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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Baverstock das Wort.
    “Prudence, diese Unterhaltung ist dazu geeignet, Mrs Fostyn aufzuregen. Bitte, wechsle das Thema.”
    “Oh, meine liebste Mrs Fostyn, wie gedankenlos von mir! Aber nach so langer Zeit ist man geneigt zu vergessen, dass noch andere Menschen involviert waren”, entschuldigte sich Lady Baverstock wortreich. “Hört Ihr denn etwas von Euerm Sohn?” erkundigte sie sich neugierig.
    “Ja, gelegentlich.” Die Unwahrheit kam Mrs Fostyn nicht leicht über die Lippen. “Er dient in der Armee …”
    “Aber jetzt haben wir doch Frieden. Wird er dann nach Hause kommen?”
    “Vielleicht.”
    Seufzend entfernte sich Lydia von den älteren Herrschaften, um andere Bekannte zu begrüßen, doch nirgends konnte sie dem bevorzugten Gesprächsgegenstand entkommen. Selbst Robert Dent, dessen braunroter Seidenrock mit verschwenderischen Mengen von Silberspitze verziert war, redete von nichts anderem als von dem neuen Bewohner von Colston Hall.
    “Seine Lordschaft plant angeblich, das Herrenhaus renovieren zu lassen”, berichtete er, während er Lydia um den ersten Tanz bat, der gerade begonnen hatte. “Das würde aber auch Zeit. Es ist schrecklich vernachlässigt.”
    “Ich weiß nichts davon”, erwiderte Lydia gleichgültig.
    “Man erzählt sich, er setze es für seine Frau instand”, fuhr Robert Dent fort, ohne auf Lydias abweisenden Einwurf zu achten. “Es hat mich überrascht, dass er noch nicht verheiratet ist, oder dass er seine Frau nicht mitgebracht hat, wenn er denn eine hätte.”
    “Warum sprechen nur alle Leute über den Earl”, sagte Lydia ärgerlich, während sie mit ihrem Partner an der Reihe der Tänzer vorüberschritt, um sich am Ende wieder aufzustellen.
    “Weil wir eine kleine Stadt sind, in der nur wenig passiert, meine liebe Miss Fostyn. Da ist die Rückkehr des verlorenen Sohnes zwangsläufig die Quelle großer Neugier.”
    “Des verlorenen Sohnes? Er ist ein Mörder!”
    “Oh, meine Liebe, doch nicht dieses Ungestüm! Hegt Ihr wirklich immer noch diese Meinung? Ich war dabei und kann versichern, dass es ein Unfall war …”
    “Der nie hätte geschehen müssen.”
    “Da stimme ich Euch aus vollem Herzen zu. Doch ich mache Ralph Latimer nicht dafür verantwortlich.”
    “Aber ich!”
    “Ich verstehe ja Eure Gefühle. Ihr wart jedoch damals noch ein Kind, und für Kinder ist alles immer nur schwarz oder weiß.” Bewundernd ließ Robert Dent den Blick über seine Partnerin wandern. “Inzwischen seid Ihr eine schöne junge Dame geworden und solltet in der Lage sein, die Angelegenheit objektiv zu beurteilen.”
    “Wie könnt Ihr so über Freddie sprechen? Ihr wart sein Sekundant.”
    “Ja, und deshalb weiß ich auch, dass Freddie der Herausforderer war.”
    “Worum ging denn das Duell?”
    “Um eine junge Dame, in die sich Freddie verliebt hatte. Unglücklicherweise erwiderte sie diese Zuneigung nicht, und … nun, Ihr kennt ja Ralph … er war immer ein toller Kerl …”
    “Das macht die Sache nur noch schlimmer, und ich wünsche nicht mehr, darüber zu reden”, entgegnete Lydia steif, während sie sich fragte, ob Ralph jene junge Dame wohl genauso geküsst hatte wie sie selbst – vor kaum mehr als vierundzwanzig Stunden …
    Das Ende des Tanzes enthob Robert Dent einer Antwort. Er führte Lydia zu ihrer Mutter zurück, verbeugte sich höflich vor beiden Damen und wünschte einen angenehmen Abend.
    Lydia hoffte inständig, dass die Trauerzeit Ralph Latimer davon abhalten würde, den Ball zu besuchen. Dessen ungeachtet ertappte sie sich immer wieder dabei, wie sie mit klopfendem Herzen zur Tür blickte, so als erwarte sie die Ankunft des Geliebten. Der Einzige indes, der die Schwelle überschritt, war Sir Arthur. Er war in blasslila Satin gewandet. Die Aufschläge, die Taschenpatten und die riesigen Klappmanschetten des Rockes waren üppig mit roter Seide bestickt und mit Silberborte abgesetzt. Breite rote Bänder, zu koketten Schleifen gebunden, schmückten die Hose oberhalb der dürren Waden. Als er Mrs Fostyns und ihrer Töchter ansichtig wurde, kam er mit klappernden Absätzen freudestrahlend auf sie zu.
    “Meine verehrte Mrs Fostyn.” Sein Kratzfuß fiel so tief aus, dass er um ein Haar seine Perücke in Gefahr gebracht hätte. “Ich hoffe, Ihr habt Euer Unwohlsein überwunden, liebe Miss Fostyn”, wandte er sich dann an Lydia.
    “Das habe ich, Sir Arthur. Danke der Nachfrage”, erwiderte sie lächelnd.
    Ich muss freundlich zu ihm sein, sagte sich Lydia

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