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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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taktische Maßnahme. Wir gönnen uns bloß eine Pause, dann bringe ich uns hier raus.«
    Er hustete. Blut rann ihm aus dem Mund. »Ich fürchte, noch so einen Flug stehe ich nicht durch.«
    »Stellt Euch nicht so an. Mit nur einem Flügel ist es doch viel spannender. Könnt Ihr mit dem Arm wedeln?«
    »Nein. Was ist überhaupt passiert?«
    »Die blöde Mähne ist an allem schuld! Der Dschinn ist von der Seite gekommen und ich habe ihn nicht gesehen. Er hat uns aufgelauert und mir eine Detonation verpasst! Es soll mir eine Lehre sein. Nie wieder trage ich so eine Zottelmähne!«
    Draußen hörte man hoch oben an der Mauer etwas scharren. Schatten huschten durch die Lichtstreifen, etwas Schweres landete auf dem Dach.
    Ptolemäus murmelte eine Verwünschung. »Wie bitte?«, fragte der Löwe.
    »Ich habe vorhin auf dem Markt meine Aufzeichnungen über den Anderen Ort verloren.«
    Ich seufzte. Draußen herrschte gedämpfte Unruhe, Klauen kratzten auf Stein, Schuppen schabten über Dachziegel, jemand raunte etwas auf Latein. Wahrscheinlich hockten sie wie riesige Fliegen auf allen Simsen. »Das ist unschön«, erwiderte ich, »aber im Moment haben wir ganz andere Sorgen.«
    »Ich habe meinen Bericht noch nicht abgeschlossen«, flüsterte er. »In meinen Gemächern bewahre ich bloß einzelne Abschnitte auf.«
    »Das spielt jetzt keine Rolle, Ptolemäus.«
    »O doch! Mein Werk sollte bahnbrechend werden. Es sollte die Art und Weise, wie Zauberer arbeiten, völlig auf den Kopf stellen. Ich wollte eure Knechtschaft ein für alle Mal abschaffen.«
    Der Löwe blickte auf ihn herunter. »Machen wir uns nichts vor. Meine Knechtschaft, und überhaupt mein Leben, dürften in, äh, ungefähr zwei Minuten beendet sein.«
    Er verzog das Gesicht. »Keineswegs, Bartimäus.«
    Die Wände dröhnten unter dumpfen Schlägen. »Doch.«
    »Ich kann hier nicht weg. Du schon.«
    »Mit einem Flügel? Ihr seid wohl… Ach so, verstehe.« Der Löwe schüttelte den Kopf. »Kommt nicht infrage.«
    »Offiziell bin ich immer noch dein Herr und Meister. Ich kann dich jederzeit wegschicken und das habe ich auch vor.«
    Statt einer Erwiderung erhob ich mich, baute mich in der Mitte des kleinen Tempels auf und brüllte herausfordernd, dass die Wände wackelten. Draußen wurde es schlagartig still, doch bald setzte wieder eifriges Kratzen und Pochen ein.
    Ich mahlte grimmig mit den Kiefern. »Gleich brechen sie durch und dann sollen sie Bartimäus von Uruk kennen lernen! Wer weiß– immerhin habe ich schon mal sechs Dschinn auf einen Streich erledigt.«
    »Und wie viele sind da draußen?«
    »Na ja, schätzungsweise zwanzig.«
    »Damit wäre wohl alles klar.« Mit zitternden Armen stemmte sich der Junge in Sitzhaltung. »Hilf mir, mich an die Wand zu lehnen. Na los, mach schon! Soll ich etwa im Liegen sterben?«
    Der Löwe gehorchte. Dann bezog ich Posten vor der rot glühenden Tür, die sich von der Hitze schon nach innen wölbte. »Euer Angebot könnt Ihr gleich wieder vergessen«, verkündete ich. »Ich rühre mich hier nicht weg.«
    »Das war kein ›Angebot‹, Bartimäus.«
    Sein Ton ließ mich herumfahren.
    Er hatte die Hand erhoben und grinste mich schief an.
    Ich holte mit der Pranke nach ihm aus. »Untersteht Euch…«
    Er schnippte mit den Fingern und sprach die Entlassungsformel. Im selben Augenblick barst die Tür. Es regnete flüssige Bronze und drei kräftige Gestalten kamen hereingestürmt. Ptolemäus nickte mir noch einmal zu, dann sank sein Kopf sanft in den Nacken. Ich fuhr wieder herum und hob die Pranke, um die Eindringlinge zu zerschmettern, doch meine Substanz war bereits gasförmig, und es gelang mir trotz aller Bemühungen nicht mehr, sie zu verfestigen. Mir wurde schwarz vor Augen, ich verlor das Bewusstsein, der Sog des Anderen Ortes erfasste mich. Da half kein Wüten und kein Sträuben, ich musste Ptolemäus’ letzte Liebesgabe annehmen.

Kitty
31
    Als Erstes hatte sie das Gefühl, unerträglich eingeengt zu sein. Mit dem Erwachen war ihre uferlose Ausdehnung unvermittelt auf einen einzigen Punkt reduziert, sie war gezwungen, sich auf ihren bleischweren, unbeweglichen Körper zu beschränken. Einen entsetzlichen Augenblick lang glaubte sie zu ersticken, lebendig begraben zu sein, dann besann sie sich wieder darauf, wie man atmete. Sie lag im Dunkeln und lauschte ihren eigenen Geräuschen, hörte, wie das Blut durch ihre Adern rauschte, wie sie pfeifend ein-und ausatmete, wie es in ihrem Magen und ihren Därmen gurgelte und

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