Barakuda der Wächter 03 - Die Freihändler von Cadhras
Definition.‹ Es gibt eine passierbare Fahrrinne, und sie ist durch ein Wrack blockiert.«
»Wie lange müssen wir denn hier liegen und den Sturm ausreiten?«
»Bis ich oder ein Kommunarde vom anderen Fort erkläre, daß die Rinne frei ist.«
»Trotz des Wetters? Können wir nicht wenigstens in den Hafen und an Land kommen?«
»Ausgeschlossen. Seien Sie froh, daß Sie nicht so unter dem Wetter zu leiden haben wie ich.« Der Inspektor deutete auf eine besonders üble Schwellung an seinem Handgelenk. »Kurz nachdem der Sturm und die Feuchtigkeit begonnen haben.«
Lydia Hsiang überflog die Niederschrift von Bondaks Funkmeldung – ein Kahn mit unbekannter Ladung sei in der Mündung gekentert, man warte auf Wetterbesserung und Landeerlaubnis.
Eine Weile starrte sie den Zettel an. Etwas bohrte in ih rem Hirn – so als enthalte die Meldung geheimnisvolle Informationen, die einem Teil ihres Verstandes keine Geheimnisse, sondern wichtige Erkenntnisse seien. Plötzlich begriff sie. Der Arbeitsraum mit den alten, schweren und doch feinen Möbeln aus allen Gegenden von Shilgat drehte sich um sie. Sie stand langsam auf und ging mit schleppenden Schritten über den Korridor. Sie hatte das Gefühl, in den weichen Teppichen wie in Morast zu versinken und kaum vorwärts zu kommen.
Im Funk- und Rechnerraum setzte sie sich an den Termi nal und formulierte einige Fragen. Die Antworten kamen sehr schnell.
Die Gouverneurin aktivierte das Visifon und rief die Sicherheitszentrale im Tower. Sarela McVitie meldete sich sofort; sie wirkte übermüdet.
»Hören Sie zu«, sagte Hsiang knapp. »Vor einiger Zeit hatte ich einen Forschungsbericht über Meeresströmungen auf dem Schreibtisch.« Sie faßte zusammen, verwies auf Bondaks Bericht und musterte McVities Miene. »Sehen Sie? Wenn unser Verdacht stimmt und es sich bei der Welle von Fehlgeburten nicht um eine zufällige Seuche, sondern um eine biologische Waffe handelt – welche bessere Möglichkeit der Verbreitung gäbe es? Man braucht nur das Zeug zum Beispiel in den Gashigar zu schütten, der spült es ins Meer, die Strömung nimmt es auf und verteilt es an allen Küsten des Binnenmeers.«
Sarela rieb sich die Augen. »Wunderschön, Exzellenz. Und was machen wir? Wir haben nur zehn Gleiter und ein Beiboot zur Verfügung. Von der Blockadeflotte« – sie deutete in den Himmel – »können wir niemanden anfordern, wenn wir nicht das ganze Commonwealth kontaminieren wollen.«
Die Gouverneurin lächelte bitter. »Das stimmt. Aber wir können vielleicht ein paar robotgelenkte Gleiter oder Flugpanzer bekommen, die hinterher zu vernichten sind. Ich spreche mit dem Subsekretär. Das einzige, was wir im Mo ment tun können, ist hoffen. Und eins noch – sprechen Sie mit Gortahork. Er soll alle Flußmündungen abschirmen.«
29. Kapitel
Toyami kauerte zwischen den Wasserfässern auf der Ladefläche. Die Kontrolle am Tor war oberflächlich. Sie hörte Stimmen. Dann rollte der Karren weiter. Nach einiger Zeit klopfte Lanshi auf das vordere Faß, und sie streckte den Kopf heraus.
Sie befanden sich innerhalb des abgegrenzten Bereichs, zwischen langgestreckten Gebäuden. Lanshi lenkte den Karren zu einem Schuppen am Ende des Areals. Im Abendlicht sah Toyami den Drahtzaun, hinter dem die Wüste lag. Ei gent lich war eine Abschirmung überflüssig; wer sollte versu chen, in die lebensfeindliche Öde zu fliehen?
Zwischen zwei Schuppen drehte Lanshi den Kopf und nickte ernst. Erwartung und Angst spielten auf dem entstellten Gesicht. Toyami hob knapp die Hand; dann glitt sie vom Wagen und verschwand im Schatten.
Sie wartete, bis es dunkel geworden war. Oberirdisch hielten sich nur Sklaven und Ordner auf; alle wichtigen Dinge, so hatte Lanshi ihr bedeutet, geschahen unter der Oberfläche. Die ausgedehnten Gebäude waren in der Mehrzahl Sklavenunterkünfte und Lagerhäuser; die Leiter der Zentrale lebten in der Tiefe.
Toyami trank einen Schluck Wasser. Ihr leerer Magen verlangte nach fester Speise, aber sie verzichtete darauf, die kleine Menge an Körnern und Obst, die Lanshi ihr hatte überlassen können, anzugreifen. Sie befürchtete, in den nächsten Stunden unausgesetzt auf der Hut sein zu müssen; daher konnte sie es sich nicht erlauben, nun noch etwas zu essen und dann im ungünstigsten Moment Ausschau nach einer Latrine zu halten.
Schweren Herzens trennte sie sich von der Jacke. Das zerschnittene Lederding war nicht mehr so fest anzuziehen, daß nicht irgendwo Teile
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