Ballade der Liebe
seine angeregte Plauderei den ganzen Weg fort, als seien sie die besten Freunde.
Beim Betreten des Fechtclubs wurde der Marquess freundschaftlich von Angelo begrüßt, der den Verein bereits in der dritten Generation führte. Tanner und Greythorne legten Gehrock und Weste ab und rollten die Hemdsärmel hoch.
„Sie wählen die Waffen“, bot Tanner seinem Gegner an.
„Degen“, antwortete Greythorne. „Wollen wir auf Schutzmasken verzichten?“
Tanner nickte zustimmend, da er es vorzog, das Mienenspiel eines Gegners während des Kampfes zu studieren. Und in Greythornes Gesicht hoffte er, wie in einem offenen Buch zu lesen.
„Wie viele Treffer?“, fragte Tanner.
Greythorne überlegte einen Moment. „Fünf.“
Tanner nickte.
Angelo, der als Obmann fungierte, trat an den Rand der Fechtbahn, ein paar andere Herren gesellten sich zu ihm, während die Kontrahenten an der Startlinie Aufstellung nahmen und einander grüßten. Mit dem Kommando en garde gab Angelo das Gefecht frei. Tanner erteilte Greythorne das Angriffsrecht, um zunächst die Taktik des Gegners zu studieren. Der Earl führte einen geraden Stoß aus, den Tanner mit einer Riposte parierte, ohne einen Treffer zu landen, da er Greythorne zu weiteren Angriffen reizen wollte.
Die Degen schlugen surrend gegeneinander. Greythorne griff an, war flink auf den Beinen und führte die Klinge locker und mit großer Sicherheit. Er war ein ausgezeichneter Fechter, das gestand Tanner, der sich darauf konzentrieren musste, die blitzschnellen Angriffe abzuwehren, ihm neidlos zu. Greythorne gelang ein geschickter Gleitstoß, bei dem seine Klinge an Tanners Eisen mit einem melodisch singenden Ton entlangstrich, ähnlich wie ein Geigenbogen über gespannte Saiten. Die Degenspitze traf Tanners Schulter.
„Touché“, rief Greythorne.
„Bravo“, ertönte ein Zwischenruf von den Seitenlinien. Einige Herren aus dem White’s Club, die sich den Spaß nicht entgehen lassen wollten, hatten gleichfalls an den Seitenlinien Aufstellung genommen.
Tanner bestätigte den Treffer und bemühte sich, die Angriffe zu parieren und zu ripostieren, was ihm einige Mühe bereitete. Die Zuschauer begannen halblaut Wetten abzuschließen, und soweit Tanner die Lage beurteilen konnte, standen die Chancen nicht gerade gut für ihn.
Die Fechter begaben sich wieder in die Mitte der Bahn. Aus den Augenwinkeln nahm Tanner seinen Freund Pomroy wahr, der ihm unter hochgezogenen Brauen einen tadelnden Blick zuwarf, den Tanner mit einem Schulterzucken und einem schiefen Lächeln quittierte.
Die Fechter gingen wieder in Grundstellung.
„Diesen Kampf verlieren Sie, genau wie unseren kleinen Wettbewerb“, prahlte Greythorne, als die Degen klirrend gegeneinanderschlugen und Tanner vor dem angreifenden Gegner zurückwich. Dabei setzte er eine besorgte Miene auf, während der Earl mit jedem Stoß selbstbewusster wurde. Greythorne schwang die Klinge nach oben, die Tanners Wange streifte, bevor die Kugelspitze sich in seinen Hals drückte.
„Touché“, wiederholte Greythorne triumphierend.
Tanner spürte, wie ihm ein Blutrinnsal über die Wange rieselte. Greythornes Augen glänzten in fiebernder Erregung, seine Gesichtszüge wirkten angespannt, eine Veränderung, die Tanner nicht entging. Er wischte sich das Blut mit dem Hemdsärmel von der Wange.
Der Kampf wurde unter anfeuernden Rufen der Zuschauer fortgesetzt. Die Klingen wurden immer rascher gekreuzt, in blitzschnellen Abfolgen von Ausfall, Stoß und Gegenstoß, Riposte und Finte. Die Eisen schlugen lauter, singender gegeneinander. Tanner lief der Schweiß übers Gesicht und brannte im klaffenden Schnitt in seiner Wange. Auch Greythorne war ins Schwitzen gekommen. Allmählich wurde das Tempo seiner Angriffe langsamer, aber sein Kampfgeschick machte Tanner ziemlich zu schaffen. Als Greythorne erneut einen Treffer landete, klang sein Lachen ein wenig atemlos. Drei Treffer für Greythorne und null Treffer für Tanner. Seine Chancen standen gar nicht gut.
Tanner atmete tief durch, als die Gegner wieder en garde standen. Greythorne setzte das Muster von Stößen und Paraden fort, mit dem er bislang Erfolg gehabt hatte. Mittlerweile hatte Tanner die Taktik seines Gegners durchschaut und kannte die Abfolge seiner Angriffe. Er parierte Greythornes Konterriposte blitzschnell, führte den Gegenstoß aus, beseitigte die Klinge des Gegners nach außen, griff sofort wieder an, und die Kugelspitze seines Degens drückte sich gegen Greythornes
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