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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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immer wieder. Sehr freundlich, ganz gleich wie viel Überwindung es mich kostet.
    Sobald das Orchester den nächsten Tanz anstimmte, nahm Sir Arthur ihre Hand und schritt würdevoll zum Parkett. Er tanzte korrekt, aber sehr steif und ohne Vergnügen an der Musik und an der Bewegung. Da er sich sehr auf die Schritte konzentrieren musste, sprach er auch kaum etwas. Lydias Lächeln gefror. Sie bewegte sich mechanisch wie eine Marionette. So wird mein Leben sein, dachte sie – korrekt, steif, keine Freude, kein Schwung. Sir Arthur würde weder die Stimme bei einem Streit erheben noch vor reiner Lust am Leben ein strahlendes Gesicht zeigen.
    Als der Tanz zu Ende war, zog Sir Arthur seine Partnerin in eine ruhige, mit Grünpflanzen dekorierte Ecke. Du lieber Himmel, er wird doch nicht etwa versuchen, mich zu küssen, überlegte Lydia entsetzt. Ängstlich blickte sie über seine Schulter und bemerkte dabei eine Bewegung an der Tür. Die Gäste traten zur Seite, hier und da wurde geknickst – und dann war
er
da.
    Groß, hochmütig und prächtig in schwarzem Samt mit weißen Spitzenmanschetten stand er im Türrahmen und überblickte gelassen die Schar der Anwesenden. Seine dunkle Perücke wirkte so natürlich, dass Lydia im ersten Augenblick glaubte, er trüge überhaupt keine. In seinem Jabot und an seinem Finger glitzerten Diamanten.
    Sir Arthur spürte Lydias Aufmerksamkeit und wandte den Blick in dieselbe Richtung. “Ah, der Earl!”, rief er. “Ich war mir nicht sicher, ob er uns die Ehre seiner Anwesenheit schenken würde. Aber mit seinem schwarzen Anzug hat er genau die richtige Note getroffen. Wahrscheinlich will er nur ein huldvolles Zeichen geben und bald wieder verschwinden.”
    “Schon möglich”, murmelte Lydia.
    “Wir wollen hingehen und ihn begrüßen. Vielleicht kann ich ihn dazu bringen, dass er bis zur Ankündigung unserer Verlobung bleibt. Oder sollten wir ihn bitten, diese Mitteilung selbst zu übernehmen? Das wäre doch wunderbar, nicht wahr?”
    “Unsere Verlobung?” wiederholte Lydia ratlos. Während Sir Arthur sie förmlich durch den Saal ziehen musste, überlegte sie krampfhaft, wie sie den Gang der Dinge noch im letzten Augenblick aufhalten konnte.
    “Nun ja. Eure Mama hat Euch doch sicher erzählt, dass ich in dieser Hinsicht meine Hoffnungen auf den heutigen Abend gesetzt habe.”
    Lydia blieb so unvermittelt stehen, dass ihr Begleiter fast ins Stolpern gekommen wäre. “Sir Arthur, Ihr seid ein wenig zu voreilig. Wir haben doch überhaupt noch nicht miteinander gesprochen. Mama informierte mich lediglich, dass Ihr heute ein Gespräch mit mir führen wollt, hat aber kein Wort von einer bereits vollendeten Tatsache gesagt.”
    “Oh … hmm … Mrs Fostyn hat mich jedoch in dem Glauben gewiegt, dass Ihr einverstanden seid.”
    “Sir, Ihr habt mir doch noch gar keine Gelegenheit gegeben, zuzustimmen oder abzulehnen.”
    “Nun, das ist richtig. Ich wollte auch … Mir war aber nicht bekannt, ob und wann der Earl of Blackwater hier erscheinen würde. Nun er da ist, wäre es doch die Krönung …”
    “Ich bin nicht im Geringsten daran interessiert, dass der Earl of Blackwater an unserer höchst privaten Angelegenheit Anteil nimmt”, unterbrach Lydia schroff.
    “Aber möchtet Ihr denn nicht gern seine Gratulation entgegennehmen?” erkundigte sich Sir Arthur verständnislos.
    Inzwischen hatte diese Szene Ralph Latimers Aufmerksamkeit erregt, und sein Lächeln zeigte an, dass er ahnte, warum das Paar auf halbem Wege zu ihm stehen geblieben war. Lydia war sein wissendes Lächeln ebenfalls nicht entgangen. Trotzig hob sie das Kinn und legte die Hand auf den lilafarbenen Seidenärmel von Sir Arthurs Rock. “Nun gut, Sir. Gehen wir also zu dem Earl of Blackwater und begrüßen ihn.”
    Inzwischen hatte sich eine ganze Schar von Liebedienern um Ralph Latimer versammelt: beflissene junge Männer, die es dem Earl gern gleichtun wollten, und geschäftige Mütter, die ihre Töchter ins rechte Licht zu rücken wünschten.
    Sir Arthur drängte sich rücksichtslos hindurch. “Mylord, darf ich Euch bekannt machen …”
    “Nicht nötig, mein Lieber.” Ralph bedachte Lydia mit einem boshaften Lächeln. “Miss Fostyn und ich sind bereits gute Bekannte. Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich sie Euch für den nächsten Tanz entführe, nicht wahr? Ich habe mich schon den ganzen Abend auf dieses Vergnügen gefreut.” Ohne eine Antwort des verblüfften Sir Arthur abzuwarten, nahm er Lydia an die Hand

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