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Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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stumpfsinnige Schufterei in einer Fabrik noch eine Sekretärinnentätigkeit in irgendeiner Behörde vorstellen. Da bot sich ihr eine annehmbare Alternative: Auf Mr Pennyfeathers Vorschlag und zur Erleichterung ihrer Eltern fing sie in seinem Künstlerbedarfsladen als Lehrmädchen an. Außer hundert anderen Dingen lernte sie, ein Kassenbuch zu führen, Aquarellpapier zurechtzuschneiden und Pinsel nach dutzenden verschiedener Borstenstärken zu sortieren. Mr Pennyfeather zahlte nicht besonders gut, aber Kitty war damit zufrieden.
    Zu Anfang fand sie Gefallen an den Aktionen der Gruppe, genoss das heimliche, schadenfrohe Kribbeln, wenn sie an den städtischen Reinigungstrupps vorbeikam, die sich abmühten, eine hingepinselte Parole zu übermalen, oder wenn sie in der Times eine Schlagzeile las, die sich über die jüngsten Diebstähle empörte. Um der Aufsicht ihrer Eltern zu entgehen, mietete sie sich nach ein paar Monaten ein kleines Zimmer in einem heruntergekommenen Mietshaus, fünf Minuten vom Laden entfernt. Sie verbrachte fast ihre ganze Zeit im Laden, ging tagsüber ihrer Arbeit nach und abends mit dem Team auf Beutezug. Sie wurde immer blasser, ihre Züge verhärteten sich durch die ständige Angst, erwischt zu werden, und die unvermeidlichen Verluste. Jedes Jahr forderte neue Opfer: Eva wurde in einer Villa in Mayfair von einem Dämon umgebracht, ihre Abwehrkraft hatte nicht ausgereicht, seinem Angriff standzuhalten. Gladys kam bei einem Lagerhausbrand ums Leben, als eine fallen gelassene Kugel einen Brand auslöste.
    Je mehr die Truppe zusammenschrumpfte, desto deutlicher hatten sie das Gefühl, dass die Behörden alles daran setzten, ihnen auf die Schliche zu kommen. Ein neuer Zauberer namens Mandrake trat auf den Plan. Er schickte als Kinder getarnte Dämonen aus, die sich nach der Widerstandsbewegung erkundigten und magische Objekte zum Kauf anboten. Menschliche Spitzel tauchten in Kneipen und Cafés auf und wedelten mit Pfundnoten als Gegenleistung für Informationen. Bei den Treffen in Mr Pennyfeathers Hinterzimmer machte sich Belagerungsstimmung breit. Die Gesundheit des alten Mannes war angegriffen, er wurde immer empfindlicher und seine Leute immer nervöser. Kitty ahnte, dass sich die Anspannung bald irgendwie entladen musste.
    Dann kam es zu dem schicksalhaften Treffen und damit zur größten Herausforderung überhaupt.

21
    Da kommen sie!« Stanley hatte am Türgitter des Hinterzimmers Wache gehalten und in den Verkaufsraum des Ladens gespäht. Schon eine ganze Weile hatte er reglos und angespannt dort ausgeharrt, jetzt wurde er schlagartig munter, schob den Riegel zurück und öffnete die Tür. Er trat ein Stück zur Seite und nahm die Mütze ab.
    Kitty vernahm das vertraute, gemächliche Pochen des Stocks. Sie stand auf und reckte die kalten, steifen Glieder, die anderen taten das Gleiche. Fred rieb sich den Nacken und schimpfte leise vor sich hin. Neuerdings legte Mr Pennyfeather noch mehr Wert auf solche kleinen Respektsbezeugungen.
    Das einzige Licht im Hinterzimmer kam von einer Petroleumlampe auf dem Tisch. Es war schon spät und sie wollten nicht die Aufmerksamkeit irgendwelcher Wachkugeln auf sich lenken.
    Mr Hopkins erschien als Erster und blieb auf der Schwelle stehen, bis sich seine Augen ans Zwielicht gewöhnt hatten, dann trat er beiseite und führte Mr Pennyfeather über die Schwelle. Im Halbdunkeln wirkte die gebeugte Gestalt ihres Anführers noch gebrechlicher als sonst. Er kam hereingeschlurft wie ein wandelndes Skelett. Nicks beruhigend stämmige Statur bildete die Nachhut. Als alle drei im Zimmer waren, schloss Nick leise die Tür.
    »Guten Abend, Mr Pennyfeather, Sir.« Stanleys Ton war nicht so keck wie sonst und hatte eine geheuchelte Unterwürfigkeit, die Kitty abstieß. Er bekam keine Antwort. Mr Pennyfeather ging langsam zu Freds Korbsessel hinüber. Jeder Schritt schien ihm Schmerzen zu bereiten. Er setzte sich. Anne holte die Lampe und stellte sie neben ihn in eine Wandnische. Sein Gesicht lag im Schatten.
    Der alte Mann lehnte den Stock an seinen Sessel und streifte bedächtig, einen Finger nach dem anderen, die Handschuhe ab. Mr Hopkins stand daneben, adrett, stumm, absolut unauffällig. Anne, Nick, Kitty, Stanley und Fred blieben stehen. Es war die übliche Zeremonie.
    »Setzt euch, setzt euch.« Mr Pennyfeather legte die Handschuhe auf seine Knie. »Liebe Freunde«, hob er dann an, »wir haben schon viel miteinander erlebt. Ich brauche euch nicht zu sagen, wie viele

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