Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)
bewusst, dass sie ihn wütend machte, doch sie konnte nicht anders. Zu vieles hatte sich angestaut, seit er ihr vor Jahren den Rücken zukehrte. Sie wollte, dass er genauso litt wie sie, dass dieser eiskalte Mistkerl etwas empfand, irgendetwas. Und da dies ihre erste Unterhaltung seit zehn Jahren war, verwunderte es gewiss niemanden, wie gründlich sie schiefging.
Callia konzentrierte sich auf seine Augen, die sich zusehends verfinsterten, und fühlte sich ein klein wenig besser, weil er endlich eine Gefühlsregung zeigte, auch wenn es sich um Wut und Verachtung handelte. »Natürlich kannst du dir die Unannehmlichkeit dieser Untersuchung ersparen, indem du schlicht zugibst, impotent zu sein.«
»Das würde dir gefallen, nicht wahr?«
»Nein«, entgegnete sie ernst. »Mir würde es gefallen, dies hier hinter mich zu bringen und zu gehen. Anders als du vielleicht glauben magst, Zander, dreht sich meine Welt schon lange nicht mehr um dich. Und jetzt zieh dich aus, oder ich sage dem König, dass er jemand anderen auswählen soll.«
Viertes Kapitel
Es gab Zeiten, in denen bittere Kälte ein Genuss sein konnte, weil zu frieren bedeutete, dass man noch am Leben war. Für Max war dies kein solcher Moment.
Er starrte zu dem zweieinhalb Meter großen Monster auf, das vor ihm stand. Blut, Schweiß und anderes, über das er lieber nicht nachdenken wollte, liefen ihm über die hässliche Fratze. Der Schauer, der Max durchfuhr, war teils den nordischen Oktobertemperaturen nahe null, teils der Angst geschuldet, die jede Faser seines kleinen Körpers erfasste.
Angetrieben von einer unsichtbaren Kraft, sprang Max zwischen die Beine des Dämons, schwang seine Klinge und hieb sie tief in dessen Oberschenkel. Mit einem Aufheulen ließ das Monster sein eigenes Schwert fallen und sank halb auf die Knie. Blut sprühte aus der anscheinend verwundeten Schlagader, bespritzte Max und den Boden um ihn herum. Max wurde schlecht, doch er holte erneut mit dem Schwert aus, bereit zum nächsten Schlag, um das hier zu beenden. Der Drang, seinen Gegner zu vernichten, war stärker denn je.
»Gut, gut, Maximus«, hallte Atalantas Stimme in seinem Ohr. »Lass dich von deinem Hass leiten. Erledige ihn. Bohr deine Klinge in seine Brust und enthaupte ihn, auf dass seine Seele für alle Ewigkeit zum Hades gejagt wird.«
Er wollte ja. Seine Muskeln verlangten schmerzlich danach, zu töten. Dennoch bewirkte der Stolz, den er in Atalantas Worten hörte, dass er innehielt.
Das Monster blickte auf, nun von Angesicht zu Angesicht mit Max. Da war Furcht, echte Furcht vor dem, was ihm geschehen könnte. Und in diesem Moment sah Max sein Spiegelbild in den Augen des anderen. Er sah das wochenlange Training, die Jahre der Hoffnungslosikeit und seinen eigenen Kampf ums schiere Überleben. Und er sah, dass Atalanta gewann.
Max warf sein Schwert ab und stolperte zurück. Es war ihm unmöglich, seinen Blick von dem Dämon vor ihm abzuwenden. Sie tauschten eine Art stumme, gegenseitige Respektsbekundung aus, und die Miene des Dämons signalisierte etwas wie Dank. Aber wahrscheinlich war es eher Erleichterung. Morgen hätte er sich wieder von seinen Wunden erholt und wäre bereit, Max abermals anzugreifen. Dann ginge der Kampf bis in den Tod.
»Weichling!« Atalanta rauschte an Max vorbei, hob sein Schwert auf und rammte es in die Dämonenbrust. Das Monster riss seine Augen weit auf, wollte nach der Waffe greifen, doch da zog Atalanta sie schon aus seinem Leib, holte aus und enthauptete die Bestie mühelos. Der groteske Kopf polterte unmittelbar vor dem Körper auf den Boden.
Max beobachtete alles, lief nicht weg, hielt nicht einmal den Atem an. Er hatte sie schon töten gesehen und würde es auch künftig wieder.
Nun drehte sie sich zu ihm um, beugte sich vor und kniff die nachtschwarzen Augen halb zu. »Ich bin deine Menschlichkeit leid, Maximus. Töten oder getötet werden, das ist die Welt, in der wir leben. Je eher du dich damit abfindest, umso früher kannst du deinen Platz an meiner Seite einnehmen.«
Sie war groß, annähernd zwei Meter, schätzte er, und mit ihrem pechschwarzen, hüftlangen Haar, der schneeweißen Haut, den dunklen Augen und den hohen Wangenknochen hätte manch einer sie gewiss hübsch gefunden. Max nicht. Aus der Nähe duftete sie nach Honig und Zuckerwatte, aber Max wusste, wie tödlich sie war. Ihre Schönheit war eine Maske, ihr Inneres hingegen so krank und verkorkst wie das der Dämonen, die ihr als Armee dienten. Und ihr
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