Bambule am Boul Mich
und
sprang aus dem Wagen.
„Noch so’n Scheiß!“ schimpfte
Gérard.
„Jacqueline gab keine Antwort,
sondern zog mich ins Hotel. Wir kamen an dem Kabuff des Portiers vorbei. Der
schnarchte tatsächlich. Wir gingen hoch in die zweite Etage.
„Dort... in meinem Zimmer“,
sagte Jacqueline und zeigte auf eine halboffene Tür. Ich stieß sie ganz auf.
Yolande saß hinten im Zimmer
auf einem Stuhl, aschfahl im Gesicht, aber ein seltsames Lächeln im Mundwinkel.
Sie starrte einen Mann im Pyjama unter einem rotweißgestreiften Bademantel an.
Er lag auf dem Bettvorleger vor dem zerwühlten Bett.
Der aufdringliche
Säufer
Ich beugte mich über den Mann,
der verschiedenartige Gerüche verströmte. Mit gleichen Waffen bekämpften sich
Haarpomade, Alkohol und etwas Blut, das aus seiner Wunde geflossen war. Er
hatte einen hübschen Schlag hinter die Ohren verpaßt gekriegt, war aber nicht
tot. Meiner Meinung nach war er schon nicht sehr wach gewesen, bevor er das
Bewußtsein verloren hatte. Schien ziemlich besoffen zu sein. Ich richtete mich
wieder auf und beruhigte die jungen Leute. Gérard war nachgekommen, riß seine
Augen hinter den Brillengläsern weit auf.
„Kennen Sie den Mann, Mademoiselle
Carrier?“ fragte ich. „Das ist Albert. Albert Mauguio. Ein Student, der auch
hier wohnt, in der Etage drüber.“
„Ein Freund?“
„Wir kennen uns. Ein Nachbar.“
„Wohnen hier nur Studenten, in
diesem Bau?“
„Fast nur.“
„Er braucht einen Arzt. Wenn ich
selbst eins draufkriege, weiß ich, wie ich mich verhalten muß. Ich komm dann
schon zurecht. Aber bei andern weiß ich mir nicht zu helfen... Wir müssen einen
Arzt holen, möglichst unauffällig.“
„Was halten Sie davon, Monsieur
Burma?“
„Ich passe... Und Sie?“
„Ich weiß nicht. Als wir eben
reinkamen, lag er genauso da.“
„Wir dachten, er wär tot“,
stieß Yolande mit ihrer bläßlichen Stimme hervor. „Sind Sie sicher, daß er
lebt?“
„Ganz sicher.“
„Jacqueline ging zu Yolande und
legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Hat dich ganz schön
mitgenommen, hm? Geht’s wieder etwas besser?“
„Ja, es geht schon. Mach dir um
mich keine Sorgen“, sagte Yolande lachend und machte sich los. „Mir ist
Aufregung empfohlen worden.“
Völlig übergeschnappt, die
Kleine! Na schön.
„Übrigens“, fing ich wieder an,
„ein Medizinstudent könnte das auch. Gibt’s hier einen, den Sie holen könnten?“
„André“, sagte Jacqueline.
„Normalerweise arbeitet er noch um diese Zeit. Aber ich seh mal nach.“
Ich beugte mich wieder über den
Ohnmächtigen und durchwühlte die Taschen seines Pyjamas. Anscheinend kitzelte
ich ihn dabei. Er murmelte etwas und bewegte sich. In den Taschen fand ich ein
schmutziges Taschentuch, ein angebrochenes Päckchen Gauloises und
Streichhölzer. In der Bademanteltasche einen Passepartout. Ich probierte aus,
ob er in das Türschloß paßte. Er paßte.
Ich stopfte meine Pfeife und
zündete sie an. Während wir auf Jacqueline und den Zauberlehrling warteten,
ließ ich meinen Blick im Zimmer umherwandern.
Das Zimmer war weniger
unpersönlich und sachlich, als man es von Hotelzimmern im allgemeinen gewohnt ist. Man spürte die persönliche Note der Mieterin schon an dem
Krimskrams, der hier und da rumstand. Oben auf einem gutbestückten Regal stand
ein freundlicher Blumenstrauß. Zwischen zwei Regalbrettern erweckte eine
rührende Fotosammlung den Eindruck einer Nische. Fotos von Jacqueline ganz
alleine, zusammen mit Paul Leverrier, Fotos von Paul Leverrier. Drucke aus
Kunst- und Theaterzeitschriften in Glasrahmen schmückten die Wände.
Ich ging zum Nachttischchen.
Antik, mit einem Fach für den Nachttopf und einer dicken Marmorplatte. Der
braune Fleck an der scharfen Kante war Blut.
Ich hustete. Gérard ebenfalls.
Er war meiner Runde durchs Zimmer mit neugierigem Blick gefolgt und platzte
fast vor Ungeduld. Endlich entschloß er sich.
„Was machen Sie beruflich,
Monsieur?“ fragte er.
„Ich hab immer Langeweile“,
antwortete ich lächelnd. „Also suche ich nach Möglichkeiten, mich zu amüsieren.
Gelegenheiten wie dieser hier
Ich zeigte mit dem Fuß auf
Mauguio.
„Und wenn ich eine gefunden
habe, geh ich andern auf die Nerven.“
„Mit anderen Worten: Sie sind
Flic.“
„Privatdetektiv. Kommen Sie nur
nicht auf falsche Gedanken.“
Er schnippte mit den Fingern.
„Aha! Sie untersuchen
Leverriers Tod?“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Jacqueline wollte
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