit, Sie im Chor singen zu lassen, wenigstens für eine Vorstellung.“
„Mr. Ayrton?“
„Der musikalische Leiter“, erklärte Flynn.
Ihre Augen weiteten sich noch mehr. „Ich bekomme die Chance, auf der Bühne im King’s Theatre zu singen?“
„Ja.“
„Oh, Flynn!“ Die Stimme drohte ihr zu versagen, ihre Wangen waren vor Aufregung tief gerötet. „Das ist wundervoll.“ Sie wirbelte herum, doch dann verharrte sie plötzlich. „Gütiger Gott!“
„Was denn?“
Sie hielt den Blick ins Leere gerichtet, als suche sie nach Worten. Plötzlich schaute sie zu ihm hoch. „Das hat Lord Tannerton für mich arrangiert?“
Flynn öffnete den Mund, um zu antworten, aber eine neuerliche Veränderung in ihrem Mienenspiel machte ihn stutzig.
Ein seliges Lächeln breitete sich über ihr Antlitz, sie schien von innen zu leuchten. „Sie haben das für mich arrangiert, Flynn.“ Ihre Augen strahlten vor Glück.
In ihm kämpften Freude und Schuldbewusstsein. Er hatte ihr damit eine große Freude
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