Bastard
Führerschein.«
»Mit dem Taxi? Dem Zug? Um diese Jahreszeit nicht mit
der Fähre. Die verkehrt erst wieder im Frühjahr, und außerdem hätte er in Boston an Bord gehen müssen. Ohne Auto hätte er dorthin noch länger gebraucht. Eine Stunde bedeutet für jemanden, der sich erst eine Fahrgelegenheit suchen muss, einen großen Unterschied.«
»Ich begreife nur nicht, woher sie diese Information hat«, merkt Benton an. »Vielleicht ja von ihm selbst. Möglicherweise hat er seine Geschichte schon wieder geändert. Johnny sagte, er habe das Bisquit um zwei, nicht um eins verlassen. Es könnte doch sein, dass er in dieser ziemlich wichtigen Einzelheit umgeschwenkt ist, weil er denkt, dass sein Gegenüber es so hören will. Allerdings wäre das ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich. «
»Du hast ihn doch erst heute Morgen gesprochen.«
»Ich bin nicht der Mensch, der ihn beeinflussen würde, damit er etwas an seiner Aussage ändert.«
Benton meint damit, dass diese Einzelheit neu ist und dass er nicht glaubt, Johnny könnte, was seinen Aufbruch aus dem Café betrifft, eine neue Version der Geschichte erfunden haben. Offenbar ist Mrs. Donahue einfach ein Fehler unterlaufen. Aber als ich versuche, mir das vorzustellen, erscheint es mir sehr unwahrscheinlich.
»Wie hätte er überhaupt nach Salem kommen sollen?«, erkundige ich mich.
»Er hätte ein Taxi oder den Zug nehmen müssen, doch es gibt keine Beweise dafür. Niemand hat ihn gesehen. Keine Belege wurden gefunden. Nichts deutet darauf hin, dass er jemals in Salem war oder irgendeine Verbindung zur Familie Bishop unterhielt. Nichts bis auf sein Geständnis.« Beim Sprechen schaut Benton in den Rückspiegel. »Das Interessante an seiner Geschichte ist, dass sie sich genau mit den Nachrichtenmeldungen deckt und dass er die Details abwandelt, sobald die Sendungen neue Berichte und Theorien bringen.
In dieser Hinsicht hat seine Mutter in ihrem Brief recht. Er plappert die Informationen wörtlich nach. Das Gleiche ist der Fall, wenn ihm jemand ein Szenario oder einen Handlungsablauf vorschlägt – ihm also, mit anderen Worten, souffliert. Leichtgläubig, empfänglich für Manipulationen, verdächtiges Verhalten. Typische Symptome von Asperger.« Wieder ein Blick in den Spiegel. »Außerdem ein Interesse an Kleinigkeiten, an Banalitäten, die seinen Mitmenschen bizarr erscheinen mögen. Zum Beispiel die Uhrzeit. Er hat stets darauf beharrt, er habe das Bisquit um zwei verlassen. Um drei nach zwei, um genau zu sein. Wenn man Johnny fragt, wie spät es ist oder um wie viel Uhr er dieses oder jenes getan hat, kann er es einem praktisch auf die Sekunde genau sagen.«
»Warum also sollte er diese Einzelheit ändern?«
»Meiner Ansicht nach würde er das nicht tun.«
»Eigentlich wäre es doch von Vorteil für ihn, zu behaupten, er sei früher gegangen, falls er wirklich will, dass die Leute ihn für den Mörder von Mark Bishop halten.«
»Der springende Punkt ist nicht, wofür die Leute ihn halten. Er selbst hält sich dafür. Nicht etwa, weil er sich daran erinnert, sondern, weil er es gerade nicht tut und weil es ihm eingeredet worden ist.«
»Von wem? Offenbar hat er gestanden, bevor er überhaupt verdächtigt und vernommen wurde. Also ist er nicht beispielsweise von der Polizei zu einem falschen Geständnis verleitet worden.«
»Er weiß es nicht mehr und ist überzeugt, dass er nach dem Verlassen des Bisquit um zwei Uhr nachmittags eine Episode der Persönlichkeitsspaltung erlitten hat. Während dieser Zeit ist er auf ungeklärte Weise nach Salem gefahren und hat den Jungen mit einer Nagelpistole getötet …«
»Ganz offensichtlich hat Mrs. Donahue Jacks Untersuchungsergebnisse
falsch verstanden«, verkünde ich im Brustton der Überzeugung, als könnte ein Teil von mir nicht aufhören, darüber nachzugrübeln, wie ich mit ihr umgehen soll. Dabei spiele ich mit dem Gedanken, Bentons Rat zu befolgen und sie nicht anzurufen. Stattdessen werde ich meinen Sekretär Bryce bitten, sich gleich morgen früh mit ihr in Verbindung zu setzen und ihr auszurichten, es täte mir leid, aber ich könne weder über den Fall Mark Bishop noch über einen anderen sprechen. Dabei darf Bryce auf keinen Fall den Eindruck vermitteln, dass ich zu beschäftigt bin oder Mrs. Donahues Anliegen gleichgültig gegenüberstehe. Wieder erinnere ich mich an die Mutter von PFC Gabriel und an die beleidigenden Dinge, die sie mir heute Morgen in Dover entgegengeschleudert hat. »Ich nehme an, du
Weitere Kostenlose Bücher