Balthazar: Roman (German Edition)
ich weggegangen bin, irgendetwas Interessantes hier in Darby Glen aufgemacht, wo man hingehen kann? Oder ist das Café Keats immer noch der einzige angesagte Laden in der Stadt?«
»Im Grunde schon.« Madison warf ihre kupferfarbenen Locken zurück, während sie stirnrunzelnd eine Kerbe in einem ihrer frisch lackierten Fingernägel musterte. »Aber, hey, immerhin hat die Basketballsaison wieder angefangen. Wir können heute Abend zum Spiel gehen. Das ist doch immerhin was.«
Craig war als Angriffsspieler in seinem Team der Star, und so war sich Skye ganz sicher, dass ein Basketballspiel das Letzte war, womit sie ihren Abend verbringen wollte, auch dann, wenn sie dort keinen Angriff der Vampire befürchten müsste. Und das allein dürfte schon Grund genug für eine Absage sein. Als sie gerade dabei war, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, öffnete sich jedoch die Tür zu ihrem Klassenzimmer, und Direktorin Zaslow kam herein. Sofort wurde es mucksmäuschenstill, und alle sahen zu, dass sie zu ihren Plätzen kamen.
Mit offenem Mund starrte Skye Balthazar an, der hinter der Direktorin durch die Tür trat.
Er hatte sich die Haare mit Gel zurückgekämmt und trug eine Brille, die ihn älter, aber kein bisschen weniger heiß aussehen ließ. Statt der dunklen Jeans und des langen Mantels, den er gestern angehabt hatte, trug Balthazar nun eine ordentlich gebügelte Stoffhose und ein Tweed-Jackett über seinem Pullover, und irgendwie sah das scharf an ihm aus.
Das Schweigen im Raum nahm augenblicklich eine andere Qualität an, als Balthazar hereinkam, denn sofort galt ihm die gebannte Aufmerksamkeit praktisch aller Mädchen, und auch ein paar der Jungs sahen beeindruckt aus. Madison beugte sich zu Skye und murmelte »Oh, du meine Güte. Dieses Schuljahr sieht auf einen Schlag gleich viel besser aus.«
Direktorin Zaslow griff nach ihrer Brille, die an einer Perlenkette um ihren Hals hing, setzte sie sich auf die Nase und sagte: »Wie Sie alle wissen, steht Mr Lovejoy ein langer Krankenhausaufenthalt und eine anschließende Reha-Zeit bevor. Zum Glück haben wir sofort eine Vollzeitvertretung gefunden. Mr More wird sowohl morgens die Anwesenheit kontrollieren als auch den Geschichtsunterricht übernehmen, bis Mr Lovejoy wieder zu uns stoßen kann. Ich hoffe, dass Sie ihn freundlich aufnehmen, wie sich das gehört, und ihm Ihre volle Aufmerksamkeit und Ihren Respekt zeigen.«
»Das ist auf keinen Fall alles, was ich ihm zeigen werde«, flüsterte Madison, und einige Mädchen in der Nähe seufzten, als wollten sie sagen, dass ihnen das Gleiche durch den Kopf gegangen war.
Skye war zu kaum mehr imstande, als der Direktorin hinterherzustarren, die den Klassenraum verließ, während Balthazar seinen Namen an die Tafel schrieb. »Hallo, alle zusammen. Wie Sie sehen können, schreibt sich More nur mit einem »o«, nicht mit zweien; das sage ich zwar immer dazu, aber es wird trotzdem ständig falsch gemacht.«
Madison lachte, als hätte er einen tollen Witz gemacht; dass sie bereits bis über beide Ohren verknallt war, war mehr als offensichtlich.
Balthazar musste das genauso gehört haben wie ihre Tuscheleien zuvor, denn er hatte ja Kräfte und Fähigkeiten, von denen niemand im Raum etwas ahnte. Schlagartig musste Skye denken: Niemand weiß, dass unser Vertretungslehrer ein Vampir ist.
Sie hielt sich eine Hand vor den Mund und versuchte, nicht laut zu lachen. Auch wenn Balthazar für jeden, der ihn nicht gut kannte, ziemlich selbstbewusst aussah, war es für Skye nach der gemeinsamen Zeit in Evernight völlig offensichtlich, dass er keine Ahnung hatte, was er jetzt tun sollte. Schließlich hatte er vor sechs Wochen noch auf der anderen Seite des Lehrerpultes gesessen. »Alle unsere Gedanken sind jetzt bei Mr Lovejoy, und wir hoffen, dass es ihm bald wieder besser geht. Man hat mir erst in letzter Sekunde Bescheid gesagt, dass ich die Vertretung übernehmen soll, und ich muss zugeben, dass ich noch ein bisschen Gelegenheit zur Vorbereitung brauche. Heute können Sie die Zeit als zusätzliche Freiarbeitsstunde nutzen. Morgen legen wir dann richtig los.«
Während die Schüler ihre Bücher herausholten und so taten, als würden sie sich mit ihren Hausaufgaben beschäftigen, warfen sie sich verstohlene Blicke zu; die Mädchen sahen allesamt entzückt aus. Skye hatte ihr Handy in der Handfläche und versteckte es hinter ihrem Notebook, auch wenn sie bezweifelte, dass Balthazar ihr einen Vorwurf machen würde, wenn sie schnell
Weitere Kostenlose Bücher