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Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Titel: Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Mattheis
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Zustand bedingungslos hinzugeben. Es sind dies die Menschen, die man an Orten wie Zipolite, Dali oder irgendwo in Indien trifft und die einem erzählen, sie seien hier schon seit vier Monaten. Man wundert sich, denn der normale Reisende hält es an einem schönen, aber doch reizarmen Ort wie einer thailändischen Insel eben nur so lange aus, bis all seine Bücher ausgelesen sind. Dann setzt der Inselkoller ein. Etwas will getan und unter Anstrengung erledigt werden. Diese Menschen hier aber tun gar nichts. Und sie wirken glücklich und zufrieden, als hätten sie endlich den Ort und den Zustand gefunden, nach denen sie ihr Leben lang gesucht haben. Es mag ein nicht besonders nachhaltiger Lebensentwurf sein, aber es steht uns nicht an, darüber zu richten. Sie sind glücklich mit einem Bambusbungalow, Zigaretten, Gras, einem Bananenpfannkuchen und einem Thai Curry am Tag.
    Die allermeisten Reisenden aber erreichen diesen Zustand nur vorübergehend oder überhaupt nicht. Der innere Drang, irgendetwas zu tun, will nicht weggehen. Es muss erst etwas Anstrengendes erledigt werden, bevor das große Abhängen beginnen kann. Bergsteigen ist die einfachste Möglichkeit, dieses Gefühl mit einer Leerlaufhandlung herzustellen. Es ist sinnlos, einen Berg zu besteigen, bloß weil er ein Berg ist. Der Aufwand (sich vier Stunden lang zu quälen) steht in keinem Verhältnis zum Ertrag (einmal von oben herunterzuschauen). Wesentlich sinnvoller ist es, im Tal zu bleiben und Bier zu trinken. Aber so funktionieren die meisten Menschen nun mal nicht – sie brauchen das Gefühl, sich etwas verdient zu haben. Nach dieser Rechnung wiegen 36 Stunden auf einem ungepolsterten Sitz zwei Wochen Abhängen und Kiffen in einer Hängematte am Strand auf und führen zu einem Ich-kann-mir-das-gönnen-Gefühl. Erst die Strapazen der Fahrt vermitteln dem Reisenden das Gefühl, an einem besonderen, exklusiven Ort zu sein.
    In Thailand, dem Modellland des Backpackings, hat man diesen Gratifikationseffekt mittlerweile institutionalisiert. Auf der Khaosan Road in Bangkok gibt es All-inclusive-Tickets auf eine der Inseln im thailändischen Golf: Zwölf Stunden Fahrt im Nachtbus oder -zug, anschließendes Verladen des schlechtgelaunten, verschlafenen Packs auf eine Fähre, auf der bei starkem Seegang dann alle zusammen kotzen. Nach dieser 20-stündigen Tortur ist jeder Strand ein verdientes Paradies.
    In Indien sind die Wege eigentlich immer so lang, dass man einfach nicht um solche Horrorfahrten herumkommt.
    «Kolldringskolldringskolldrings», sagt der Inder und zerrt einen Eimer voller Cola- und Wasserflaschen durch das Abteil.
    Neben uns sitzt ein junges schwedisches Elternpaar mit einem blonden Kind. Das Kind ist etwa drei Jahre alt. Es schreit, seitdem der Zug Mumbai verlassen hat. Die Mutter des Kindes hat tiefe, dunkle Ringe unter den Augen. Der Vater des Kindes redet viel. Eigentlich redet er ununterbrochen. Über die Inder, das indische Zugsystem, die Kühe, die vielen Menschen, über das Reisen mit einem kleinen Kind. Ich sage nichts, der Inder sagt «Koffikoffikoffi», und Jan sagt immer wieder: «48 Stunden. Ich komme gerade aus Varanasi, ich fahre seit 48 Stunden Zug.»
    So hat jeder von uns sein Mantra: der Inder das «Koffi»-Mantra, ich das Schweigemantra, der Schwede das Quasselmantra und Jan das «48-Stunden-Zugfahrt-Mantra».
    Der Schwede erzählt, dass sie ihre Wohnung gekündigt und die letzten Monate in einem Wohnwagen gelebt haben, um Geld zu sparen. Er und seine Frau haben sich nun arbeitslos gemeldet und bekommen die nächsten sieben Monate Arbeitslosengeld vom schwedischen Staat. Diese sieben Monate wollen sie in Thailand und Indien verbringen.
    «48 Stunden», sagt Jan. «Ich bin seit zwei Tagen unterwegs. Von Varanasi nach Goa.»
    «Tomadosuuptomadosuuptomadosuup», verkündet der Inder nun und schleppt einen Eimer Tomatensuppe durch das Abteil. Draußen fliegt ein tropischer Dschungel an uns vorbei, im Zug aber tragen die Passagiere Jacken.
    Der Schwede erzählt weiter, dass er noch drei Kinder von anderen Frauen hat. Die seien zwar in Schweden, doch sie würden ihn bald besuchen kommen, wenn er, seine Frau und das Kind wieder in Thailand seien. Aber zuerst werde er einen Ashram bei Puducherry im Süden Indiens besuchen. Nur dort, in diesem Ashram, meint der Schwede, könne er wirkliche Ruhe finden. Als Jugendlicher habe er kein Buch lesen können. Mit 15 aber habe ihn seine Mutter nach Indien zu ihrem Guru mitgenommen. Dort

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