Bastard
geschwungenen, vom Kontakt mit dem menschlichen Körper blutig gewordenen Waffe. Als ich an den von Pruitt erwähnten Spalthammer zum Holzhacken denke, muss ich ihm zustimmen. Was für eine schreckliche Art zu sterben. Dann fällt mir das Injektionsmesser ein. Ebenfalls ein grausiger Tod. Sadismus.
»Er hat sicher ein System gehabt, die Proben zu katalogisieren«, meine ich zu Pruitt, während ich die Ermittler in ihren grellgelben Overalls dabei beobachte, wie sie auf Händen und Knien herumkriechen. Einige von ihnen kenne ich nicht. Vielleicht ist ja St. Hilaire aus Salem dabei. Oder Lester »Lawless« Law aus Cambridge. Keine Ahnung, wer sich alles hier versammelt hat, nur dass das FBI mit einer Sonderkommission zusammenarbeitet, die sich aus Mitarbeitern verschiedener Polizeibehörden zusammensetzt. Sie alle gehören dem North Eastern Massachusetts Law Enforcement Council an, also dem Zusammenschluss der Polizeibehörden im nord-östlichen Massachusetts. »Wenn er das gewonnene Sperma verkauft hat«, setze ich meinen Gedankengang fort, »muss er über die Proben Buch geführt haben.« Ich weise Pruitt auf die Stücke der Selbstklebeetiketten hin, die noch an den Glasscherben auf dem Boden haften. »Informationen wie diese
helfen uns möglicherweise bei einer vorläufigen Identifizierung, die wir dann durch eine DNA-Untersuchung bestätigen können. Falls alle Proben von Fällen aus dem CFC stammen, haben wir die DNA auf den Karten mit den Blutflecken, die jeder Akte beiliegen.«
»Ich weiß. Marino sorgt dafür, dass jemand sämtliche Fälle junger Männer heraussucht, die als Kandidaten in Frage kommen. Insbesondere, wenn Fielding die Autopsien durchgeführt hat.«
»Mit allem Respekt, doch diese Anweisung zu geben wäre eigentlich meine Aufgabe, nicht Marinos.« Ich höre, wie empört ich klinge, bin aber machtlos dagegen. Inzwischen habe ich nämlich genug von meinem selbsternannten Stellvertreter Pete Marino. Ich habe mittlerweile nämlich mehr als eine Andeutung erhalten, dass er jetzt an meinem Institut das Zepter schwingt.
»Wir haben noch kein Register gefunden«, fügt Pruitt hinzu. »Aber Farinelli kümmert sich da drüben um seinen Laptop, der bei unserer Ankunft genauso tot war wie sein Besitzer. Vielleicht ist das Verzeichnis ja dort abgespeichert.«
Ich finde es immer merkwürdig, wenn Ermittler meine Nichte beim Nachnamen nennen. Offenbar ist Lucy im Haupthaus, wo es weder Licht noch Heizung gibt, falls der Strom seither nicht wieder eingeschaltet wurde. Mir wird klar, dass ich das hier unten gar nicht bemerken würde, weil wir die mitgebrachte Notbeleuchtung benutzen. Ich gehe zu einem offenen Hartschalenkoffer, der unten an der Treppe steht, nehme eine Taschenlampe heraus und leuchte die Blutflecken an der Wand ab, um festzustellen, was sie mir sonst noch zu sagen haben. Anschließend werde ich einen Blick auf den angeblichen Verursacher werfen, meinen Stellvertreter, der allein in seiner Mördergrube gearbeitet haben soll. Mein Stellvertreter, der einsame Wolf, der das alles ohne fremde Hilfe
bewerkstelligt hat , denke ich zweifelnd. Mein Zorn auf das FBI und alle anderen, die ohne mich angefangen haben, den Tatort zu untersuchen, wächst.
Unterhalb der dunkelsten Stelle an der weißen Wand erkenne ich einen dazu passenden Bereich auf dem ebenfalls weißen Boden. Es sind unzählige Tröpfchen, die sich zu einem zusammenhängenden Fleck verbinden. Ich konstatiere, dass hier früher eine Blutlache gewesen sein muss, die zum Großteil in den porösen Stein eingesickert ist. Einige Tropfen am Rand des großen Flecks sind kreisrund und weisen kaum eine Verzerrung auf, andere sind wegen des unebenen Steins gewellt. Es handelt sich um passive Spritzer, die vom blutenden Opfer stammen. Andere Flecken sind verschmiert, vermutlich vom Täter, der hineingetreten ist oder etwas darübergeschleift hat, als das Blut noch feucht war. Vielleicht die Teppichreste und die Spanplatten, um sie zu verstecken, sage ich mir. Die einzigen Blutflecken, die auf eine Bewegung und deren Richtung hinweisen, sind die an Wand und Decke, schwarz, länglich oder tränenförmig. Meiner Ansicht nach wurden die meisten durch das mehrmalige Ausholen und Zuschlagen der Waffe verursacht.
Das Opfer stand aufrecht, als es geblutet hat, und war offenbar an die Wand gekettet. Ich kann nicht feststellen, wann der tödliche Schlag gefallen ist. Schon zu Anfang oder erst später? Je früher, desto besser , denke ich, während ich mir
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