Bateman, Colin
Krankenhäuser
sind die natürliche Heimat von Staphylokokken und Clostridium difficile; und
das sind nur die mit den schlechten Pressevertretern. Es gibt noch Tausende
andere Arten, die einen töten können, wenn sie nur einen Blick auf einen
werfen. Krankenhäuser sind perfekte Brutstätten für Viren, Super-Viren und
Super-SuperViren. Mein umfangreicher Medikamentenkonsum stellte da keinen
Schutz dar; er sorgte lediglich dafür, dass die Effektivität meines Immunsystems
herabgesetzt wurde. Hinter Alisons Rollstuhl ins Ulster Hospital hineinzumarschieren,
war, als unterzeichnete ich mein eigenes Todesurteil.
Trotzdem tat ich es.
Man half ihr auf ein Bett. Ich
teilte der Schwester so viele Einzelheiten wie möglich mit, und dann versuchte
irgendein Vertretungsarzt Alison Fragen zu stellen. Ihre Antworten waren
größtenteils wirr. Sie hielt meine Hand umklammert und wollte sie um keinen
Preis loslassen.
Also erkundigte sich der
Vertretungsarzt bei mir, was geschehen war. Ich erklärte ihm, man hätte ihr ein
Betäubungsmittel in den Drink geschüttet.
»Sind Sie sich da sicher?«,
erwiderte er. »Denn neunundneunzig Prozent aller Frauen, die hier landen und
behaupten, man hätte ihnen Betäubungsmittel in den Drink gekippt, sind einfach
nur sehr, sehr betrunken.«
»Ja«, insistierte ich. »Ich
bin mir sicher.«
»Ja, das scheinen Sie
tatsächlich zu sein.« Er nickte. »Wissen Sie, welche Art von Betäubungsmittel
es war - Liquid Ecstasy, Ketamin, Rohypnol?«
Da ich mir so sicher war, dass
ihr jemand Drogen in den Drink gekippt hatte, konnte seiner Meinung nach offenbar
nur ich dafür verantwortlich sein.
»Nein«, erwiderte ich, »ich
habe keine Ahnung. Machen Sie sie einfach wieder gesund.«
Er hob eine Augenbraue. »Na
ja«, bemerkte er, »es gibt da einen ganz einfachen Test.« Er zupfte ihr ein
Haar aus. »Ich schicke das hier ins Labor. Und in der Zwischenzeit sorgen wir
dafür, dass sie es hier ein bisschen bequemer hat. Falls sie tatsächlich
betäubt worden sein sollte, kann es acht, unter Umständen sogar zwölf Stunden
dauern, bis sie wieder auf den Beinen ist.«
»Aber sie ist ... sie kommt
doch wieder in Ordnung, oder?«
Der Vertretungsarzt warf mir
einen langen Blick zu. »Das hängt davon ab«, erklärte er, »ob sie betäubt
worden ist oder nicht.«
Ich hätte ihn erwürgen können.
Vorausgesetzt, ich hätte die
nötige Kraft dafür besessen.
So schüttelte ich einfach nur
den Kopf und blickte wieder hinab auf die Liebe meines Lebens. Sie war bereits
eingeschlafen. Dennoch hatte sich ihr Griff kein bisschen gelockert. Falls die
Super-Viren eine ähnliche Entschlossenheit demonstrierten, war ich geliefert.
40
Im gesamten Krankenhaus waren
keine Betten mehr verfügbar, aber nicht etwa, weil es überbelegt war, sondern
weil ein halbes Dutzend Stationen wegen eines Clostridium-difficile-Ausbruchs
geschlossen waren, wie mir eine fette Walküre von Schwester hämisch mitteilte.
Also blieb Alison in einem mit einem Vorhang abgetrennten Bett in der
Notaufnahme, während ich zwischen dem roten Plastikstuhl neben ihrem Bett und
dem Warteraum pendelte. Mehrfach näherte ich mich dem Cola-Automaten, trat
dann aber wieder den Rückzug an, weil mir schon von der Vorstellung all der
kranken Finger, die seine Knöpfe gedrückt hatten, übel wurde. Davon und von der
Klimaanlage und von dem Geruch nach Desinfektionsmitteln, der eindeutig längst
nicht stark genug war. Der Vertretungsarzt ließ sich nicht mehr blicken, um
mich auf dem Laufenden zu halten, und jedes Mal, wenn ich Alisons Abteil
betrat, starrten mich die Schwestern misstrauisch an, bis auf die Walküre, die
mich ganz süß zu finden schien. Vermutlich hatte auch sie sich den Verstand
weggeblasen mit irgendwelchen heimlich entwendeten Drogen.
Ein älterer Mann in Bademantel
und Hausschlappen ließ sich im Warteraum direkt neben mir nieder, obwohl es
noch andere Stühle gab. Sofort wurde ich unruhig. Was, wenn er kollabierte und
ich gezwungen war, ihm eine Mund-zu-Mund-Beatmung zu verpassen? Nein, ausgeschlossen,
nichts in der Welt würde mich je dazu bringen, ihm eine Mund-zu-Mund-Beatmung
zu verpassen. Sollte er ruhig da liegen bleiben, bis jemand anders Notiz von
ihm nahm. Für heute hatte ich mein Soll an Rettungsmaßnahmen erfüllt.
»Alles im grünen Bereich, mein
Junge?«, fragte er.
»Ja, bestens.«
»Siehst aber nicht allzu gut
aus. Wartest du auf jemanden?«
»Genau.«
»Ich liege in der Notaufnahme,
weil alles
Weitere Kostenlose Bücher