BattleTech 05: Warrior 1 - En Garde
Midgards, auf das offene Ende der Bar zu. Er ignorierte Einladungen von Leuten, die er nicht kannte oder nicht kennen wollte, und marschierte weiter bis zu einer Tür, die in einen weiten, tiefen Raum führte. Das Licht des titanischen Holobilds, das den wannenförmigen Saal dominierte, machte es Noton leicht, Tsen Shang zu finden. Er schritt die Stufen zum dritten Rang hinunter, vorbei an zahlreichen vollen Kabinen, bis er diejenige erreicht hatte, in welcher der Capellaner auf ihn wartete.
»Gegrüßt, Tsen«, sagte Gray und glitt auf den gegenüberliegenden Platz. Er kannte Shang zu gut, um ihm die Hand zu reichen. Statt dessen beugte er den Kopf, und der Capellaner erwiderte die Geste freundlich.
Shang hob die Hand, um die Aufmerksamkeit einer Bedienung zu erregen. Durch diese Geste erschien seine Hand als Silhouette vor dem leuchtend blauen Hologramm einer kämpfenden Valkyrie in der Saalmitte. Obwohl Gray Shangs Hände schon häufig bei Gesprächen wie diesem beobachtet hatte, konnte er ein Gefühl des Widerwillens bei ihrem Anblick nicht unterdrücken. Sie wirkten unnatürlich und gaben Shang ein zerbrechliches und geckenhaftes Aussehen. Gray wußte jedoch, daß jeder, der dieses Erscheinungsbild für bare Münze nahm, in mindest ebensolchen Schwierigkeiten steckte, wie jemand, der glaubte, eine Valkyrie könne einem Kampfschütze nicht gefährlich werden.
Der capellanischen Mode entsprechend hatte Shang die letzten drei Fingernägel jeder Hand auf eine Länge von zehn Zentimetern wachsen lassen. Diese unverkennbaren, mit Edelsteinsplittern und Blattgold verzierten Nägel kennzeichneten Shang als einen Capellaner von Reichtum und Kultur. Das paßte zu dem Image, das er auf Solaris pflegte, und reichte in Verbindung mit dem Besitz von zwei schweren Mechs völlig aus, um ihm bei Besuchen der Schildhalle Zutritt nach Walhall zu gewähren.
Noton schauderte leicht, weil er Shang zu gut kannte, vielleicht besser als irgend jemand sonst auf Solaris. Tsen Shang erhielt seine Befehle von der Maskirovka, der capellanischen Geheimpolizei. Er lenkte einen mächtigen Spionageapparat hier auf Solaris und bediente sich häufig freier Agenten wie Noton, um für seine Vorgesetzten auf der capellanischen Zentralwelt Sian Informationen zu beschaffen. Entsprechend Shangs wahrer Identität waren seine Fingernägel mehr als nur eine Konzession an den Modegeschmack.
Die Bedienung kam heran und ging an ihrem Tisch in die Hocke, um den Blick der beiden Gäste auf das Hologrammgefecht nicht zu verdecken. Trotz des Lärms, den die übrigen Zuschauer im Saal machten, war Shangs Flüstern erstaunlich gut zu verstehen. »Noch einen Pflaumenwein für mich und ein PPK für meinen Gast.«
Noton schüttelte den Kopf. »Bier. Timbiqui Dunkel, wenn es geht.«
Shang lächelte. »Also Timbiqui Dunkel.« Er schob eine kleine Schale an den Rand des Tisches. In ihrem Innern rollten blaugrüne Hautstreifen und Kerne von der Größe weißer Bohnen herum. »Und eine neue Schale Kinchafrüchte, bitte.« Shang wartete, bis sie die Schale genommen und sich entfernt hatte, bevor er die Unterhaltung begann.
»Willkommen, Gray. Meinen Glückwunsch zu Ihrer Mission.«
Noton runzelte die Stirn. »Glückwunsch? Die Mission war ein Reinfall. Ihre Vorgesetzten haben mich losgeschickt, einen Ausbildungskader zu zerschlagen, aber ich habe gerade mal eine Valkyrie erledigen können. Der MechKrieger war gut.« Zu gut, verflucht, dachte Gray.
»Allerdings.« Shang verstummte, als die Bedienung ihre Getränke brachte. Sie stellte die Fruchtschale in die Mitte des Tisches, aber Shang zog sie schnell in seine Richtung. Er hob eine Kincha heraus und zerteilte mit dem rasiermesserscharfen, karbonfaserverstärkten Nagel seines kleinen Fingers geschickt die feste Schale. »Der Pilot dieser Valkyrie war niemand anders als Major Justin Allard.«
Noton lächelte wehmütig. »Also das ist der Allard, von dem Capet so oft redet. Kein Wunder, daß er ihn fürchtet. Capet ist nicht schlecht, aber Allard ist besser.«
Shang stülpte die Kinchahaut zurück und schnitt eine Scheibe des süßen Fruchtfleisches heraus. »Er war besser. Ihr Angriff hat ihn zwar nicht umgebracht, aber er hat eine brillante Laufbahn beendet. Nach Auskunft unserer Agenten auf Kittery haben Sie seinen linken Unterarm abgeschossen. Allard lebt zwar noch, aber er wird nie wieder Truppen in die Schlacht führen. Nach dem, was er auf Spica geleistet hat, sind wir hocherfreut darüber, daß Hanse Davion
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