Balthazar: Roman (German Edition)
gurgelnden Laut ab, Blut quoll ihm aus dem Mund. Gott, es fühlte sich so gut an, diesen Bastard zum Schweigen zu bringen.
»Was zur Hölle ist hier los?« Mit einiger Verspätung tauchte ein Türsteher auf, den Balthazar mühelos quer durch den Raum schleuderte, ehe er sich wieder an sein blutiges Werk machte. Der Ordner würde schon bald wieder aufstehen. Falls die Polizei anrückte, konnte er sich die Männer leicht vom Hals halten. Jetzt hatte er einen Job zu erledigen.
Er schnitt tiefer. Und tiefer. Redgrave strampelte und schlug nach ihm, aber seine Kräfte begannen bereits nachzulassen. Balthazar hatte in den letzten Jahrhunderten genug Erfahrung gesammelt und sich ausreichend Fähigkeiten angeeignet, um sich gegen ihn zu behaupten. Redgraves goldene Augen verdunkelten sich in seiner aufsteigenden Panik, und Balthazar frohlockte, als er das sah.
In diesem Moment stieg ihm der Rauch in die Nase.
Balthazar drehte sich um und begriff, dass die lauten Schreie in der Disco nichts damit zu tun hatten, dass er Redgrave vor den Augen von beinahe hundert Zeugen ermordete. Der Grund für das Geschrei war, dass die Disco in Flammen stand.
Die Frage, wer dafür verantwortlich war, stellte sich nicht. Trotzdem starrte Balthazar Charity ungläubig an, die hinter der Flammenwand auf dem Tresen stand. »Sie werden alle sterben«, schrie sie und deutete auf die Menschen, die verzweifelt die wenigen Notausgänge verstopften, die sie erreichen konnten. »Und es ist deine Schuld, wie immer.«
Sofort wusste Balthazar, dass er die Wahl hatte: Er konnte Redgrave hier und jetzt endgültig töten und die unschuldigen Gäste dafür den Preis bezahlen lassen. Oder er konnte sie retten, musste dafür aber Redgrave freilassen.
Balthazar fluchte heftig, erhob sich, trat Redgrave ins Gesicht, um sich selber besser zu fühlen, und rannte zum nächsten Notausgang. Etliche Leute versuchten hinauszugelangen, aber es drängten sich so viele im engen Durchgang, dass sie feststeckten. Andere standen benommen und verängstigt am Rand der Tanzfläche herum, als wären sie betäubt. Balthazar hatte dieses Verhalten schon früher bei Menschen gesehen; bei Tieren konnte man die gleiche Reaktion auf Gefahr beobachten: Sie blieben stocksteif stehen in der Hoffnung, auf diese Weise vom Raubtier übersehen zu werden. Dieser Instinkt konnte für die Menschen hier allerdings den Tod bedeuten.
Balthazar sprang mit einem Riesensatz über die Menge hinweg und schwang sich auf eine der Lichtorgeln, die die Tanzfläche überragten. Von dort aus konnte er nach unten greifen und die Tür aus den Angeln heben. Obwohl diese dabei gegen mehrere Leute prallte und er sie aufschreien hörte, war das Wichtigste, dass der Ausgang jetzt frei war. Nun drängten die Gäste in Scharen hinaus, und selbst die, die vorher so apathisch gewesen waren, reagierten, als erst mal klar war, was genau sie zu tun hatten.
Balthazar spähte durch die rauchgeschwängerte Luft – die Schwaden hatten noch immer die Farben der kreisenden Lichter an der Decke – und hielt nach Redgrave und Charity Ausschau. Er konnte sie nirgends entdecken.
»Redgrave!«, schrie er voller Wut, weil er die Chance vertan hatte. Aber er konnte bereits die Sirenen der Feuerwehr heulen hören. Vermutlich war auch die Polizei im Anmarsch, falls irgendjemand seinen Angriff auf Charity gemeldet hatte, ehe diese sich als Brandstifterin betätigte. Es wurde höchste Zeit zu verschwinden.
Auf dem Parkplatz herrschte Chaos. Inzwischen stand die ganze Discothek in Flammen, und orangerote Feuerzungen schossen hinauf in den Nachthimmel. Balthazar tauchte in der Menge unter und hoffte, dass der Ruß, der seine Haut und seine Haare bedeckte, sein Äußeres unkenntlich machen würde. Ja, er war bereit gewesen, die Konsequenzen dafür zu tragen, dass er Redgrave in aller Öffentlichkeit tötete, auch wenn das Jahre im Gefängnis bedeutet hätte. Vielleicht wäre es auch der elektrische Stuhl gewesen und der lange, schmutzige Prozess danach, sich aus dem Armengrab zu buddeln, in dem man ihn vermutlich im Anschluss verscharrt hätte. Er hatte jedoch nicht vor, all das auf sich zu nehmen, solange Redgrave noch am Leben war.
Er hatte sein Bestes versucht und war jedes Risiko eingegangen. Doch er hatte versagt.
Müde lief er zu seinem roten Mustang GT , wo er eine Nachricht vorfand, die jemand hinter die Scheibenwischer geklemmt hatte. Er wusste, von wem sie stammte, und war nur mäßig erstaunt darüber, dass Redgrave
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