Band 2 - Blutspiel
Pizza an uns vorbei. Ich sah Ivy fragend an und zuckte mit den Schultern. Wir waren zwar nicht zum Essen gekommen, aber warum nicht?
»Ja«, meinte sie prompt. »Wir hätten gerne eine extra Große, al e Toppings außer Paprika und Zwiebeln.«
Glenn studierte eine Gruppe von Frauen, wahrscheinlich ein Hexenzirkel, die ihr Menü mit einem Applaus begrüßten.
Ein Dinner bei Piscarys war immer ein Event. »Du hast gesagt, wir bleiben nicht lange.«
Ivy drehte sich zu ihm um. Ihre Pupil en vergrößerten sich schon wieder. »Ich habe Hunger. Was dagegen?«
»Natürlich nicht«, murmelte er eingeschüchtert.
Von einem Moment auf den anderen hatte Ivy sich wieder im Griff. Hier würde sie bestimmt nicht vampirisch werden, denn es bestand die Gefahr, dass dadurch bei den anderen Vamps eine Kettenreaktion ausgelöst würde, was Piscary seine Fünf-Sterne-LGP kosten konnte. »Viel eicht können wir uns ja bei jemandem dazusetzen«, meinte sie ungeduldig.
LGP war die Abkürzung für »Lizenz für Gemischtes Publikum«. Sie besagte, dass in diesen Räumlichkeiten ein Blutsaugeverbot bestand. Das war in den meisten Läden mit Alkoholausschank seit dem Wandel Standard. So wurde für die normale »tot heißt wirklich tot«-Bevölkerung eine dringend benötigte Sicherheitszone geschaffen. Wenn zu viele Vampire zusammen waren und einer von ihnen Blut trank, bestand die Gefahr, dass die anderen die Kontrol e verloren. Kein Problem, wenn Vampire unter sich sind, aber ein Ärgernis, wenn der nächtliche Ausflug des Geliebten auf dem Friedhof endet - im besten Fal .
Es gab Clubs und Bars, die auch ohne eine LGP überleben konnten, aber sie machten einen weitaus geringeren Umsatz.
Besonders Menschen gingen gerne in Läden mit einem LGP-Zertifikat, da sie dort beruhigt flirten konnten, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, dass sich ihr Date plötzlich in ein wildes, blutdurstiges Monster verwandeln könnte. Zumindest, bis man im heimischen Schlafzimmer gelandet war, wo wenigstens eine Überlebenschance bestand. Vamps bevorzugten diese Etablissements, weil das Eis hier um einiges leichter gebrochen werden konnte, da der Flirtpartner sich nicht aus Angst vor einem Biss total verkrampfte.
Ich sah mich in dem halb offenen Raum um und entdeckte unter den Gästen nur Inderlander. LGP hin oder her -Glenn erregte Aufmerksamkeit. Die Jukebox war verstummt und leider warf niemand neues Geld ein. Abgesehen von den Hexen in der Ecke und den Tiermenschen im Hintergrund sah ich nur Vampire, die al e Stufen der Sinnlichkeits und Kleidungsskala abdeckten, von leger bis Satin oder Spitze.
Einige der Tische schienen von einer Todestagspartygesel schaft belegt zu sein.
Plötzlich spürte ich einen warmen Atem im Nacken und nahm Abwehrhaltung ein. Nur Ivys leicht besorgter Blick hielt mich davon ab, mich umzudrehen und zuzuschlagen.
Als ich über die Schulter blickte, schluckte ich die bissige Abfuhr, die mir auf der Zunge lag, hinunter. Großartig. Kisten.
Der lebende Vampir war ein Freund von Ivy, und ich konnte ihn nicht ausstehen. Das lag zum Teil daran, dass er Piscarys auserwählter Nachkomme war, sozusagen die rechte Hand des Meistervampirs, die seine Tagesgeschäfte erledigte. Die Tatsache, dass Piscary mich einmal gegen meinen Wil en durch ihn in seinen Bann gezogen hatte, war meiner Sympathie für Kisten auch nicht gerade zuträglich.
Damals hatte ich noch nicht einmal gewusst, dass so etwas überhaupt möglich war. Außerdem war er sehr, sehr attraktiv, was ihn für mich zu einem sehr, sehr gefährlichen Mann machte.
Wenn Ivy die Königin der Finsternis war, dann war Kisten ihr Prinzgemahl - und bei Gott, genau so sah er auch aus.
Kurze blonde Haare, blaue Augen und ein Stoppelbart, der den feinen Gesichtszügen einen Hauch Wildheit verlieh
-insgesamt eine Kombination, die viel Spaß versprach, Sex pur. Heute war er etwas konservativer gekleidet als sonst und hatte die mit Ketten besetzen Bikerklamotten gegen ein geschmackvol es Hemd und eine elegante Hose eingetauscht. Sein vol kommenes Desinteresse an der Meinung anderer war al erdings unverändert. Auch ohne Bikerboots war er, obwohl ich Absätze trug, ein wenig größer als ich. Trotzdem konnte ich in seine Augen sehen, in denen die Alterslosigkeit eines untoten Vampirs schimmerte wie ein Versprechen, das auf seine Erfül ung wartet. Er bewegte sich mit der eleganten Selbstsicherheit einer Katze; gut genug trainiert, um suchenden Fingern etwas zu tun zu geben,
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