BattleTech 25: Die Kriegerkaste
Sicherheitskomitee-Compblock und die Disketten, auf denen Thayer sein Buch geschrieben hatte. Das Sicherheitskomitee hatte hart gearbeitet, um ein Profil Thayers zu erstellen, aber es war nicht annähernd so aufschlußreich geworden wie dieser Roman.
Schon der Titel, Die Scharaden des Jägers, sagten mehr über Noble Thayer aus als alles, was Xus Leute gesammelt hatten. Die Kette der dem Tanzenden Joker zugeschriebenen Aktionen machte es überdeutlich, daß Thayer kein Chemielehrer war. Seine Führungsqualitäten und Fähigkeiten, seine Spur zu verwischen, bewiesen, daß er eine Ausbildung als Davion-Agent absolviert haben mußte – genau wie Charlie Moore. Wie Thayer war Moore nach Zürich gekommen, um eine feindliche revolutionäre Organisation zu infiltrieren. Als die Revolution stattgefunden hatte, begann Moore mit dem Aufbau einer Widerstandsbewegung gegen die Regierung des bösartigen Chao Shaw – eine phonetische Mixtur aus Italienisch und Farsi, die mit >Lebewohl König< übersetzt werden konnte.
Der Direktor hatte seine Darstellung im Text nicht gerade als schmeichelhaft empfunden, aber die Punkte, die Thayer als Ansatzpunkt für seine Kritik gewählt hatte, lieferten ihm Einblick in dessen Denkprozesse. Thayer hatte Shaw als eitlen Egoisten dargestellt, dem beim jahrelangen Versteckspiel in abgelegenen Partisanencamps der Blick für die Wirklichkeit abhanden gekommen war. Er benutzte Shaws Leidenschaft für ein Spektrum ausgefallener Sexualpraktiken als Allegorie für den inhärenten Widerspruch eines Mannes, der sich über alle anderen erhebt, um eine Gesellschaft schaffen zu können, in der es keine Klassenunterschiede gibt. Es war diese Allegorie, die Xu Ning am stärksten traf.
In seinen Roman hatte Thayer auch Deirdre Lear eingebaut und als Dr. Dolores Larson auf Zürich agieren lassen. Sie verkörperte Moores Liebesbeziehung und wurde von Shaw und dessen verbrecherischer Söldnertruppe, den Weißen Vipern, gegen Schluß des Romans gefangengenommen. Das Manuskript endete damit, daß Moore, als König des Todes, einen Frontalangriff zur Befreiung seiner Geliebten aus den Klauen des Diktators plante, der ihn zur direkten Konfrontation mit Shaw führen mußte.
Xu löschte den Schirm. »Ich frage mich, wie du das Buch abgeschlossen hättest? Hättest du Shaw Larson töten lassen, so wie ich Miß Hanney getötet habe? Hättest du Shaw seine Anlage in Erwartung deines Angriffs in eine Festung verwandeln lassen? Und hätte sich deine Planung geändert, wenn deine Geliebte, im Gegensatz zum Text deines Romans, im Verhör zusammengebrochen wäre und all deine Geheimnisse ausgeplaudert hätte?« Die Fragen wanderten durch Xu Nings Gedanken, und er wußte, er würde in dieser Nacht nicht ruhig schlafen können. Er drückte einen Knopf auf der Sprechanlage neben dem Computer. »Tsin, bring mir ein Glas warme Milch mit einem Schuß Cognac Napoleon.«
»Sofort, Direktor.«
Während er sich auszog, um zu Bett zu gehen, machte Xu Ning sich klar, daß er sich glücklich schätzen konnte. Thayers Roman hatte sehr detailliert geschildert, wie das Bombenattentat auf das Arsenal in die Wege geleitet und auch wie der Angriff auf Kaishiling organisiert worden war. Hätte Thayer seine Fähigkeiten darauf verwandt, ihn umzubringen, hätte er damit sicher ebenfalls Erfolg gehabt, daran bestand für Xu inzwischen kein Zweifel. Natürlich hätte das am Ergebnis der Revolution nichts geändert, weil ein anderer seinen Platz eingenommen hätte. Statt dessen hatte Thayer das Fundament der Revolutionsgesellschaft angegriffen und war gefährlich nahe daran gekommen, seine Regierung zu stürzen.
Xu Ning zog seinen seidenen Hausmantel an und band den violetten Gürtel um die Taille. Der Tanzende Joker hatte nicht mit der Gefangennahme und dem Zusammenbruch Cathy Hanneys gerechnet. Ihre Informationen hatten ihn von seiner Operationsbasis abgeschnitten und zur Flucht gezwungen. Das war ein enormer Rückschlag und wahrscheinlich das einzige, was Xus Revolution vor dem Untergang bewahrt hatte.
Ein nagender Zweifel machte es Xu unmöglich, mit diesem Ende zufrieden zu sein. Xu Ning konzentrierte sich und erkannte schnell, welches Paradox ihm Probleme bereitete. Er war zu dem Schluß gekommen, der Tanzende Joker habe Cathy Hanneys Gefangennahme nicht vorhergesehen, aber im Roman hatte der Held Vorkehrungen getroffen, auf die Gefangennahme seiner Geliebten zu reagieren. In der Wirklichkeit jedoch hatte Cathy Hanneys Gefangennahme den
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