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Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Titel: Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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jeweils ein großes lappiges Blatt. Kurz vor den Reitern schien ein Blatt ausgebeult zu sein; es war jenes, auf das Talsilaq deutete. Als sie fast darunter waren, sahen sie, daß die Beule der Kopf einer blattfarbenen Schlange war. Talsilaq zog den Bogen aus seinem Bündel, stellte sich in den Steigbügeln auf und berührte das Blatt mit dem Holz. Die Schlange ließ sich fallen, ringelte sich auf dem Weg zusammen und verschwand blitzschnell im Sumpf. Das Blatt war dort, wo sie gelegen und gelauert hatte, gerillt.
    »Die Biester sondern eine ätzende Flüssigkeit ab, mit der sie die Beute töten oder, bei größeren Tieren und Menschen, betäuben. Dann essen sie sie.«
    »Also deswegen schaust du dauernd nach oben.« Baraku da schlug den Kragen hoch und setzte den Lederhut wieder auf, den er in den Nacken geschoben hatte.
    Als es dunkel wurde, begannen die Spitzen der Markierungsstäbe grünlich zu glitzern. Sie waren mit einer phosphoreszierenden Flüssigkeit bestrichen.
    »Wer reitet oder läuft denn nachts hier unter den Schlangenbäumen lang?« T’unga verzog das Gesicht. Sie alle fühlten sich unwohl.
    Talsilaq hob die Achseln. »Wir, im Moment. Und irgendeinen Sinn wird die Markierung schon haben.«
    Sie hielten Ausschau nach einem Rastplatz, aber soweit überhaupt noch etwas zu sehen war, gab es nur Sumpf, den schmalen Weg und die »Schlangenbäume«.
    Müde ritten sie immer weiter, auf müden Pferden. Plötzlich verbreiterte sich der Weg; durch das dunstige Dunkel, das bestenfalls auf 40 0 C abgekühlt war, sahen sie Lichter.
    Die Shil, die hier auf einer Sumpfinsel lebten, wirkten beinahe mondän; Barakuda, der in dieser Umgebung eine Gruppe mit bizarren, hermetischen Weltfantasien erwartet hatte, war fast enttäuscht, als man den Männern Unterkunft und Bewirtung in Pfahlhütten anbot. Die Pferde wurden auf eine von Palisaden umgebene Weide getrieben, auf der eini ge der unvermeidlichen P’aodhus grasten.
    Von der Dorfältesten hörten sie, am vergangenen Abend seien waghalsige Nachtreiter vorübergekommen, neun an der Zahl. Sie hätten ein kurzes Mahl zu sich genommen, Hü te gekauft und seien weitergeritten.
    Was es mit den Hüten auf sich hatte, sahen sie am Morgen. Es handelte sich um Kopfbedeckungen, die sich nach oben zu fast einen Meter durchmessenden Scheiben verbreiterten; an der Oberfläche waren sie mit winzigen scharfen Nägeln besetzt. »Gut gegen Schlangen«, sagte ein alter Mann lakonisch.
    Das Dorf lebte unter anderem durch den Verkauf von Silber- und Eisenfolien nach Golgit. Irgendwo in den Tiefen der heißen Sumpfteile wurden die Metalle aus dem Boden gekocht und stiegen an die Oberfläche, wo sie erkalteten und Folien bildeten. Da der Sumpf zu zäh für Boote und zu weich für Fußgänger war, hatten die Shil ein besonderes Fortbewegungsmittel entwickelt: Sumpfräder. Auf einen fünf Meter durchmessenden Doppelrahmen aus Schilf, Bambus und leichtem Hohlholz wurden breite, dünne Hartholzbretter gebunden. Die Erz-Ernter gingen damit wie auf Panzerketten über den Sumpf; es gab sogar Wettrennen. Die tsaldans genannten »Tausendfüßler«, versicherten die Leute, hausten tiefer im Sumpfland, nicht so nah am Rand, wo zu viele Menschen lebten. »In den nächsten Tagen, bis ihr den Sumpf verlaßt, werdet ihr genug tsaldans zu sehen bekommen.« Acht Tage würden sie wohl brauchen, um das Sumpfland zu durchqueren, aber überall gebe es gastliche Inseln. Acht Tage für einen Fußgänger, genauer; man solle aber mit dem Galoppieren vorsichtig sein, da der Weg dies nicht immer zulasse – man könnte leicht versinken.
    Nach Barakudas Meinung handelte es sich um trostreiche Auskünfte; der Trost darin erschien ihm jedoch zweifelhaft. Immerhin: Dante hatte gut und fest geschlafen und fühlte sich einigermaßen fähig, weiterzureiten. Innerlich war er auf die Reise ohnehin gut eingestimmt, und das Ziel, Verfolgung und Rache, rückte weiter fort, wurde zweitrangig. Im Moment zählte, daß er eine gewisse Verwandtschaft empfand; das dunstige, schwüle, feindselige Sumpfland war ein ziemlich getreues Abbild seines Gemüts.
    Nachdem sie sich für Gastfreundschaft und die Überlassung von Schlangenhüten mit Foldar bedankt hatten, sattelten sie die Pferde und brachen auf.

 
4. Kapitel
     
    Zwischen den Hügeln, die das Sumpfland vom Dschungelgürtel trennten, gab es Gras, eine Quelle und Lagerspuren. Barakuda traute den AVs alles zu; er schöpfte Wasser in den Analysator und war erst beruhigt, als die

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