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Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Titel: Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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werden kann. Oder will.
    … Mit Hilfe eines primitiven Lügendetektors ermittelt der ›Auditor‹ genannte Inquisitor die Schwachstellen des Kandidaten, sagt sie ihm auf den Kopf zu und liefert eine Erklärung, die sowohl erleichtert als auch weiter ködert, da sie neugierig macht und das metaphysische Bedürfnis befriedigt: Die Schwachstellen seien Resultat von Engrammen, die durch Schlimmes in früheren Leben auf der Seele hinterlassen worden sein sollen. Klartext: ›Du selbst bist unschuldig an deinen Macken, und wir können dir helfen, sie zu überwinden. Du bist nur begrenzt verantwortlich.‹ Mit der Verantwortung wird auch das selbständige Denken abgegeben.
    … Am Ende des Kursus (in dem man z. B. angeblich neue Tricks griechischer Rhetoren der Antike lernt) stellen die Kandidaten fest, daß sie tatsächlich etwas Hilfreiches gelernt haben und steigen natürlich in den nächsten Kursus ein – der teurer ist. Sie bringen Geld; die ›Auditoren‹ erringen Macht, da sie Aufzeichnungen über die ›Macken‹ des Kandidaten aufbewahren und diesen so für sich manipulierbar machen.
    Krönung ist schließlich der Mythos. Vor etwa 60 Milliarden Jahren verließen paragöttliche Wesen, genannt Tictans, ihr sterbendes Universum – also lange vor dem Urknall unseres Universums. Sie irrten durch Kosmen und fanden schließlich sehr spät in Terra-Abkömmlingen passende Gefäße für eine Inkarnation … Deine ›Seele‹ ist ein Tictan, gefangen in deinem Leib, verkapselt durch Engramme, die nur die Reine Lehre der Einzig Wahrhaften Verehrer Allen Gottes befreiend tilgen kann. Befreiung, Vergöttlichung … Es ist so ziemlich der groteskeste Quatsch, der sich denken läßt, aber bis der Kandidat zum Mythos gelangt, hat er so viele Details eingetrichtert bekommen, die erst durch den Mythos Sinn erhalten, daß seine Reaktion kein empörter Aufschrei, sondern ein großes Offenbarungserlebnis ist … Natürlich läßt die Befreiung sich nur über viele (teure) Zwischenschritte erreichen; natürlich erreicht niemand sie je ganz; natürlich gibt es immer ein noch höheres arcanum. Folglich sind die Kandidaten unbegrenzt ›melkbar‹; und da sie als einzige die absolute Wahrheit zu kennen meinen, fühlen sie sich als zusammengehörige Elite. (Ulyalan formulierte, da dies die Wahrheit sei, könne jeder, der gegen die Sekte Stellung bezie he, nur ein Wahnsinniger oder ein Verbrecher sein.)
    Die Rationale Despotie auf Vega IX (ca. 2310-2400 AD) verbot die öffentliche Behauptung unbeweisbarer Dinge; für fast ein wunderbares, friedliches Jahrhundert verschwanden Religion, Philosophie, Politik, Sekten … Die Anhänger des längst verstorbenen Ulyalan flohen ins All, landeten nach langen Irrfahrten auf Shilgat, im Hochland von Banyadir, und ermordeten bzw. versklavten die dortigen Shil, die aus metalinguistischen Gründen unbekehrbar waren. Mit der Zeit errichtete man in Banyadir 114 Klöster, die den 57 Göttinnen und 57 Göttern geweiht sind – Tictans, die in der Menschheitsgeschichte Bedeutung hatten und ihr Tictantum manifestiert haben sollen. Eigentlich sind es 115 Klöster, doch gilt das Zentrum, Nämenloser-Allgott, nicht in diesem Sinn als Kloster, wohl jedoch in jedem anderen Sinn. Damit haben die Mathematischen Mönche, wie man sie auf Shilgat auch nennt, eine binäre Null geschaffen, die gleichzeitig Eins ist …«
     
10. Kapitel
     
    Bis die Pferdekadaver beseitigt waren, brach die Nacht herein. Einige Jägerinnen und Jäger, die den Hinterhalt aufgerollt hatten, trafen ein, um das Tal und die Eingänge zu bewachen. Bedrücktes Schweigen lag über allem, unterbrochen nur von gelegentlichem Flüstern, dem Knistern brennenden Holzes und Pferdelauten. In Nähe des Höhleneingangs sprengte Bondak eine Vertiefung in den Felsboden. Dorthin brachten sie zuerst die toten Pferde, danach die neun Männer aus Gashiri. Mit einer weiteren Sprengung wurde alles zugedeckt.
    Kara Kikuyo war tapfer. Dante sprach lange mit ihr, dann kurz mit Maqari in Cadhras. Der Kommandeur fand keine Worte; schließlich versprach er mit rauher Stimme, trotz aller Probleme einen Gleiter loszuschicken, um eine etwa noch vorhandene und wie auch immer beschaffene Antenne auf dem Gipfel des Ba’nzheyadar zerstören zu lassen.
    Der Heiler Ilahuan lieh sich eine von Dantes Lampen und suchte die Felsen ab. In einem kaum zugänglichen Winkel fand er eine Nische, die ihm geeignet schien. Sie legten den toten Banyashil und Sten Timoara hinein.
    Dante

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