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Barrayar

Barrayar

Titel: Barrayar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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gezielt.
    »Setzen Sie ihn auf Ihre kurze Liste«, sagte sie.
    Illyan öffnete seine Hand. Es war keine Geste der Beschwichtigung, sein Gesichtsausdruck verriet, dass ein Gedankengang eingesetzt hatte. »Na schön, Mylady.«

 
KAPITEL 6
     
    Cordelia beobachtete, wie der Schatten des Leichtfliegers über den Boden dort unten dahinglitt, ein dünner Fleck, der wie ein Pfeil nach Süden flog. Der Pfeil zitterte über Felder, Bäche, Flüsse und staubige Straßen dahin – das Straßennetz war nur rudimentär vorhanden, verkümmert, seine Entwicklung war überholt worden vom Personenlufttransport, der mit der Woge galaktischer Technologie am Ende des Zeitalters der Isolation gekommen war. Mit jedem Kilometer, den sie zwischen sich und die hektische Treibhausatmosphäre der Hauptstadt brachten, lösten sich Knäuel von Spannung in Cordelias Hals. Ein Tag auf dem Land – eine ausgezeichnete Idee, schon längst überfällig. Sie wünschte sich nur, dass Aral mit von der Partie hätte sein können.
    Sergeant Bothari, dem irgendeine Landmarke dort drunten als Anhaltspunkt gedient hatte, legte den Leichtflieger sanft in eine Kurve für den neuen Kurs. Droushnakovi, die den Rücksitz mit Cordelia teilte, versteifte sich bei dem Versuch, sich nicht an Cordelia zu lehnen. Dr. Henri, der vorn neben dem Sergeanten saß, blickte durch das Verdeck nach draußen mit einem Interesse, das fast so groß war wie das von Cordelia.
    Dr. Henri machte eine halbe Drehung nach hinten, um über seine Schulter zu Cordelia zu sprechen: »Ich danke Ihnen für die Einladung zum Essen, Lady Vorkosigan. Es ist ein seltenes Privileg, den Familienbesitz der Vorkosigans besuchen zu dürfen.«
    »Wirklich?«, sagte Cordelia. »Ich weiß, dass sie dort keine Scharen dulden, aber Graf Piotrs Pferdefreunde schauen ziemlich häufig dort vorbei. Faszinierende Tiere.« Cordelia dachte darüber eine Sekunde lang nach, dann entschied sie, dass Dr. Henri ohne weitere Worte begreifen würde, dass mit ›faszinierende Tiere‹ die Pferde gemeint waren und nicht die Freunde von Graf Piotr. »Lassen Sie nur den allerkleinsten Hinweis fallen, dass Sie dafür Interesse haben, und Graf Piotr wird Sie wahrscheinlich höchstpersönlich im Stall umherführen.«
    »Ich habe den General noch nie getroffen.« Dr. Henri wirkte, als habe ihn der Gedanke an eine solche Begegnung etwas eingeschüchtert, und er fingerte am Kragen seiner grünen Interimsuniform herum. Als Wissenschaftler vom Kaiserlichen Militärkrankenhaus hatte Henri oft genug mit hochrangigen Personen zu tun, um keine Scheu vor ihnen zu haben, es musste Piotrs Rolle in der Geschichte von Barrayar sein, die den Unterschied ausmachte.
    Piotr hatte seinen jetzigen Rang im Alter von zweiundzwanzig erhalten, als er gegen die Cetagandaner in dem erbitterten Guerillakrieg kämpfte, der in den Dendarii-Bergen gewütet hatte, die sich gerade jetzt am südlichen Horizont blau abzeichneten. Der Rang war alles, was der seinerzeitige Kaiser, Dorca Vorbarra, ihm damals geben konnte, greifbarere Werte wie Verstärkungen, Nachschub und Geld standen in jener verzweifelten Zeit außer Frage. Zwanzig Jahre später hatte Piotr wieder in die Geschichte von Barrayar eingegriffen, als er in dem Bürgerkrieg, der den verrückten Kaiser Yuri stürzte, den Königsmacher für Ezar Vorbarra spielte. Kein durchschnittlicher Generalstäbler, dieser General Piotr Vorkosigan, egal, welchen Maßstab man anlegte.
    »Er ist umgänglich«, beruhigte Cordelia Dr. Henri. »Bewundern Sie einfach die Pferde und stellen Sie ein paar Suggestivfragen über die Kriege, und schon können Sie sich entspannen und den Rest der Zeit mit Zuhören verbringen.«
    Henris Augenbrauen hoben sich, und er suchte auf ihrem Gesicht nach Zeichen von Ironie. Henri war ein gescheiter Mann. Cordelia lächelte ihm fröhlich zu.
    Sie bemerkte, dass Bothari sie in dem Spiegel über seinem Armaturenbrett still beobachtete. Wieder. Der Sergeant schien heute angespannt zu sein.
    Die Stellung seiner Hände und die Straffheit seiner Nackenmuskeln verrieten ihn. In Botharis ausdruckslosen gelben Augen konnte man nie etwas lesen, sie saßen tief, zu nahe beieinander und nicht ganz auf derselben Höhe über seinen scharfen Backenknochen und seiner langen, engen Kiefernpartie. War er wegen des Besuchs des Doktors besorgt? Verständlich.
    Das Land unter ihnen zog sich sanft gewellt dahin, bald aber faltete es sich auf zu zerklüfteten Bergketten, die den Seendistrikt

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