Banalverkehr - Roman
war schön. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich wieder sechzehn und dürfte zum ersten Mal abends länger weggehen … Entf… Weg! Lene interessiert es doch eh nicht, wie ich mich gefühlt habe … was trinken. Das war schön … zurück … sehr schön. Ich habe zugeguckt, wie ER sich in einen Blackout gesoffen hat … Entf… ER ist so süß … Entf… Ich würde ihn gerne besser kennenlernen, aber ich traue mich nicht, was zu sagen, sondern schnüffele immer nur an ihm, wenn ER neben mir an der Kaffeemaschine steht. ER riecht gut … Entf… Jedenfalls musste sein Freund ihn früh nach Hause bringen. Weil ER nichts mehr gecheckt hat, so blau war ER . Voll süß. Sein Freund wollte noch mit Franzi und mir weiterziehen, sobald er ihn ins Bett gesteckt hatte. Aber ich bin lieber auch heimgegangen. Ich weiß nicht, ob der Freund dann mit Franzi noch allein unterwegs war … Entf… Uninteressant … war sehr schön … Genau …
Was ich dir noch sagen wollte, Lene: Ich bin dir nicht böse, dass du den Kontakt zu mir abgebrochen hast, … du Arschloch … Entf… dass du dich nicht mehr so oft meldest. Immerhin ging es mir mit Lutz ähnlich, von dem ich mich übrigens nach der Sache mit Erbse getrennt habe. Manche Menschen braucht man für eine Phase, und dann werden sie aussortiert, wenn sie nicht mehr reinpassen ins Konzept … Entf… die Situation. Und Lene, es ist okay. Ich bin dir nicht mehr böse, mach du dir keine Sorgen, und ich mache dir keine Vorwürfe. Es war schön mit uns, und ich werde das nie vergessen. Danke für die tolle Zeit. Viele Grüße, deine Puppe. Entf! Entf! Entf!… war sehr schön. Viele Grüße, deine Puppe.
Nochmal lesen …
Betreff: Happy …
Birthday, liebe Lene. Ich wünsche dir alles Liebe und dass alles so kommt, wie du es dir wünschst. Ich hoffe, dir geht’s gut und deinem Freund auch. Und eurem Baby auch.
Leider hatte ich eine Fehlgeburt. Das war blöd. Ansonsten geht’s mir gut. Ich habe eine tolle neue Freundin, mit der ich viel unternehme. Und in meiner Firma gibt es seit einer Woche einen neuen Kollegen. ER ist sehr nett. Heute war ich mit ihm, Franzi und Christian, einem Freund von ihm aus Hamburg, was trinken. Das war sehr schön.
Viele Grüße, deine Puppe.
Was für eine alberne E-Mail, aber immer noch besser, als sie anzurufen. Beim Telefonieren gibt es keine Entf-Taste. Na ja, wahrscheinlich wäre sie sowieso nicht rangegangen oder hätte mich abgewürgt. Scheiß drauf. Scheiß auf Lene. Halt! Das! Niveau! Da besteht sie doch drauf! Also: Soll der Vogel auf Lene kacken! Ha!
Senden.
Und jetzt ins Bett. Ich bin ein bisschen betrunken.
Nein, ich bin sogar ziemlich blau, anders kann ich mir nicht erklären, dass ich gerade an Lene geschrieben habe!? Blau und gut gelaunt. Es war ein wunderbarer Abend, und ich habe einen wunderbaren neuen Kollegen. Das war mir schon klar, als ich in seinem Vorstellungsgespräch saß. Selbst auf drei Meter Entfernung habe ich ihn wahrgenommen, diesen Duft. »Ich glaube, der ist genau der Richtige«, hatte ich danach zu Otto gesagt, ohne dass ich auch nur ein Wort mitbekommen hätte, aber das musste ich auch gar nicht. Ich konnte es riechen.
»Muschi!«, maule ich, als ich geweckt werde, und meine damit nicht etwa eines meiner Körperteile, sondern das kleine, schwarze Fellknäuel, das es sich am Kopfende meines Bettes gemütlich gemacht hat und seinen pelzigen Hintern gegen meinen Schädel drückt. Ich huste. Zu viel Nikotin. Dicker Schleim drückt sich meine Kehle hoch. Ich wünschte, ich hätte Lutz nicht das Herz gebrochen, denn jetzt wäre der ideale Zeitpunkt für eine kleine, übergangsmäßige Organspende, solange sich meine Leber und Lunge unter der Bettdecke verkriechen und die Schäden der letzten Nacht auskurieren. Muschi fängt an, mit ihrer rauen Zunge über meine Stirn zu lecken. Mein Gehirn fühlt sich an, als wäre es gefickt worden, das Sperma legt sich schwer in sämtliche Windungen. Ich vertrage keinen Caipirinha. Das weiß ich auch, aber ich war so abgelenkt, von IHM , dem neuen Kollegen, an dem ich immer schnüffele, und hab bei der Bedienung irgendwann nur noch »Das Gleiche« bestellt, und das war leider Caipirinha.
»Kater«, stöhne ich. Muschi miaut. »Nicht du, Muschi.« Ich setze mich auf und greife nach dem Wecker. Kurz nach sieben. Muss in einer Stunde aufstehen … Schmerz … Und irgendwo piept es. Ich greife mir aus Reflex erst mal an den Kopf, aber das Piepen kommt von meinem Handy. Eine SMS.
Weitere Kostenlose Bücher