Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Nelsonsäule und zerbrach sie wie ein Baguette. Das Licht erlosch. Nathanael hob den Kopf, die Afritin hob den Kopf. Die Säule schwankte geräuschlos, neigte sich zur Seite und schien ganz allmählich größer zu werden. Dann krachte sie mit einem pfeifenden Geräusch, das fast wie ein Schrei klang, auf die beiden herunter, und Bartimäus schleuderte Nathanael durch eine brennende Bude, hinter der er mit der verletzten Schulter aufs Pflaster knallte. Die Säule ging donnernd quer über den Platz zu Boden.
Nathanael war sofort wieder auf den Beinen. Sein Schlüsselbein schmerzte unerträglich. Er hörte jemanden zetern: Du musst vernünftig zielen! Lass mich das beim nächsten Mal machen!
»Ich denke nicht dran. Wo ist die Dämonin?«
Wahrscheinlich längst über alle Berge. Das war wieder mal ’ne echte Meisterleistung!
»Ich will dir mal was sagen…« Ganz in der Nähe regte sich etwas. Vier bleiche Gesichter – zwischen zwei Buden kauerten eine Frau und ihre drei Kinder auf dem Boden. Nathanael streckte ihnen die Hand hin. »Keine Angst«, sagte er, »ich bin Zauberer.«
Die Frau schrie auf, die Kinder erschraken und drängten sich verängstigt an die Mutter. Der war gut, bemerkte Nathanaels innere Stimme ironisch. Jetzt sind sie garantiert beruhigt. Wieso fragst du sie nicht gleich, ob du ihnen die Gurgel durchschneiden sollst?
Nathanael fluchte stumm, nach außen hin lächelte er. »Ich will Ihnen bloß helfen«, erklärte er. »Bleiben Sie am besten, wo Sie sind, dann kann ich…«
Er blickte rasch auf. Siehst du das? Hinter der brennenden Bude, in der Staubwolke, die von der umgestürzten Säule aufstieg, flimmerte etwas Grünes. Auf den höheren Ebenen erkannte man die zugekniffenen Augen und das leichte Torkeln noch besser. Clive Jenkins tänzelte auf Zehenspitzen von einer Bude zur nächsten und wollte ihn überrumpeln.
Sie will es mit einem Flutzauber versuchen, informierte ihn Bartimäus. Als Dschinn spür ich so was. Flutzauber wirken großflächig. Sie will dich kampfunfähig machen. Ich könnte einen Schild um uns wirken, aber davon würden auch die Blitze aus dem Stab abgelenkt.
»Kannst du den Schild auch über die Leute da drüben wirken? Dann mach’s. Wir beide kommen auch ohne aus.«
Nathanael hob die Hand. Kraftströme flossen aus seinen Fingerkuppen und eine bläuliche Kuppel wölbte sich über den Kauernden. Dann wandte er sich wieder dem Platz zu. Überall stieg Staub auf, verkohlte Planenfetzen lösten sich von den brennenden Buden. Nirgends trippelte eine Dämonin auf Zehenspitzen einher.
»Wo ist sie abgeblieben?«
Woher soll ich das wissen? Du hast schließlich hinten keine Augen und ich sehe auch nicht mehr als du.
»Schon gut, schon gut, reg dich ab.«
Ich rege mich nicht auf, das bist du. Lauter komische Chemikalien strömen durch dein Blut und bringen dich in Rage. Kein Wunder, dass ihr Menschen so wirrköpfig seid. Da ist sie! Ach nein, das war nur eine flatternde Plane. Puh, hab ich mich erschreckt!
Nathanael ließ suchend den Blick über den Platz schweifen. In seiner Hand vibrierte der Stab. Er versuchte, das Geschwätz des Dschinn, dessen Erinnerungsflut, auszublenden, um nicht davon überwältigt zu werden. Wo steckte die Dämonin bloß? Hinter dem Säulenstumpf? Unwahrscheinlich. Zu weit weg. Wo dann?
Kapier ich nicht, meinte Bartimäus. Vielleicht hat sie sich verkrümelt.
Nathanael ging vorsichtig ein paar Schritte. Er hatte eine Gänsehaut, spürte die nahe Gefahr. Ganz hinten, auf der anderen Seite des Platzes, sah er ein Geländer und eine abwärts führende Treppe. Es war der Eingang zur U-Bahn. Unter dem Platz erstreckte sich ein Tunnelnetzwerk, das Fahrgäste zu den Zügen und Fußgänger unter dem Platz hindurchleitete, und die Gänge…
…führten zu verschiedenen Ausgängen rund um den Platz.
Umdrehen!, dachte er und überließ alles Übrige dem Dschinn. Noch im Herumfahren sprach er das Wort und senkte den Stab. Ein weißer Blitz zischte daraus hervor und zerfetzte Clive Jenkins, der sich von hinten angeschlichen hatte. Wo eben noch die Dämonin gestanden und die feuchtkalte Hand ausgestreckt hatte, um einen Flutzauber zu wirken, wehte jetzt stinkende Asche übers geschmolzene Pflaster. Der U-Bahn-Eingang war ebenfalls verschwunden.
Ganz schön gerissen, bemerkte der Dschinn anerkennend. So was Heimtückisches hätte ich Naeryan nicht zugetraut.
Nathanael holte tief Luft. Dann ging er zu der kleinen Gruppe unter dem Schild und gab Bartimäus
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