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Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Barbarendämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Barbarendämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ihm immerhin mit einer Hand den Hals zu, während theatralisch weinende Mädchen unter Deck geschickt wurden, um Verbandsstoff zu holen.
    »Dürfen wir den Mann, der über Bord gegangen ist, bergen?«, fragte Valenzio den Barbaren.
    Der begegnete seinem Blick, zögerte noch eine Weile und trat dann von der Reling weg, um Platz zu machen. Nur der linke behielt noch immer Speer und Haltung bei, der rechte griff sich ein Seil und wollte seinem Kameraden helfen, wieder an Bord zu kommen. Doch dieser war bereits untergegangen.
    »Er ist weg«, jammerte er. »Er versinkt!«
    »Dann spring ihm hinterher und rette ihn. Wir ziehen dich hoch«, schlug der Blondling vor.
    »Aber … ich kann nicht gut schwimmen! Und im See soll es Fische geben! Große Fische!«
    »Allzu gefährlich können die nicht sein. Unser schweigsamer neuer Freund ist ja auch aus dem Wasser gekommen. Also spring schon!«
    »Bitte … nicht!«
    »Dann ertrinkt dein Freund.«
    »Ich … kann … ihn nicht retten.«
    »Das ist aber eine teure Überraschung«, konstatierte Valenzio, an den Barbaren gewandt. »Du hast mich einen, vielleicht sogar zwei Sklaven gekostet. Gut aussehende sind nicht billig. Wie gedenkst du mir diesen Schaden zu ersetzen?« Aus etwas sichererer Entfernung getraute er sich nun, dem mit einem Speer bewaffneten Barbaren Vorwürfe zu machen. Der achtete kaum auf ihn und blieb weiterhin wachsam dem linken gegenüber.
    »Ich wüsste schon, wie«, gurrte Setepenre dem Blonden ins gelockte Ohr.
    »Sei nicht so maßlos«, tadelte dieser sie. »Ich habe eigens den mächtigen Borr angeheuert, um deinen außergewöhnlichen Ansprüchen gerecht zu werden.«
    »Aber von dem spreche ich ja auch. Er soll gegen ihn kämpfen!«
    »Gegen Borr? Aber Borr ist nun wirklich unersetzlich! Wenn ihm etwas zustößt …?«
    »Meinst du nicht, dass Borr mit ihm fertig würde? Spielend? Borr? Valenzio zieht deine Überlegenheit in Zweifel!«
    Hinten auf dem Deck rührte sich der Koloss mit der wuchernden Körperbehaarung. Er trug eine grüne Pluderhose mit breitem Gurt. Selbst auf seinen Schultern sprossen lange, wie eingefettet aussehende Haare. Seine Masse war keine Dickleibigkeit, sondern wirkte fest wie ein kompakter Block aus Sülze. »Das Bürschlein reicht mir doch kaum bis zur Brust. Den falte ich zusammen und überreiche ihn euch als Schleife.«
    »Oh ja!« Setepenre klatschte vergnügt in die Hände. »Und ich möchte, dass sie nackt miteinander kämpfen. Nackt und ganz ohne Waffen. Ich will sehen, ob ihre Schwänze sich beim gegenseitigen Erwürgen aufrichten und sich vielleicht ins Gehege kommen, das wird schön!«
    Borr kam näher. Sein Gang ähnelte dem eines aufrechten Bären, die Schultern hingen und rollten beinahe übertrieben. Sein Gesicht sah aus wie ein Hackklotz.
    Der Barbar ahnte, dass diese Menschen keine Ruhe geben würden. Sie waren hier, um ihre Wünsche wahr werden zu lassen, also waren sie nicht bereit, sich mit etwas anderem zufriedenzugeben. Er wollte essen und trinken. Vielleicht dann noch die Dunkelhäutige, falls sie endlich einmal aufhören würde zu reden. Also musste er durch den Koloss hindurch.
    Mit kaum überbietbarer Wucht schleuderte er seinen Speer. Ein Schrei raste durch die Zuschauer. Borr, der mit dieser Attacke überhaupt nicht gerechnet hatte und gerade etwas hatte sagen wollen, das auf die letzte Äußerung Setepenres Bezug nahm, bekam den Speer oberhalb des Bauchnabels in den Wanst. Er strauchelte kaum, brummte nur. Ebenfalls wie ein Bär.
    Setepenre schlug die Hände vor den Mund. Ihre Augen sprühten Funken vor Vergnügen. Ihre Füße tappten auf dem Deck ein kleines Tänzchen.
    Valenzio raufte sich die Haare. »Borr …!«, ächzte er.
    Der Barbar sprang an beiden vorbei und stieß den Speer noch tiefer in Borrs Leib hinein. Borr stöhnte und ruderte mit den Armen. Er bekam den Barbaren zu packen. Der Barbar ließ den Speerschaft los und versetzte Borr einen krachenden Handballenhieb von unten gegen den Unterkiefer. Borrs Unterkiefer zerbarst, und der Barbar trieb sich selbst Borrs obere Zahnreihe in die Hand. Durch Hebeln versuchte er, die auch noch herauszubrechen, aber die Zähne saßen viel zu fest und glitten einfach wieder aus dem Handfleisch. Borr, nun grunzend wie ein riesenhafter Eber, umschlang den Barbaren am Speerschaft vorbei mit beiden Armen und bewegte sich Richtung Reling. Mit vernichtetem Unterkiefer sah sein Gesicht fürchterlich und formlos aus, aber er machte nicht die geringsten

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