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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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nicht”, hörte er sich plötzlich zu seiner Überraschung sagen. “Heiratet Sir Arthur Thomas-Smith nicht.”
    Überrascht blickte Lydia zu ihm auf. “Und warum nicht?”
    “Er ist kein Mann für Euch.”
    “Oh, ich denke doch, dass Ihr der Letzte seid, um mir einen Rat in dieser Angelegenheit geben zu dürfen. Im Übrigen, je eher die Hochzeit stattfindet, desto eher seid Ihr die Familie Fostyn auf Euerm Grund und Boden los und mit ihnen die Schuldgefühle bei ihrem Anblick.”
    “Schuldgefühle? Ich?”
    “Nein, natürlich nicht”, fügte Lydia rasch hinzu. “Wie konnte ich nur auf den Gedanken kommen, dass Ihr derartigen Gefühlen erlauben würdet, sich in Euer Herz zu schleichen.”
    “Ebenso wenig wie Ihr es dem Mitleid gestatten würdet”, versetzte Ralph ärgerlich.
    Lydia fand keine Gelegenheit mehr für eine passende Antwort, da der Tanz beendet war und sich alle Gäste nun in den Nebenraum zu dem kalten Büfett begaben. Sie versank als Antwort auf Ralphs höfliche Verbeugung in einen tiefen Knicks, fühlte sich aber plötzlich an der Hand emporgehoben.
    “Würdet Ihr mir wohl die Ehre erweisen, einen Imbiss mit mir einzunehmen, Miss Fostyn?” Wieder war Ralph über seine eigenen Worte erstaunt.
    Seine Miene und der Klang seiner Stimme waren so freundlich, dass Lydia fast geneigt war, den Fremden mit dem Regenschirm in ihm wiederzuerkennen. Aber er war nicht mehr der Unbekannte. Er war ihr Feind, den sie gegen den Willen der Mutter “dieser Mann” nannte. Hochmütig warf sie den Kopf in den Nacken, während sie in Gedanken die Weigerung so abweisend wie möglich formulierte, als Ralph Latimer hinzufügte: “Bitte, Lydia. Ich muss mit Euch sprechen.”
    “Ich wüsste nicht, worüber.” Lydia nahm all ihre Würde zusammen. “Außerdem habe ich Euch meines Wissens nicht gestattet, mich mit dem Vornamen anzureden.”
    “Brauche ich denn dafür eine Erlaubnis?”, fragte er ruhig.
    “Wenn Ihr annehmt, dass das, was Ihr getan habt, Euch zu Vertraulichkeiten berechtigt, so solltet Ihr am besten noch einmal darüber nachdenken, Mylord”, erwiderte Lydia erbost. Es war doch viel einfacher, ihm auf diese Weise zu antworten, als auf seine sanften Worte in höflicher Form eingehen zu müssen.
    “Was habe ich denn getan?”
    “Oh, Ihr wisst sehr genau, was ich meine.”
    “Den Kuss?”
    “Einen Kuss nennt Ihr das? Ich nenne es eher einen Überfall.”
    “Deswegen möchte ich ja mit Euch unter vier Augen sprechen.”
    “Damit Ihr Eure Frechheiten wiederholen könnt?”
    Ralphs Lächeln erstarrte. “Ich denke nicht im Traum daran.”
    “Nun, dann solltet Ihr Euch wenigstens Gedanken darüber machen, was ich meiner Mutter gesagt habe, als ich nach Hause kam, und ob nun nicht ein neuer Skandal auf Euch zukommt.”
    Du lieber Himmel, was mag sie wohl für einen Bericht abgegeben haben, dachte Ralph besorgt. “Und was habt Ihr erzählt?”
    “Wollt Ihr das wirklich wissen?”
    “Wenn es Euch in irgendeiner Form Genugtuung gibt, dann erkläre ich hiermit, dass es mir sehr leid tut.”
    “Es gibt mir keine Genugtuung. Und nun schmort weiter in Eurer Bosheit. Wenn Ihr mich bitte entschuldigen wollt …” Lydia sah sich verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit um, denn sie ertrug die Kraft seiner fragenden, fast flehenden Blicke nicht mehr, unter denen sie dahinzuschmelzen begann. Sie schienen um Verständnis für eine Leidenschaft zu bitten, die ihr selbst seiner Meinung nach fehlte. Aber das ist doch alles nur Falschheit, sagte sie sich immer wieder. Er kannte nicht einen Funken Scham und Mitleid, sonst wäre er heute nicht hierhergekommen und hätte sie gezwungen, mit ihm zu tanzen, obwohl es das Letzte war, was sie sich wünschte. Und er hätte es auch nicht gestattet, dass die Mutter sich vor ihm demütigte wegen einiger Wochen Aufschub für ihren Auszug aus einem Haus, in welchem sie zehn Jahre lang ungestört gelebt hatten.
    In diesem Augenblick kam Sir Arthur herbeigeeilt, um sie wieder zurückzufordern. Lydia bedachte Ralph mit einem Lächeln, das nur ihre Lippen formten. “Ich bedaure außerordentlich, Mylord, aber meine Mutter, meine Schwester und ich sind eingeladen, den Imbiss mit Sir Arthur und seiner Schwester einzunehmen.” Ohne ihn eines weiteren Wortes zu würdigen, ließ sie sich von Sir Arthur in den Nebenraum führen.
    Annabelle strahlte vor Glück, und auch die Mutter machte einen sehr zufriedenen Eindruck, denn die Baverstocks hatten ihr Einverständnis erklärt, dass

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