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Bastard

Bastard

Titel: Bastard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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nicht persönlich, als sie ihrer Trauer und ihrem Zorn auf die letzte Ärztin Luft machte, die sich auf dieser Erde mit ihrem Sohn befassen würde.
    Peter habe – genau wie einer seiner Freunde – eine Freundin gehabt, die Kinder von ihm bekommen wollte. Es sei ein Pakt gewesen, fuhr Mrs. Gabriel fort. Ich hatte keine Ahnung, welchen Freund sie meinte oder wovon sie eigentlich sprach. Peters Freund habe ihm von einem anderen Freund erzählt, der letzten Sommer in Boston am Tag seiner Hochzeit getötet worden sei. Nur hat Mrs. Gabriel Damien Patten, den Briten,
der am 18. August in einem Taxi gestorben ist, nie namentlich erwähnt. »Alle drei sind jetzt tot. Drei hübsche Jungen tot« , sagte Mrs. Gabriel zu mir am Telefon, und ich wusste nicht, auf wen sie damit anspielte. Inzwischen hat sich das geändert. Ich bin sicher, dass Patten der Freund des Freundes war, mit dem PFC Gabriel eine Art Pakt geschlossen hatte. War dieser Freund von Patten, der dritte Getötete, auf den Fielding mich offenbar aufmerksam machen wollte, womöglich der Techniker Geoffrey Miller?
    Alle drei tot.
    Hat Fielding den Fall Patten mit Mrs. Gabriel erörtert? Und mit wem hat sie zuerst gesprochen? Mit Fielding oder mit mir? Sie hat mich gegen Viertel vor acht in Dover angerufen. Ich fülle stets ein Telefonformular aus, und ich erinnere mich, dass ich mir die Zeit notiert habe, als ich in meinem kleinen Büro in der Rechtsmedizin von Dover saß und mir die CT-Aufnahmen und ihre Koordinaten ansah, die mir helfen würden, die Splitter und anderen Objekte, die in den schwerverbrannten Körper ihres Sohnes eingedrungen waren, mit GPS-ähnlicher Genauigkeit zu orten. Wenn ich ihre Worte jetzt noch einmal Revue passieren lasse, hat sie vermutlich zuerst mit Fielding telefoniert. Das könnte ihre wiederholten Anspielungen auf andere Fälle erklären.
    Jemand hat ihr einen Floh ins Ohr gesetzt und ihr weisgemacht, wie wir angeblich mit anderen Fällen verfahren. Sie war fest davon überzeugt, dass wir den Toten routinemäßig Sperma abnehmen, ja die Angehörigen sogar dazu ermutigen. Ich weiß noch, dass ich darüber erstaunt war, denn der Eingriff bedarf einer Genehmigung und ist vom juristischen Standpunkt aus ziemlich heikel. Deshalb konnte ich mir nicht vorstellen, wie sie darauf gekommen sein mag. Möglicherweise hätte ich sie ja danach gefragt, wenn sie nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wäre, mich zu beschimpfen: Nur
ein Ungeheuer würde eine Frau daran hindern, die Kinder ihres toten Freundes zu bekommen, und dafür sorgen, dass die Mutter eines toten Sohnes nicht Großmutter werden könne. Wir täten es doch auch in anderen Fällen, warum dann nicht für ihren Sohn?, schluchzte sie. »Ich habe jetzt niemanden mehr! Das ist doch nichts als Scheißbürokratie, jetzt geben Sie es schon endlich zu!« , schrie sie mich an. »Bürokratischer Mist, um einen weiteren Fall von Rassismus zu vertuschen!«
    »Jemand zu Hause?« Benton steht in der Tür.
    Mrs. Gabriel hat mich eine militärische Heuchlerin genannt. »Sie helfen anderen nur, wenn sie weiß sind« , warf sie mir vor. »Das ist nicht die goldene Regel, sondern das Gesetz der Weißen. Sie haben sich um den anderen Jungen gekümmert, der in Boston getötet wurde, und dabei war er nicht einmal amerikanischer Soldat. Aber nicht um meinen Sohn, der für sein Land gestorben ist. Vermutlich, weil er die falsche Hautfarbe hat.« Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete und was der Grund für ihre Anschuldigungen war. Allerdings habe ich auch nicht versucht, es herauszufinden. Ich habe ihr Verhalten einfach nur als Hysterie eingestuft und ihr auf der Stelle verziehen. Obwohl es mich so schwer gekränkt hat, dass ich es seitdem nicht mehr vergessen kann.
    »Hallo?« Benton kommt herein.
    »Wieder einmal Rassismus, nur dass es ans Licht kommen und man Leute wie Sie diesmal nicht belobigen wird.« Sie hat nicht erklärt, was sie sich dabei gedacht hat, mir etwas so Schreckliches an den Kopf zu werfen. Allerdings habe ich sie auch nicht darum gebeten, da ich ihre hasserfüllte Tirade damals nicht sonderlich ernst genommen habe. Dass mich Menschen, die sich normalerweise zivilisiert und vernünftig benehmen, anschreien, beschimpfen, bedrohen oder sogar angreifen, ist keine neue Erfahrung für mich. Das bruchsichere Glas in den Vorhallen und Aufbewahrungsräumen der
Institute, in denen ich gearbeitet habe, musste ich nicht deshalb einbauen lassen, weil ich mich vor gewalttätigen

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