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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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ausbreitet, arbeitet mit einem einzigen Anwalt zusammen.«
    »Ich weiß. Antonio Criconia, ein Kollege hier in Padua. Er steckt gerade in einer ziemlich komplizierten Sache.«
    »Ja, der übliche Kokshandel mit den jungen Leuten und den Freiberuflern der Stadt«, präzisierte ich. »Ergebnis einer langen und sorgfältigen Ermittlung …«
    »Komm zum Punkt.«
    »Ich hätte gern Zugang zu den Protokollen der Telefon- und sonstigen Überwachung.«
    Er begriff sofort. »Um zu erfahren, was sie über dich und deinen Partner wissen.«
    »Genau.«
    Er steckte die Gabel in die Tagliatelle und rollte sich einen Bissen auf. »Und ich soll ihn um die Freundlichkeit bitten?«
    »Wir sind bereit, fürstlich dafür zu zahlen.«
    »Ich glaube, er hat anfangs nicht die Nebenwirkungen bedacht, vor allem nicht die Angst, weil er sich vollkommen auf die Verteidigung einer bestimmten Gruppe von Klienten konzentriert.«
    »Er ist nicht der Erste, der diesen Irrtum begeht.«
    »Genau. Ich bezweifle, dass Geld Anreiz genug ist. Er hat Frau und Kinder.«
    »Wir wollen ihm keine Probleme machen, wir wollen nur erfahren, was sie über uns wissen.«
    »Er wird nicht einmal meinem Wort trauen.«
    »Dabei kennt ihr euch gut.«
    »Das stimmt zwar, aber seit einiger Zeit arbeiten wir nicht mehr zusammen. Er weiß genau, dass ich seine beruflichen Entscheidungen nicht billige.«
    »Willst du sagen, dass du ihn nicht einmal ansprechen wirst?«
    »Genau. Es hat keinen Zweck.«
    Plan A war missraten. Jetzt musste ich zu Plan B greifen, das gefiel mir durchaus nicht. Ich wartete, dass die Kellnerin die Teller abgeräumt hatte.
    »Wir können nicht darauf verzichten.«
    Er seufzte. »Bitte, Marco …«
    »Es tut mir leid. Ich weiß, du hörst das nicht gern, aber die Dinge liegen so: Entweder informiert er uns, oder wir müssen Herrn Anwalt Criconia klarmachen, dass er sich vor uns mehr fürchten muss als vor den Kosovaren.«
    »Du denkst, ich höre das nicht gern? Es widert mich an! Ist dir klar, was du da von mir verlangst?«
    Ich nickte. »Wir haben keine andere Wahl.«
    Er stand auf. »Entschuldige bitte, aber mir ist der Appetit vergangen.«
    Jetzt ärgerte ich mich auch. »Wenn du wüsstest, was dahintersteht, würdest du nicht einen auf Schöngeist machen.«
    »Ich bin ein Ehrenmann, und du willst mich zum Überbringer krimineller Drohungen machen.«
    »Wenn du willst, schreibe ich es auf«, provozierte ich ihn.
    Er schickte mich zum Teufel und ging. Ich aß allein weiter und erklärte der Kellnerin, er sei dringend in seine Kanzlei gerufen worden.
    »Ah, als es keine Handys gab, konnte man wenigstens noch in Ruhe essen«, meinte sie.
    Ohne dass ich ihn bestellt hätte, ließ Ubaldo mir einen Jahrgangs-Calvados bringen, seine diskrete Art, mir zu zeigen, dass er mich wiedererkannt hatte. Ich spürte, wie der Branntwein die Kehle hinunter bis in den Magen floss.
    Max La Memoria versteckte sich weiter in Fratta, bei seiner Fahrweise eineinhalb Stunden von Padua entfernt, doppelt so lange wie bei normalen Sterblichen. Ich wartete im Schutz der Arkaden der Piazza dell’Insurrezione auf ihn, außerhalb des Bereichs einer der hundertzwanzig Videokameras mit Rotationsobjektiv und Zoom, die Bilder aus sämtlichen Vierteln in die moderne Überwachungszentrale der Stadtpolizei schickten.
    Zur Abwechslung war es heute kalt und regnerisch. Meine alte Fliegerjacke hätte mich viel besser gewärmt als der elegante Mantel, den ich jetzt trug. Kurz darauf tauchte eine Gruppe kühner Bürger auf der Jagd nach asozialen Elementen auf, begleitet von ein paar Security-Kräften, um sie vor den Jugendlichen der Sozialzentren zu schützen, die sie jedes Mal mit Tritten in den Hintern empfingen. Sie sahen mich von fern und steuerten auf mich zu. Als sie meine Hautfarbe und meine elegante Kleidung erkannten, drehten sie ab, ihr offensichtlicher Anführer grüßte mich leise und warf mir einen Blick zu in der Hoffnung auf ein wenig Anerkennung oder Dankbarkeit. Ich tat so, als wäre ich mit meinem Handy beschäftigt. Die hatten mir gerade noch gefehlt.
    Padua wurde kreuz und quer von solchen Patrouillen und »Bürgerwehren« durchstöbert, wie sie in der Zeitung genannt wurden, und es gab immer mehr Uniformierte.
    Unter dem Vorwand, die Stadtviertel von Dealern und Huren zu befreien, dienten diese Patrouillen vor allem dem Ziel, Wählerstimmen zu gewinnen und die Jagd nach Illegalen vorzubereiten, die bald mit Verabschiedung des Sicherheitspakets offiziell eröffnet

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