Banyon, Constance - HG 032 - Bittersüße Jahre der Sehnsucht
sollen, Damon. Aber nein, Sie haben mich einfach abgeschoben und vergessen.“ Bitterkeit klang in diesen Worten mit. „Ob ich etwa einsam wäre oder Heimweh hätte, berührte Sie nicht. Sie fanden es nicht der Mühe wert, auch nur einen meiner Briefe zu beantworten.“
„Das ist geradezu lächerlich. Soviel ich weiß, habe ich dafür gesorgt, daß es Ihnen an nichts fehlte. Nie habe ich Ihnen einen Wunsch abgeschlagen. Sie hatten alles, was Sie nur wollten. Und da kommen Sie und behaupten, ich hätte mich nicht um Sie gekümmert.“
„Ja, Sie haben mir nichts verweigert. Aber es war das Erbe meines Vaters, von dem ich mir alles leisten durfte, und hatte nichts mit Ihnen zu tun. Ein persönliches Opfer haben Sie nicht gebracht. Ihr Mr. Bartholomew war mir eher Vormund als Sie, Damon.“
Er senkte den Blick. „So ist es, es war kein Opfer für mich.“
Royal hatte nicht die Absicht gehabt, sich mit Damon Routhland zu streiten. Bestürzt erkannte sie, wie er ihr entglitt. Dabei sehnte sie sich so sehr danach, daß er sie wieder anschauen sollte wie in jener Nacht nach dem Ball. Das würde wohl nie mehr geschehen. Durch das törichte Versteckspiel hatte sie ihn für immer vor den Kopf gestoßen. Damon Routhland fühlte sich von ihr getäuscht.
Er aber suchte immer noch nach einer Antwort auf die drängendste aller Fragen. „Warum haben Sie mir diese Komödie aufgeführt, Royal? Was ist nur in Sie gefahren, sich so kokett zu benehmen?“ Sein Blick wurde streng. „Ich kann nur hoffen, daß Sie sich sonst Männern gegenüber anders verhalten.“
„Natürlich habe ich mich niemals einem anderen Mann gegenüber so benommen, im Gegenteil.“ Sie warf den Kopf stolz in den Nacken. „Sie können doch nicht eine solch niedrige Meinung von mir haben?“
„Ich hatte sogar immer eine sehr hohe. Sie dagegen haben sich damit erniedrigt, haben sich zur … leichtfertigen Verführerin gestempelt.“
Jedes dieser Worte traf Royal Bradford wie ein Dolchstoß. „Ich hatte anfangs nicht die Absicht, aber Sie haben mich nicht wiedererkannt, und ich war so verzweifelt, Damon.“
„Sie erwähnten, daß Sie etwas von mir wollten. Wäre es nicht langsam an der Zeit, mir endlich zu verraten, um was es sich dabei handelt?“
„Ich hatte gemeint, sobald Sie mir geholfen hätten, würde ich nach England zurückkehren und Sie niemals wiedersehen. Heute mußte ich Ihnen einfach die Wahrheit sagen. Glauben Sie mir, Damon, ich lüge nicht gern und schon gar nicht leichtfertig. Vor allem nicht bei einem Menschen, der mir so viel bedeutet wie Sie.“
„Ist es Ihnen nicht in den Sinn gekommen, mich offen um Hilfe zu bitten? Wann habe ich Ihnen etwas verweigert, Royal?“
Ihr stieg die Schamröte ins Gesicht. „Ich weiß jetzt, daß ich das hätte tun sollen. Deshalb bitte ich Sie, Damon. Wären Sie bereit, Ihren großen Einfluß für mich geltend zu machen, um einem Mann die Freiheit zurückzugeben, der gefangengehalten wird, einem … Engländer?“
In seinen Augen flackerte von neuem Zorn. „So hatte ich doch recht mit meiner ersten Vermutung. Wegen Ihres Liebhabers sind Sie zu mir gekommen.“ Wie konnte sie es wagen, ihn als Mittel zu benutzen, um einem anderen Mann zu helfen?
Royal hob mit einer flehenden Gebärde die Hand und ließ sie wieder sinken. „An wen sonst hätte ich mich wenden können, Damon, wenn nicht an Sie?“
„Was bedeutet Ihnen dieser Mann?“ fragte er rauh.
„Er … er bedeutet mir viel. Er bat mich, seine Frau zu werden.“
Eine Weile herrschte bedrückendes Schweigen.
Royal senkte die Lider. „Werden Sie mir helfen, Damon? Ich bin so verzweifelt.“ Wieder wagte sie sich einen Schritt näher.
Damon Routhland blickte aus dem Fenster. Regentropfen liefen über die Scheibe. Mit hängenden Schultern sagte er düster: „Ich habe Sie als Amerikanerin nach London geschickt, und nun reden Sie unseren Feinden das Wort.“ Heftig warf er den Kopf in den Nacken. „Was fällt Ihnen ein, von mir zu verlangen, daß ich mich für einen Briten einsetze? Erwarten Sie etwa, daß ich gegen alle Grundsätze handele?“
„Ich habe nicht daran gedacht, daß es gegen Ihre Überzeugung gehen könnte. Es tut mir leid. Aber …“
„Aber Sie bitten mich immer noch, es für Sie zu tun.“
Flehend streckte sie die Hand aus. Doch Damon Routhland trat zurück und wich ihrer Berührung aus.
Nach einer Weile begann Royal von neuem: „Damon, nur Sie können mir helfen. Immer habe ich Trost darin gefunden, daß es
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