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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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augenblicklich die Wahrheit! Oder ich …”
    “Sir, Ihr erschreckt sie!” Zum ersten Male meldete sich nun auch Peregrine zu Wort.
    “Die Wahrheit ist”, rief Annabelle, erbost über dieses Verhör, “dass Ihr uns aus dem Witwensitz hinauswerfen wolltet und wir nicht wussten, wo wir hin sollten, und auch kein Geld mehr hatten. In dieser Situation hat Sir Arthur uns Hilfe angeboten. Lydia hatte gar keine andere Wahl.”
    “Seid Ihr Euch da ganz sicher?”
    “Natürlich. Oder glaubt Ihr wirklich, dass Lydia freiwillig einen Mann wie Sir Arthur heiraten würde? Sie verabscheut ihn. Und Ihr habt alles noch dadurch schlimmer gemacht, dass Ihr Mama angeboten habt, in dem Witwensitz zu bleiben, als bereits alles zu spät für Lydia war. Ach, ich weiß nicht, was noch werden soll.”
    Ralph wusste es leider auch nicht. Aber was immer Lydia von ihm halten mochte, für ihn galt es jetzt, sie vor dieser Ehe zu retten. Sie musste davor bewahrt werden, sich an einen ältlichen Lebemann wegzuwerfen, der sich Sir Arthur Thomas-Smith nannte. Warum kam er nur immer wieder auf den Gedanken, der Name könne nicht stimmen? Vielleicht war es in der Tat so, und er kannte den Mann unter einem anderen Namen? Vielleicht aus Indien? Das Bild eines bengalischen Basars und eines indischen Gewürzhändlers mit einem schmutzigen Turban formte sich in seinem Gedächtnis. Aber nein, der Gewürzhändler war kein Inder gewesen. Er war Franzose. Gaston Marillaud. Sollte es da eine Verbindung geben? Zu jener Zeit lagen England und Frankreich im Streit über die Vorherrschaft auf dem indischen Subkontinent.
    Gaston Marillaud spionierte seinerzeit für Frankreich und war zudem ein äußerst gerissener Kerl. Er hatte seine ohnehin gebräunte Haut noch gefärbt, sodass er wie ein einheimischer Straßenverkäufer wirkte. In dieser Verkleidung war es ihm gelungen, an die Pläne der britischen Ostindienkompanie zu gelangen, und hatte diese dann sehr geschickt in Gewürzbeutel verpackt. Den Behörden war er zwar bereits aufgefallen, und sie hatten ihn deswegen unter Beobachtung gestellt. Doch Marillaud war schlau genug, jeden Bewacher schon von Weitem zu erkennen, mit Ausnahme von Ralph Latimer, der damals erst wenige Monate in Indien weilte. Der Gouverneur von Indien, dem Ralphs erfolgreiche Überwachungen in Europa und dem Mittleren Osten zu Ohren gekommen waren, hatte ihn kurz nach seiner Ankunft bereits mit der Beobachtung Marillauds betraut.
    Auf diese Weise war er zum Zeugen eines Scheingeschäftes zwischen dem vermeintlichen indischen Gewürzhändler und einem übergewichtigen Europäer geworden und hatte dabei festgestellt, dass der Inder keine Information weitergab, sondern selbst eine erhielt. Kurz darauf packte der Mann sein Verkaufsgestell zusammen und machte sich eiligst davon, gefolgt von Ralph, dessen Geschicklichkeit es zu danken war, dass der Gewürzhändler schließlich verhaftet wurde. Aber erst nach dessen Verhaftung stellte sich seine eigentliche Identität heraus. Er wurde ins Gefängnis überstellt. Kurz bevor der Prozess gegen ihn beginnen sollte, gelang ihm jedoch auf mysteriöse Weise seine Flucht. Man vermutete damals, dass er sich hinter die französischen Linien in Sicherheit gebracht hatte und von dort nach Frankreich zurückgeschickt worden war, da er in Indien nicht mehr von Nutzen sein konnte.
    Sein europäischer Komplize hingegen war niemals ergriffen worden, und eine Zeit lang geriet deshalb jeder Europäer in Verdacht, mit Ausnahme des Gouverneurs selbst und seiner unmittelbaren Amtsmitarbeiter. Zu ihnen gehörte ein Engländer namens Thomas Ballard.
    Ganz unvermittelt begriff Ralph jetzt die Verbindung. Thomas Ballard! Er war jener übergewichtige Europäer gewesen, in mehrere Mäntel gewickelt, mit schwarz gefärbtem Haar und einem falschen Bart. Und Thomas Ballard war Sir Arthur Thomas-Smith, dicker, älter und reicher, aber ohne Zweifel derselbe Mann. Diesen Menschen sollte Lydia heiraten!
    Ob sie ihn wirklich verabscheute und ihre Freiheit wiederhaben wollte? Er könnte ihr leicht dazu verhelfen, wenn er den Behörden meldete, was er wusste. Wahrscheinlich war der sogenannte Sir Arthur immer noch ein gesuchter Verräter. Konnte es sein, dass er auch etwas mit dem Schmuggel zu tun hatte? Dieser neue Gedanke erschreckte Ralph Latimer. Wenn Thomas Ballard – oder Sir Arthur oder wie auch immer er sich nannte – die Schmuggler dazu benutzte, seine geheimen Aktivitäten zu verschleiern, so war Lydia möglicherweise

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