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Barins Dreieck

Barins Dreieck

Titel: Barins Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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Vieren ganz still da. Wiegte sich wieder hin und her, aber nur ein wenig. Ich zündete mir eine Zigarette an, ließ die Minuten verstreichen. Dann stand er auf.
    Wie vermutet konnte er nicht aufrecht stehen. Stattdessen winkelte er seinen Kopf kräftig seitlich an und konnte auf diese Art und Weise den Rücken strecken. Das Gesicht erschien grotesk. Ich sah ihn jetzt en face vor mir ... er starrte mich an, allerdings mit verdrehtem Kopf, die Augen senkrecht, den Mund geöffnet. Ein Speichelfaden tropfte auf den Boden.
    Langsam und mit der gleichen geduldigen Vorsicht begann er sich vorwärts zu bewegen. Direkt auf mich zu, die ganze Zeit mir dem rechten Ohr und der Schläfe die Decke streifend. Ungefähr auf halbem Wege war Schluss. Das Armseil straffte sich, mit seinem ganzen Gewicht beugte er sich vor, zum Fenster hin und blieb fast in den Seilen hängen ... das Gesicht richtete sich auf, der Mund mit den fleischigen, kaputten Lippen war weit aufgesperrt, der Blick starr, ein Gerstenkorn unter dem linken Augenlid verlieh seiner Physiognomie noch einen zusätzlichen Eindruck der Deformität, braune, zerfressene Zähne, eingefallene Wangen, dünne, bebende Nasenflügel ...
    Ich starrte zurück. Später habe ich darüber nachgedacht, warum ich dem Blick nicht auswich, aber die Antwort war mir sicher schon damals sonnenklar. So wie heute.
    Wir weichen dem Fremdartigen nicht aus. Wenn das, was uns anschaut, nicht länger etwas Menschliches an sich hat, was haben wir dann zu verlieren?
     
    Ich drückte die Klinke hinunter, ohne darüber nachgedacht zu haben. Die Tür zu Alois war unverschlossen. Ich schob sie ein paar Zentimeter auf, schloss sie dann aber schnell wieder. Alois fuhr zurück. Warf sich gegen die Wand. Wandte mir den Rücken zu und presste das Gesicht zu Boden.
    Warum?, fragte ich mich, aber auch darüber brauchte ich nicht lange nachzugrübeln. Ich sah ein, dass das Glasfenster zwischen den Räumen ein so genannter One-way-screen sein musste, dass ihm nie bewusst gewesen war, dass ihn jemand beobachtete. Dass man beobachten konnte, ohne selbst beobachtet zu werden. Ich wartete ein paar Minuten ab. Alois bewegte sich keinen Deut. Dann öffnete ich die Tür erneut.
    Der Geruch schlug mir entgegen. Schwer, süß und beißend. Exkremente und alte Essensreste zweifellos. Verwesung, dachte ich.
    Der Brechreiz überfiel mich in Wellen. Ich blieb eine Weile auf dem Stuhl sitzen, umklammerte die Stuhllehnen und versuchte, mich daran zu gewöhnen. Überlegte, wie oft er wohl einen neuen Eimer bekam. Dann hockte ich mich hin und trat in den Raum.
     
    Noch immer gab er keinen Mucks von sich. Langsam näherte ich mich ihm, mit gekrümmten Knien, gekrümmtem Rücken. Hockte mich hinter ihn. Plötzlich war mein Kopf bleischwer, der Schweiß lief mir übers Gesicht ... die Atmosphäre hier drinnen erinnerte an ein Treibhaus, an sehr warme Verwesung. Ich wischte mir die Stirn mit dem Hemdärmel ab, zögerte, wie es weitergehen sollte.
    »Alois«, versuchte ich es, aber meine Stimme trug nicht. Es wurde nicht mehr als ein Zischen.
    Er reagierte nicht. Ich streckte eine Hand aus. Hielt sie zunächst ein paar Dezimeter entfernt ausgestreckt. Schluckte und schluckte. Der Drang, mich zu übergeben, wurde immer intensiver.
    Dann drückte ich eine Handfläche auf seinen Rücken.
    Er war kalt.
    Kalt, rau und klebrig. Alles gleichzeitig. Er grunzte.
    Ich zog die Hand wieder zurück. Spürte plötzlich, wie mein Gesichtsfeld schrumpfte. Gelbe Flecken tanzten. Ich kam auf die Füße, aber bevor ich den Raum hatte verlassen können, hatte mein Magen genug. Ich übergab mich an einer Wand.
    Wankte durch die Tür hinaus. Zog sie hinter mir zu und sank auf einem der Stühle nieder. Der Schweiß lief in Bächen. Ich begann zu zittern.
    Ich zitterte in einem fort. Schüttelfrost überfiel mich, ein Eisenband wurde um meinen Kopf festgezurrt, die Krämpfe kamen wieder, jetzt leer und brennend ... Ich rutschte vom Stuhl, kauerte mich an der Wand hin, um wenigstens das noch zusammenzuhalten, was übrig war.
    Ich zog die Knie an mich, legte die Arme um den Kopf und schloss krampfhaft die Augen. Endlich spürte ich, wie die Dunkelheit und die Stille ihre betäubende Decke über meinen Rücken und meine Bilder zogen.
     
     
E in fremder Ort überfiel mich im Traum. Und dennoch so eigenartig vertraut. Häuser und Straßen und die Brunnen auf dem Marktplatz waren goldgelb wie alte verwitterte, sonnenbeschienene Kalksteinsäulen. Das Licht

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