Balthazar: Roman (German Edition)
und habe das Steuer verrissen. Ein anderes Auto sei sehr schnell davongeschossen, aber sie wären nicht in der Lage zu sagen, ob die Insassen etwas mit der Explosion zu tun hatten. Sie beide seien nichts weiter als verstörte, unschuldige Augenzeugen.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass sie dir das tatsächlich abgekauft haben«, bemerkte Skye, während sie davongingen. Der Qualm hing noch immer dick am Himmel über ihnen.
»Warum nicht? Es klingt doch immerhin wahrscheinlicher als die Wahrheit.« Balthazar warf einen Blick zurück zu den Polizeiautos hinter ihnen. Keiner der Beamten hatte den Verdacht gehegt, dass die beiden tiefer in die Sache verwickelt sein könnten. Es war beängstigend, wie gut er in den letzten paar Jahrhunderten im Lügen geworden war.
»Ich … ich fühle mich nur so schrecklich. Meinetwegen hat es Mr Lovejoy voll erwischt …«
»Das war doch nicht dein Fehler«, sagte Balthazar mit solchem Nachdruck, dass Skye ihn verblüfft anstarrte, aber es war wichtig, dass sie das verstand. »Was geschieht, geschieht nicht deinetwegen. Es passiert, weil Redgrave und seine Leute hinter dir her sind. Das alles ist seine Schuld. Niemandes Schuld sonst. Das darfst du auf keinen Fall jemals vergessen.«
»Redgrave?« Skye runzelte die Stirn. »Hattest du nicht gesagt, sein Name sei Lorenzo?«
»Derjenige, der letzte Nacht und heute Nachmittag hinter dir her war, heißt Lorenzo. Der andere, der am Schluss vorgefahren kam, der Typ mit den goldblonden Haaren: Das ist Redgrave. Er ist viel älter und besitzt viel stärkere Kräfte. Praktisch alles, was Lorenzo tut, macht er, weil Redgrave das von ihm erwartet.«
»Aber warum denn nur?« Skye stieß frustriert den Atem aus, sodass sich eine kleine, weiße Wolke bildete, die Balthazar und sie umfing, während sie zum Haus zurückliefen.
»Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Balthazar, obwohl er begann, eine verstörende Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Skye umklammerte ihre verletzte Hand. Auf ihrer Flucht hatte sich der Riss in ihrer Hand wieder geöffnet. Wenn es nun ihr Blut war, das er auf dem Boden gekostet hatte, und wenn das der Grund für alles war, was er gerade erlebt hatte …
Aber das war unmöglich. Es gab niemanden, dessen Blut diese Art von Macht hatte. Ganz sicher hatte ein Teil dessen, was eben in seinem Geist geschehen war, mit der Tatsache zu tun, dass er gerade zum ersten Mal seit mehr als dreißig Jahren Redgrave gegenübergestanden hatte. Er hatte eine Verletzung davongetragen und war benommen gewesen; er hatte nur eine Halluzination gehabt. Alles andere konnte nicht sein.
Balthazar zwang sich, seine Gedanken wieder auf Skyes augenblickliche Situation zu lenken. »Ich weiß noch nicht, was es zu bedeuten hat; aber was auch immer mit dir los ist, sodass Lorenzo sich davon angezogen fühlt – es hat Redgrave neugierig gemacht. Und wenn seine Neugier erst einmal geweckt ist, dann kann ihn nichts mehr aufhalten.«
»Soll das der beruhigende Teil deiner Erklärung sein? Denn ich fange leider an, mir wirklich Sorgen zu machen.«
»Es gibt keinen beruhigenden Teil.« Balthazar sah Skye in die Augen, und dann begriff er, dass sie nur versucht hatte, einen Scherz zu machen, weil das ihre Art war, sich mutig zu zeigen. Das war gut: Sie würde all ihren Mut brauchen, um die Sache durchzustehen. »Es ist schlimm. Und es ist real. Bis wir herausgefunden haben, was wir tun können … werde ich in deiner Nähe bleiben.«
Zumindest in der ersten Nacht würde das bedeuten, dass er in ihrem Zimmer bliebe. Während Balthazar eine Textnachricht in sein Handy tippte – hey, er wurde richtig gut darin –, sagte er: »Und deine Eltern werden wirklich nicht mitkriegen, dass ein fremder Typ in ihrem Haus ist?«
»Wahrscheinlich kommen sie erst nach Mitternacht nach Hause und brechen vor sechs Uhr morgens schon wieder auf. Meistens stecken sie nicht mal den Kopf in dieses Zimmer«, rief Skye von ihrem kleinen Badezimmer aus, in dem sie sich ihr Nachtzeug anzog. Balthazar hätte ihr anbieten sollen, in irgendeinem Raum unten zu bleiben, den ihre Eltern ebenfalls nicht betreten würden, aber wenn jemand aus Redgraves Clan versuchen würde, durch die Fenster in ihr Schlafzimmer einzudringen … Nein, das wäre zu gefährlich. Heute Nacht würde er in ihrer unmittelbaren Nähe bleiben. »Mum und Dad arbeiten wirklich hart, seit … seit Dakotas Tod.« Balthazar schloss aus dem gepressten Tonfall ihrer Stimme, dass Dakota der Name ihres Bruders
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