Baphomets Bibel
berühren. Seine Arme waren ihm schwer geworden, und so tat er das einzig Richtige in seiner Situation. Er legte die wertvolle Bibel behutsam auf den Tisch, von dem er dann zurücktrat.
Tief atmete er aus. In seinem Kopf schwirrten die Gedanken, doch er wusste nicht, worüber er nachdenken konnte. Da stürmte einfach zu viel auf ihn ein, und er kam sich vor wie weg vom Fenster.
Van Akkeren umrundete den Tisch und schaute dabei auf das Buch.
Die langen Finger waren dabei, sich wieder zurückzuziehen. Ein fast ebenso großes Phänomen wie das Erscheinen, doch hier atmete der Grusel-Star auf. Er war froh, dass er diese Offenbarung ohne körperlichen Schaden überstanden hatte.
Sekunden später sah das alte Buch wieder völlig normal aus, so wie er es kannte.
Van Akkeren wusste nicht so direkt, wie er sich fühlen sollte. Er ließ sich schließlich in einen Sessel fallen, in dem er tief einsank. Den Blick richtete er über die Längsseite des Tisches hinweg.
Er merkte, dass seine Lippen trocken geworden waren und leckte mit der Zunge darüber hinweg. Das Tuckern im Kopf nahm er hin. Er dachte nur darüber nach, wie es weitergehen sollte. Der große Optimismus war schon einer gewissen Nachdenklichkeit gewichen. Dass er der Besitzer des Buches war, darüber hatte er sich wahnsinnig gefreut, nun aber kamen noch die Pflichten hinzu, und mit denen hatte er so seine Probleme.
Er war davon ausgegangen, dass ihm dieses Buch weiterhelfen würde. Den Weg öffnen zu neuen Zielen. Träume und Albträume der Menschen wahr werden zu lassen.
Aber wie?
Er hatte das Buch noch nicht aufgeschlagen. Das würde noch passieren, doch jetzt spürte er Furcht davor. Oder mehr eine gewisse Unsicherheit.
Es lag wieder so harmlos auf dem Tisch. Mit der Vorderseite zu ihm gewandt. Er konnte auf den hässlichen Schädel des Baphomet schauen, auf diese grinsende Fratze mit den gedrehten und flach liegenden Hörnern. Er sah das breite Maul und glaubte, dass es sich inzwischen zu einem Lächeln verzogen hatte.
Wie bei Baphomet!
Er rief sich die Bilder in Erinnerung. Ja, alle Bilder und alle Figuren, die den Dämon mit den Karfunkelaugen darstellten, zeigten ein zu einem widerlichen Grinsen verzerrtes Maul, bei dem die Lippen scharf wie Messerrücken aufeinander lagen.
Van Akkeren griff in die Innentasche seines eleganten Jacketts und holte ein blütenweißes Tuch hervor. Damit tupfte er den Schweiß von der Stirn. Schließlich atmete er tief durch und erhob sich mit einem Ruck.
Warum sollte ich Furcht vor dem Buch haben?, dachte er. Es gehört mir. Ich habe es gefunden. Ich habe das gefunden, was die Templer beim letzten Bau der Kathedrale versteckt haben, und ich bin froh darüber, dass es mir in die Hände gefallen ist. Ich muss nur noch lernen, es zu beherrschen. Auch das wird mir gelingen.
Er zog das Buch zu sich heran. Dann hob er es an. Er kam sich dabei vor wie ein Schauspielschüler, der etwas völlig Normales nachspielen sollte, was ihm allerdings schwer fiel.
Van Akkeren hob es an!
Es war schwer wie immer, und er nahm es mit bis zu seinem Sessel. Dort legte er die Bibel auf seine Oberschenkel und strich abermals mit zarten Fingerkuppen über das Leder.
Es war so weich, so schmeichelnd. Eigentlich ein kleines Wunder in sich selbst.
Er klappt es auf. Für diese Zeitspanne hielt er den Atem an. Für ihn war es eine Premiere. Aber er musste und wollte sehen, was sich zwischen den Deckeln verbarg.
Eine leere Seite!
Die Enttäuschung war schon vorhanden, und so blätterte er behutsam weiter. Das Papier war recht dick. Auch nicht mehr glatt. Es warf Wellen. An manchen Stellen zeigte es beige und braune Flecken, und trotzdem war es noch gut erhalten. Die Seiten klebten nicht aufeinander. Man konnte sie gut voneinander trennen.
Das tat er wieder mit seinen vorsichtigen Bewegungen. Dabei lauschte er dem leisen Knistern, entdeckte jedoch keine Risse im Papier und war froh darüber. Die Templer damals mussten die Seiten so behandelt haben, dass sie lange überlebten.
Plötzlich zuckte er zusammen. Auf der folgenden Seite sprang ihm das Bild förmlich ins Auge.
Das war er. Und das war sie – die Fratze des Baphomet!
Van Akkeren saß plötzlich still. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Alles war für ihn anders geworden. Seine Augen fingen an zu glänzen, die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, denn erst jetzt hatte er das Gefühl, richtig zu sein.
»Baphomet...«
Den Namen sprach er voller Ehrfurcht aus. In seine
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