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Ballnacht in Colston Hall

Ballnacht in Colston Hall

Titel: Ballnacht in Colston Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Veränderung, die aus einem durchsichtigen Überrock in allen Grüntönen – von dunkelgrün bis lichtgrün überhauchtem Weiß an der Taille – bestand. Er umgab ihre anmutige Gestalt wie die Wellen eines Sees. Grüne Samtbänder verzierten das Mieder und auch die hohe weiße Perücke. Die Mutter hatte sich für ein Gewand aus blauem Samt entschieden, während Annabelle ganz allerliebst aussah in einem mit bunten Frühlingsblüten gemusterten weißen Seidenkleid.
    Der Abend würde zweifellos ein Ereignis von erheblicher Gewichtigkeit sein. Die halbe Grafschaft war eingeladen worden, und es hatte offensichtlich niemand abgesagt. Einige kamen aus echter Freundschaft zu der Familie Latimer, andere aus Neugier und wieder andere nur, um sich zu amüsieren, das Bankett zu genießen und dem teuren französischen Wein zuzusprechen. Mrs Fostyn hatte sich bei den Vorbereitungen selbst übertroffen und war dabei gut Freund mit dem Earl of Blackwater geworden.
    Unter diesem Aspekt war es für Lydia unmöglich, ihre Feindschaft weiterhin aufrechtzuerhalten, ohne mit der Mutter in Widerstreit zu geraten. Da ihre Abneigung gegen Seine Lordschaft hauptsächlich um ihrer Mutter willen entstanden war, erschien es nun auch ziemlich sinnlos, sie noch länger zu pflegen. Doch es war sehr schwer für Lydia, in dieser Hinsicht etwas zu verändern. Es kam ihr vor wie ein Verrat an Vater und Bruder, und überdies hatte Ralph Latimer seit seiner Rückkehr so viel gesagt und getan, das sie aufgebracht und erzürnt hatte, dass sie keine Veranlassung sah, irgendeine Schwäche in dieser Hinsicht an den Tag zu legen.
    Als sich die Kutsche dem Hauptportal näherte, wurden die Ankömmlinge von dem Licht zahlloser Lampions begrüßt, die über der Terrasse aufgehängt worden waren und im Seewind leise hin und her schwankten. Alle Fenster des Erdgeschosses waren hell erleuchtet, und die Dienerschaft lief noch geschäftig mit Blumen, Girlanden und Tabletts voller Gläser durch die Halle, da Mrs Fostyn in ihrer Rolle als Hausfrau vor den geladenen Gästen zur Stelle sein musste.
    Eines der Hausmädchen nahm den Damen die Umhänge ab. Sir Arthur reichte seinen Hut einem der Lakaien, zupfte seine Spitzenmanschetten zurecht und hielt sich dann ein goldgefasstes Lorgnon vor die Augen, um die Einzelheiten der Ausstattung zu begutachten. Wahrscheinlich will er den Earl bei unserer Hochzeitsfeier übertreffen, dachte Lydia spöttisch.
    In diesem Augenblick erschien der Hausherr auf der Galerie und eilte die Treppe hinunter, um die Gäste zu begrüßen. Bei seinem Anblick stockte Lydia der Atem. Wieder war er ganz in Schwarz gekleidet: der Rock aus Samt, die Hosen und Strümpfe aus schwarzer Seide, schwarze Lackpumps. Nur die Weste war über und über mit Silberfäden und Perlen bestickt. In dem Jabot aus schwarzer Spitze glitzerte eine riesige Diamantnadel. Neben ihm wirkte Sir Arthur in all seiner Pracht ziemlich gewöhnlich.
    “Meine liebe Mrs Fostyn!” Ralph Latimer kam mit ausgestreckten Armen auf Mrs Fostyn zu und hinderte sie daran, ihn mit einem Knicks zu begrüßen. “Lassen wir doch diese Formalitäten. Ich brauche dringend Eure Hilfe in der Küche, um einen Streit über die Servierung der Wachteln zu schlichten. Sir Arthur und Eure Töchter werden Euch sicher entschuldigen. Ein Diener wird sie zum Ballsaal geleiten.” Ungeduldig zog er Mrs Fostyn mit sich fort.
    Verärgert über die Aussicht, mindestens eine halbe Stunde bis zur Ankunft der übrigen Gäste etwas verloren im Saal herumstehen zu müssen, folgte Lydia Sir Arthur, der sich auch hier eingehend umsah. “Alles viel zu protzig”, sagte er geringschätzig. “Der Mann hat mehr Geld als Geschmack.”
    “Ja, meint Ihr?”, erwiderte Lydia. “Ich hatte immer gedacht, Mutters Schönheitssinn sei über jedes Lob erhaben.”
    “Oh, ich meinte ja nicht die Dekorationen und alles Übrige. Das ist in der Tat wahrhaft bewundernswert. Meine Bemerkung bezog sich auf die Kleidung des Earls. Dieses ganze Schwarz und Weiß erinnert mich immer an ein Schachbrett.”
    “Nun, Seine Lordschaft ist ja immer noch in Trauer.”
    “Wieso verteidigt Ihr ihn, Mademoiselle, da er doch schuld an dem Ruin Eurer Familie ist?”
    “Ich verteidige ihn nicht, Sir Arthur, sondern ich stelle nur eine Tatsache fest.” Lydia sah sich nach einem anderen Gesprächsthema um und wies hastig auf die Fenster. “Oh, ich glaube, man kann von hier aus die Auffahrt sehen. Da fährt gerade eine Kutsche vor. Wer mag das

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