Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
den Kopf. »Bis jetzt nicht. Wir sind aber einer anderen Sache auf der Spur. Es sieht so aus, als ob eine dieser seltsamen Zerfallssubstanzen die andere abstößt. Das heißt, vielleicht finden wir da etwas, das Befallene nicht heilen kann, aber bisher nicht Betroffene vorbeugend immunisiert.«
Lydia Hsiang erhob sich. »Das wäre immerhin ein schwacher Trost«, sagte sie. »Bisher dürfte etwa ein Zehntel der Bevölkerung des Planeten betroffen sein. Wenn den an deren zu helfen wäre …«
Fünf Stunden nach ihrem Abendbesuch im Laborschiff hatte die Gouverneurin sich zur Ruhe begeben, als die Assistentin sie bat, ein Gespräch entgegenzunehmen.
Es war Mugadisk; erschöpft und mit einem Ausdruck des nackten Terrors in den Augen. Hsiang spürte, wie ihre Fin ger sich selbständig machten und um die Armlehnen krallten.
»Bei höherer Temperatur«, sagte Mugadisk ohne Vorre de, »bildet sich ein weiterer Stoff. Stoff für Alpträume, Exzellenz. Infektion wie gehabt: Berührung, Einatmen, Nahrungsaufnahme. Der Simulation zufolge sieht die Wirkung so aus.« Er ratterte eine Serie medizinischer Fachbegriffe herunter.
Hsiang hob die Hand. »Langsam, langsam. So schnell komme ich nicht mit. Fassen Sie das doch verständlich zusammen, Mann! Was war das mit Schwellungen?«
Mugadisk holte tief Luft. »Ja. Also. Zwei bis vier Tage nach der Infektion schwellen Drüsen und vermutlich etliche Organe an. Genau wissen wir das noch nicht. Blut und Lymphe zersetzen sich, werden in die oberen Gewebeschichten geschwemmt und bilden Beulen. Diese bersten und sekretieren eine üble Flüssigkeit. Exitus erfolgt durch Vergiftung des gesamten Organismus und gleichzeitige Or ganrupturen.«
Die Gouverneurin zog den Kaftan enger um sich, als ob sie fröre. Mühsam brachte sie schließlich eine Frage heraus: »Halten Sie es bei den begrenzten Möglichkeiten auf Shilgat für denkbar, daß dieses Zeug wohl in Ihren Labors, nicht aber in Gashiri produziert werden kann?«
Mugadisk sah sie traurig an. »Madame, die Substanz bildet sich bei etwa 420°. Wenn diese Anarchovegetarier 350° Hitze erzeugen können, was kaum ein Problem sein dürfte, dann schaffen sie den kleinen Sprung auch.«
»Könnte jemand von Natur aus dagegen immun sein?«
Mugadisk begriff die eigentliche Frage. »Nein, Exzellenz. Wenn Gashiri diesen Erreger empirisch gefunden hat – je mand spielt mit dem Ambra herum, zum Beispiel, und wird krank, und wenn sich das wiederholt, kann man ein Gesetz daraus ableiten –, also, wenn die wissen, was sie da in der Hand haben, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie sind zufällig darauf gestoßen, es gerät ihnen aus der Hand und sie gehen selbst daran zugrunde, oder sie können es kontrollieren und als Waffe einsetzen, dann müssen sie ein Gegenmittel haben. Oder – aber das wäre absurd. Oder sie löschen bewußt den ganzen Planeten und sich selbst aus.«
»Finden Sie etwas. Ganz schnell.«
Mugadisk breitete die Arme aus.
32. Kapitel
Der Wagen rollte langsam aus der Halle der Golgit-Station. Learoyd klammerte sich an den Haltegriff neben der Tür. Er hatte seinen Beutel an einen weiter links angebrachten Griff gehängt und starrte abwechselnd ins Wageninnere, dann wieder auf die Bremsklötze rechts von ihm.
T’unga seufzte und nickte dem Obmann zu; der Shil zuckte mit den Achseln und ging zurück zu den anderen. Als er die Plattform verließ und zu den Wohngebäuden hinabstieg, traf eine weitere Truppe von Frauen und Männern mit Bogen, Degen und Pike ein.
Die Besatzung der Station lag nun bei fast 800, und es würde schwierig werden, alle auf dem kleinen Hochplateau unterzubringen. Nicht zu reden von Nahrungsmitteln. Bintiq überlegte nicht lange. Er stieg hinunter und versammelte die Sprecher der Freiwilligen.
Die Berge des nördlichen Golgit-Landes überzogen sich mit Wolkenschatten. T’unga hockte am Ende der Plattform, schon unter freiem Himmel. Er sah dem davonrollenden Wagen nach; ein erster Regentropfen streifte seine Nase. T’unga wischte ihn ab, starrte in den Himmel, als wolle er ihn mit Beleidigungen bewerfen; dann schnaubte er und schaltete das Funkgerät ein.
Es dauerte eine Weile, bis er Sarela McVitie persönlich sprechen konnte.
Er schilderte den Vorfall, gab Learoyds Beschreibung des Sarges samt Inhalt durch und sagte schließlich: »Terence hockt auf dem Trittbrett. Er wird den Wagen bald abbremsen. Ich nehme an, auf einem Hügel, der ihm später die Weiterfahrt in beide
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