Bassus (German Edition)
würde ordentlich verdienen. Er könnte sich eine Frau suchen, eine Familie gründen. Und all das hätte er einem Mann zu verdanken, den die Ala für tot erklärt hatte und von dem er inzwischen jede Nacht träumte.
Tony stieg ab und tätschelte Teres den Hals.
„Was denkst du eigentlich? Bist du auch davon überzeugt, dass Bassus tot ist?“
Die klugen Augen sahen ihn aufmerksam an. Tony legte seine Hand auf die Brust und spürte das Medaillon. Langsam zog er es aus dem Kragen und streifte es über den Kopf. In seinen Händen schien es lebendig zu werden. Es begann zu pulsieren, und das Ornament drehte und wand sich mit immer schnelleren Bewegungen. Tony schloss die Augen.
Eine große Klarheit kam über ihn.
„Ich weiß jetzt, was ich tun werde“, sagte er zu Teres, „und du musst mir dabei helfen.“
„Ich werde auch von hier fortgehen“, sagte Tony beim Frühstück zu Micon. „Ich werde Bassus suchen.“
Er erzählte ihm von seinem Traum.
Micon zögerte keine Sekunde. „Möchtest du, dass ich mitkomme?“
So ruhig und entschlossen, wie er das sagte, war es ihm ernst damit.
„Nein. Du suchst nach deiner Tochter.“
„Aber was du vorhast, ist allein sehr gefährlich.“
„Warum sagst du nicht, dass es Wahnsinn ist?“
„Weil auch ich fast jede Nacht von meiner ältesten Tochter träume.“
„Du wirst sie finden.“
„Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass sie inzwischen tot ist.“
„Sie lebt.“
Micon lächelte. „Kommen wir noch einmal auf deine Sicherheit zurück.“
„Ich habe das hier.“ Tony zog das Medaillon hervor. „Es holt mich angeblich aus allen Gefahren wieder heraus.“
Micon betrachtete es und entdeckte die Buchstaben auf der Rückseite.
„Ja, es gehört eigentlich Bassus. Aber er hat es nie zurückverlangt.“
Micon betrachtete es eine Weile nachdenklich. „Hat dich dieses Medaillon in unsere Welt gebracht?“, fragte er schließlich.
Verdammt, woher wusste er…?
„Vergiss nicht, dass ich die Wohnung täglich sauber mache und jeden Gegenstand kenne“, erklärte Micon. „Es sind seltsame Dinge darunter. Zum Beispiel ein Messer, dessen Klinge heraussaust, wenn man auf einen Knopf drückt.“
Tony schluckte. „Nun, wie du siehst, besitze ich Dinge, die mir anderen gegenüber einen gewissen Vorteil verschaffen. Aber die interessantesten sind noch bei einem Freund von Bassus.“
„Vielleicht sind sie unter den Dingen, die jemand eines Tages vorbeigebracht hat. Sie liegen in der Truhe im seinem Zimmer.“
Zum ersten Mal öffnete Tony die Truhe und fand darin seinen Rucksack und seine Kleidungsstücke. Verwundert berührte er die einst so vertrauten Gegenstände, die sich inzwischen völlig fremd anfühlten.
Ein weiterer Gegenstand erregte seine Aufmerksamkeit. Er war in weißes Leinen gehüllt. Tony entfernte das Tuch und hielt den Wachsabdruck eines Frauengesichtes in den Händen.
„Orbianas Totenmaske“, sagte Micon.
Selbst im Tod sah sie schön aus. Tony kam der Gedanke, dass sie seine Adoptivmutter wäre, wenn sie noch leben würde. Behutsam wickelte er die Maske wieder ein.
„Wird die Ala dir denn gestatten, in Germania Libera ganz allein nach Bassus zu suchen?“, fragte Micon.
Tony seufzte. „Ich fürchte, sie werden mich überhaupt nicht nach ihm suchen lassen. Für sie ist er tot, und damit fertig.“
Sie schwiegen.
Nach einer Weile sagte Micon: „Da ist noch etwas, das du wissen solltest, Tony. Auch Imperator Trajanus weiß, wer du wirklich bist. Er war einmal hier in der Wohnung, und Flavius Bassus hat ihm die Dinge aus der Truhe gezeigt.“
Am nächsten Tag untersuchte Tony seinen Rucksack noch einmal genauer und stellte fest, dass das Nachtfernglas fehlte. Es war der einzige Gegenstand, den Severus behalten hatte. Tony konnte sich vorstellen warum. Sicher stieg er täglich aufs Dach, um nach verdächtigen Germanen Ausschau zu halten.
„Ist dieses Rohr für die Ferne denn wichtig?“
„Ich kann unmöglich darauf verzichten.“
„Dann musst du vor deiner Expedition einen Abstecher zu diesem Flavius Severus machen und es holen.“
„Ich fürchte, er wird sich nicht freuen, mich zu sehen.“
„Hauptsache, er meldet dein Erscheinen nicht sofort der Ala.“
„Aber wie könnte ich ihn daran hindern?“
„Indem du ihn anlügst“, sagte Micon ungerührt.
Tony musste grinsen. „Damit habe ich zwar kein Problem, aber ich kann ihm wohl kaum sagen, dass ich die Erlaubnis der Ala habe, denn er würde sofort meine
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