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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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sie sich auf dem Nachhauseweg befanden, begann Balthazar es zu spüren: eine schwache Energie in der Luft, dicht und beunruhigend wie bei einem heraufziehenden Sturm.
    Ein Vampir war in der Nähe.
    Balthazar bewegte sich ein bisschen schneller. Selbst wenn ihn jemand dabei beobachten sollte, wie er Skye hinterherlief, wäre das immer noch weit weniger schlimm, als Skye einer Gefahr auszusetzen. Der Vampir kam weder näher, noch verschwand er. Seine Anwesenheit war noch einige Augenblicke zu spüren, nachdem Skye und Madison schon ins Haus gegangen waren.
    Schließlich hörte er Redgraves Stimme: »Beunruhigt dich das nicht?«
    »Doch, im Moment beunruhigt mich eine ganze Menge.« Balthazar beschloss, sich ein Fleischermesser zuzulegen und in Zukunft immer bei sich zu haben. Er brauchte etwas, um jederzeit bereit zu sein, einem Vampir den Kopf abzutrennen. »Worauf spielst du an? Darauf, dass du eine meiner Freundinnen verfolgst?«
    »Freundin. Wie zurückhaltend du dich ausdrückst.« Redgrave trat aus dem Unterholz hervor, seine Kleidung war makellos wie immer. Sein kamelhaarfarbener Mantel hatte vermutlich ein paar tausend Dollar gekostet; die Schuhe aus Krokodilleder glänzten, als ob ihnen Schneematsch nichts anhaben könnte. Redgraves Fähigkeit, immer wie geleckt auszusehen, egal, was passierte, war etwas, das Balthazar ganz besonders an ihm hasste. »Ich meine die Tatsache, dass die junge Dame in einem Spukhaus wohnt. Die Geister sind dir doch nicht freundlicher gesonnen als uns. Wie hast du es geschafft, deine Furcht zu besiegen? Oder verrat mir doch mal, Balthazar: Hast du etwa die Geister besiegt?«
    In Redgraves Stimme schwang Unsicherheit mit, und es war das erste Mal, dass Balthazar einen solchen Unterton bei Redgrave hörte. Die uralte Angst vor Geistern, wie sie bei Vampiren üblich war, war bei Redgrave besonders stark ausgeprägt. Allerdings wusste Balthazar keinen Grund dafür. Vielleicht war damals vor zweitausend Jahren, als Redgrave zum Vampir geworden war und sich noch mit dem Namen, den ihm seine Mutter gegeben hatte, ansprechen ließ, die Gewalt zwischen Vampiren und Geistern noch verbreiteter gewesen. Auf jeden Fall war seine Furcht vor dem angeblichen Spuk in Skyes Haus sehr echt. Und das bedeutete, dass Skye in Sicherheit war, solange sie zu Hause blieb.
    Auch wenn das nur ein kleiner Sieg war, hatte Balthazar doch gelernt, sich über jeden noch so geringen Vorteil gegenüber seinem ältesten und schlimmsten Feind zu freuen. »Sagen wir es mal so: Ich habe an den seltsamsten Orten Freunde.«
    Sie standen einander ohne Waffen und ohne Verstärkung durch andere Vampire gegenüber. Balthazar versuchte, sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, ehe Redgrave in sein Leben getreten war. In den Jahrhunderten seit seinem Tod hatte Redgraves Schatten immer über Balthazars Dasein gelegen und alles Licht abgeschirmt.
    Redgrave sagte: »Du unterrichtest in der Schule. Wie drollig. Und öde, würde ich denken.«
    »Du wirst Skye nichts antun.«
    »Skye.« Seine Stimme klang so zärtlich, als er Skyes Namen aussprach, dass sich alles in Balthazar zusammenzog. Was für ein Dummkopf war er doch, Redgrave ihren Namen zu verraten. »Ich habe nicht vor, Skye wehzutun. Hat sie dir nichts von unserer kleinen Unterhaltung erzählt?«
    »Doch, hat sie. Aber deine Definition von ›wehtun‹ und meine unterscheiden sich sehr.«
    »Hast du schon von ihr getrunken?« In Redgraves Augen schlich sich ein hungriger Ausdruck, als ob er sich indirekt durch Balthazar lebendig fühlen wollte. »Natürlich würde sie dich trinken lassen. Das strahlt sie mit jeder Faser ihres Körpers aus.« Er atmete tief durch die Nase ein, als habe er eine Witterung aufgenommen, dann seufzte er: »Du hast es getan.«
    »Ich habe ihr Blut probiert, um herauszufinden, warum du hinter ihr her bist.«
    »Und jetzt hast auch du verstanden, dass sie es wirklich wert ist.«
    »Das weiß ich besser als du.« Balthazar beschloss, an Redgraves Vernunft zu appellieren: Er war selbstsüchtig und verdorben, aber er ließ sich gewöhnlich von Logik überzeugen. »Diese Erinnerungen sind verlockend. Zu verlockend. Sie lassen unsere jetzige Daseinsform … blass und bedeutungslos erscheinen. Wenn du Skyes Blut trinkst und versuchst, daraus eine Gewohnheit zu machen, dann machst du selbst einen Süchtigen aus dir. Du wärst nichts anderes mehr. Du würdest nur immer häufiger in die Vergangenheit flüchten, bis du dich vollkommen verlierst. Ist es

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