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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Kaffee im Lehrerzimmer war normalerweise ziemlich ungenießbar. Die Maschine, die die Schulleitung angeschafft hatte, war von einer Firma, die er nicht kannte und auch nicht kennen wollte. Doch heute schmeckte ihm das Gebräu ganz ausgezeichnet. »Außerdem: Warum kann ich denn nicht einfach gut drauf sein?«
    Rick legte einen Finger an die Wange und tat so, als würde er angestrengt darüber nachdenken. »Vielleicht, weil es Mitte Februar ist und der Himmel die Farbe von altem Putzwasser hat, und weil wir den toten Punkt im Schuljahr erreicht haben, an dem man denkt, dass die Ferien anscheinend niemals kommen?«
    »Ich fühle mich trotzdem gut«, sagte Balthazar mit einem Achselzucken. »Dafür kann ich auch nichts.«
    »Freak«, sagte Nola gutmütig und ging hinaus auf den Flur.
    »Hey, seit wann lesen Sie denn ›Hexenjagd‹ im Geschichtsunterricht?«, fragte Rick. »Das ist meine Spielwiese, Kumpel.«
    Balthazar verstand, dass es eine scherzhaft gemeinte Bemerkung gewesen war. »Sie können doch immer noch ›Rent‹ lesen.«
    Rick seufzte. »Schön wär’s. Wann immer es um irgendein Drama geht, das auch nur im Entferntesten ›gewagt‹ sein könnte, stellt sich die Schulleitung an, als hätte sie einen Stock im … nun, sagen wir mal, dort, wo sie sich auch diese Kaffeemaschine hinstecken können.«
    Balthazar musste lachen, und zum ersten Mal dachte er, dass er die Schule vermissen würde. Zumindest ein kleines bisschen.
    Als er am Ende des Tages auf dem Weg zur Freiarbeitsaufsicht war, freute er sich bereits darauf, die nächste Stunde damit zu verbringen, mit Skye Textnachrichten auszutauschen. Allerdings versuchte er abzuwägen, ob sie sich über die verschiedenen Möglichkeiten der Abendgestaltung austauschen oder lieber Ideen schmieden sollten, wie er künftig in Darby Glen leben könnte, ohne sich in der Öffentlichkeit sehen zu lassen und vom Schwarzen Kreuz entdeckt zu werden. Beides würde sich deutlich einfacher gestalten, wenn er nicht als Lehrer an der Schule tätig wäre. Einfach unterzutauchen, wie er es sonst immer mühelos geschafft hatte, dürfte jetzt ziemlich schwierig werden. Aber ihm würde schon ein Weg einfallen, wenn das nötig wäre, um Skye zu schützen.
    »Hallo.« Rick fing ihn am Eingang zur Bücherei ab und unterbrach ihn in seinen Gedanken. »Ich übernehme Ihre Schicht hier, in Ordnung?«
    »Und welche Ihrer Aufsichten drücken Sie mir dieses Mal stattdessen auf?«
    »Sie lernen schnell. Nein, tatsächlich will Zaslow Sie sehen.«
    Balthazar runzelte die Stirn. »Weshalb?«
    »Hat sie nicht gesagt. Aber sie hat ihr grantiges Gesicht aufgesetzt, also machen Sie sich auf was gefasst.« Rick winkte ihm zum Abschied zu, ehe er sich in die sichere Bibliothek zurückzog.
    Während Balthazar zum Zimmer der Direktorin marschierte, fragte er sich, ob er vielleicht gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatte, als er früher vom Ball verschwunden war, selbst wenn das mit der Zustimmung der anderen Aufsichtspersonen geschehen war. Er machte sich aber keine allzu großen Sorgen; es war schwer, sonderlich viel auf die Meinung seiner Chefin zu geben, wenn man untot war.
    So war er recht unbekümmert, bis er das Büro von Direktorin Zaslow betrat und sah, dass Skye auf einem der Stühle saß und Tränen in den Augen hatte.
    Noch bevor Zaslow ein einziges Wort gesagt hatte, wusste Balthazar: Verdammt. Sie haben es herausgefunden .
    »Mr More, ich fürchte, eine Schülerin ist mit einer sehr besorgniserregenden Beschuldigung an mich herangetreten«, begann Zaslow. Sie klappte die blauen Bügel ihrer Brille zusammen und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Miss Tierney, Sie können gehen. Ich habe bereits mit Ihren Eltern gesprochen; sie sind auf dem Weg nach Hause.«
    Na toll, jetzt lassen sich ihre Eltern also mal blicken . »Ist alles in Ordnung?«, fragte Balthazar und versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen, aber gleichzeitig angemessen besorgt auszusehen.
    »Auf Wiedersehen, Miss Tierney«, sagte Zaslow, was für Skye das unmissverständliche Zeichen war, sofort den Raum zu verlassen. Sie ging, ohne Balthazar auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen – das macht sie genau richtig , dachte Balthazar –, und auch er schaute ihr nicht hinterher.
    Balthazars Gedanken rasten. Er hatte so viel Zeit damit verbracht, sich wegen der übernatürlichen Hindernisse, die vor ihnen lagen, den Kopf zu zerbrechen, dass er die viel näher liegenden realen Schwierigkeiten vernachlässigt

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