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Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Bann der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Naughton
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Stachel war giftiger als der eines Skorpions.
    »Ja, Maximus«, flüsterte sie. Ein zartes Lächeln trat auf ihre Züge, als sie sich noch näher zu ihm neigte. »Ich fühle deinen Hass auf mich. Du willst um dich schlagen, mir wehtun, aber du kannst nicht, weil ich deine Matéras bin. Nähre dieses Gefühl, Yios , nähre und lenke es auf diejenigen, die mich geschaffen haben. Jene, die für dein gegenwärtiges Elend verantwortlich sind. Du weißt, dass die Argonauten die Wurzel allen Übels sind.«
    Das Wort »Argonauten« sprach sie so nahe an seinem Ohr, dass dabei ihr heißer Atem über seinen Hals strich, unter den Kragen seines dünnen Hemds kroch. Die Übelkeit, gegen die er angekämpft hatte, stieg ihm in die Kehle, und er musste schlucken.
    Mit triumphierender Miene richtete sie sich wieder auf. Allerdings war da neben ihrem Triumph auch Ekel, weil er sie abermals enttäuscht hatte.
    Er starrte sie an, hielt den Blickkontakt, denn täte er es nicht, würde sie es als ein weiteres Zeichen von Schwäche auslegen. Sie hatte recht: Er hasste sie und wollte ihr wehtun. Was ihn davon abhielt, war jedoch nicht die Tatsache, dass sie seine Mutter war. Nein, es war jene Menschlichkeit in ihm, die Atalanta so sehr hasste und die sich nicht brechen ließe, solange er atmete.
    Seine Mutter richtete sich in ihrem bodenlangen roten Gewand zur vollen Größe auf und blickte auf ihn herab. Mit ihrer makellosen Hand wies sie zur Festung auf der anderen Seite des kargen Feldes. »Geh jetzt, bevor ich es mir anders überlege und Thanatos erlaube, sich mit dir zu vergnügen.«
    Obwohl er am liebsten gerannt wäre, drehte Max sich um und schritt betont ruhig über das gefrorene Feld, erhobenen Hauptes und mit gestrafften Schultern. Als er den riesigen Holzbau erreichte, flitzte er um die Ecke zum Dienstboteneingang hinten. Er kannte seinen Platz. Der größte Teil von Atalantas Armee war in der Kaserne im Wald untergebracht; dahinter ragten steile Berge auf. Einige »Auserwählte« residierten bei Atalanta im großen Haus: Thanatos, ihr Erzdämon, ein paar Bedienstete und Max.
    Er betrat das Haus durch die Küche und stieg leise die wacklige Hintertreppe zum dritten Stock hinauf. Dieses gewaltige Haus hatte eher etwas von einer Wildhütte, war aber immer noch eine deutliche Verbesserung gegenüber der Unterwelt. Dort hatte Max nicht einmal sein eigenes Reich gehabt. Hier war es zwar durchgehend eiskalt, so dass seine Zehen gar nicht mehr aus ihrer Taubheit erwachten, doch zumindest hatte er mehr als eine Ecke, die er sein Eigen nennen konnte.
    Nachdem sie aus Gründen, die Max nicht begriff, von Hades verbannt wurden, hatte Atalanta ihre Armee in diese bewaldete Einöde im Norden von British Columbia verlegt. Warum sie hier waren, wusste Max indes, nämlich weil es hier so einsam war. Außerdem wusste Max, dass dieses Haus und das Land drumherum früher einmal einem Ölbaron gehörten, der irgendwo in Alaska ein Vermögen gemacht hatte. Der Mann war nun tot, und die grausamen Einzelheiten seiner Verstümmelung blieben Max dank Thanatos lebendig im Gedächtnis. Die Leute aus der nahen Siedlung Fort Nelson hatten keine Ahnung, dass eine Halbgöttin aus der Unterwelt bei ihnen wohnte. Keinem von ihnen war bewusst, dass sie bald sterben würden, oder dass die Frau, die hier wohnte, einen Rachefeldzug plante, mit dem sie die Weltherrschaft an sich reißen wollte.
    Max schmerzten die Oberschenkel, als er im dritten Stock ankam. Nach dem Kampftraining war er so müde, dass er kaum mehr geradeaus sehen konnte. Am Ende des langen Korridors, der das Stockwerk in zwei Hälften teilte, öffnete Max eine knapp einen Meter hohe Tür und duckte sich hindurch. Drinnen kletterte er eine staubige Holzleiter hinauf, bis er den Dachboden erreichte. Erst dann seufzte er erleichtert.
    Am hinteren Ende des Bodens lockte sein Strohlager. Die schmutzigen runden Dachfenster gingen auf den überfrorenen, goldbraunen Trainingsplatz hinaus, nur sah Max gar nicht hin. Das tat er nie. Für ihn dienten die Bullaugenfenster einzig dem Zweck, Tageslicht in den schäbigen Raum zu lassen.
    Er war schmutzig, voller Blut und Schweiß und brauchte dringend eine Dusche, doch die musste warten. Zuerst wollte er Trost, und den konnte ihm nur eine Sache spenden.
    Er durchquerte den Raum. Die Decke auf seinem Lager war entfernt worden – gewiss von einem Untergebenen Atalantas, der die Szene draußen mitangesehen hatte. Es war die Strafe dafür, dass er den Dämon nicht

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