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Bambule am Boul Mich

Bambule am Boul Mich

Titel: Bambule am Boul Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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an
Paul ging, mit Ihnen als Nutznießer. Paul ist tot. Wie gefällt Ihnen das, hm?“
    Das machte ihn auch nicht
gesprächiger.
    „Sie sind ein Ungeheuer! Ein
abscheuliches Ungeheuer!“ stieß eine heisere Stimme in meinem Rücken hervor.
    Offensichtlich galt das mir.
Ich drehte mich um. Ich hatte sie nicht ins Zimmer kommen hören. Sie stand
beinahe genauso unbeweglich vor mir, wie sie eben im Sessel gesessen hatte,
unter ihrem eigenen Bild. Sie trug ein weißes Pelzcape. Ihr Abendkleid fegte
über den Teppich. Eine große, dunkelhaarige Frau mit guter Figur. Ihr hübsches
Gesicht wirkte gleichzeitig verwirrt und hart. Ein gekünsteltes Kinogesicht. An
ihrer rechten Hand glitzerte ein Diamant. Und genau diese Hand hielt eine
.22er.
    „Sie sind ein Ungeheuer“,
wiederholte Madame Darbaud.
    „Ich glaube, Sie irren sich in
der Adresse, Madame“, sagte ich so ruhig wie möglich.
    Sie gehörte zu der Art Mäuse,
die losballern, nur um zu sehen, wie das so wirkt. Man durfte sie um Gottes
willen nicht nervös machen. Die .22er ist eine elegante Waffe, wenn man der
Werbung glaubt. Aber erfahrungsgemäß bringt sie einen genauso leicht um die
Ecke wie jedes andere Ding.
    „Da, Ihr Geliebter. Der ist das
Ungeheuer... um mit Ihren Worten zu reden.“
    Leverrier war wirklich nicht
hübsch anzusehen. Das personifizierte Schuldbewußtsein. So was sehen die
Concierges gerne in der Zeitung.
    „Und wenn Sie gehört haben, was
ich gesagt habe...“
    „Zum Teil. Sie sind ein
Ungeheuer. Ich weiß nicht, worum’s geht. Aber Sie gehören zu den Gestalten, die
seit ein paar Tagen um den Doktor herumstreichen.“
    Ich zuckte die Achseln.
    „Hören Sie! Wir haben keine
Zeit zu verlieren. Ich hab getan, was ich tun mußte: ein paar Sous für
Jacqueline sammeln. Und jetzt
    Ich wandte mich zu Leverrier
um.
    „Hören Sie mir gut zu. Sie
sitzen in der Falle, wie ‘ne Ratte, die Flics werden Ihnen auf die Schliche
kommen. Da brodelt’s ganz schön bei der Kripo, seit Masoultre umgelegt worden
ist. Van Straetens Mörder ist ihnen scheißegal. Aber wenn sie rauskriegen, daß
das derselbe ist, der auch ihren Kollegen auf dem Gewissen hat... oh, oh,
Donnerwetter! Die Flics haben schon zwei Autokennzeichen. Wird noch einiges
Kopfzerbrechen bereiten, aber dann haben sie auch den Mörder des falschen
Holländers. Aber ich wollte schneller sein. Bin zufällig draufgekommen. Ich
mach nicht ihre Drecksarbeit, aber wenn die Flics mich ausquetschen, werd ich
wohl auspacken müssen. Sie haben nicht mehr viel Zeit, Leverrier. Deswegen
wollte ich Ihnen auch noch rechtzeitig Geld für die Kleine abknöpfen. Das ist
jetzt die neue Masche der Agentur Fiat Lux: Nestor Burma bezahlt seine
Klienten. Also, ich verschwinde. Hab Ihnen alles gesagt, was ich zu sagen
hatte. Sie können ja mit den echten Flics über den Tod Ihrer Frau
weiterdiskutieren. Sie werden sich vielleicht an den Fall Girard erinnern.“
    „Der Fall...“ Er schluckte.
„Der Fall Girard?“
    „Sie wissen genau, wovon ich
spreche. Girard. So um 1920, glaub ich. Hat Leute umgebracht, indem er ihnen Typhusbakterien einimpfte. Sie, Doktor, können sich
viel besser als dieser Girard Bakterienkulturen beschaffen. Das haben Sie
getan. Und das steht in der Botschaft, in der Ihre Frau Sie beschuldigt. Auf
Wiedersehn.“
    Leverrier versank immer tiefer
in seinem Sessel.
    „Sie sind ein Ungeheuer“,
keifte Madame Darbaud zum vierten Mal. „Ein dreckiger Erpresser.“
    „Also, jetzt reicht’s aber“,
schimpfte ich. „Wenn Sie seine Komplizin sind, gehen Sie mit ihm in den Knast.“
    „Ich bin nicht seine Komplizin.
Ich... So verteidige dich doch!“ schrie sie ihren Geliebten an. „Verteidige
dich! Es kann doch nicht sein, daß...“
    Sie stürzte zu ihm, änderte
aber auf halbem Wege ihre Meinung und ging auf mich los, immer noch diese
verdammte .22er in der Hand. Ich glaube, sie dachte wohl gar nicht mehr daran,
aber deshalb war das Ding nicht weniger gefährlich.
    „Reden Sie keinen Quatsch“,
sagte ich. „Und lassen Sie mich vorbei.“
    „Sie kommen hier nicht raus.
Sie werden das alles zurücknehmen. Sie sind eine Erklärung schuldig. Sie...“
    Ich faßte sie beim Handgelenk
und verdrehte ihr leicht den Arm. Wenn ich damit erreichen wollte, daß sie
losballerte, dann hatte ich gewonnen. Sie drückte auf den Abzug, die Kugel
durchlöcherte Gardine und Fensterscheibe und landete auf dem Boul’ Mich’.
    „Lucienne!“ schrie Leverrier.
    Aber Lucienne hörte nichts, war
wie

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