BattleTech 34: Der Vater der Dinge
alles zu spät. Marilen war tot. Ihre Ehre hatte sie in den Tod getrieben.
»Du hast ernsten Ärger am Arsch«, rief einer der Posten. Zwei MedTechs stürzten herein, konnten aber nur noch Marilens Tod bestätigen.
Mein Schicksal erwartet mich an einem anderen Ort. Vielleicht kann der Tod von den Händen der Novakatzen mich auf ehrbarere Art befreien. »Teile Major Loren mit, daß ich ihn sprechen möchte«, sagte Kerndon.
»Ich habe gehört, was geschehen ist«, stellte Loren fest. »Marilen suchte den Tod, weil sie ein Leben als Leib
eigene deines Volkes niemals hätte akzeptieren können.« Kerndons Tonfall wa r geschäftsmäßig, ohne
einen Hauch von Bedauern oder Wertung.
»Und du?«
»Ich bin dein Leibeigener, auch ohne formelle Zeremonie. Ich möchte als Krieger an deiner Seite kämpfen,
wenn du den jahrhundertealten Feind der Nebelparder
angreifst.«
Loren nickte. »Oberst Stirling hat mir den Befehl über
die Operation angeboten. Ich nehme an, du möchtest
mitkommen?«
Kerndon nickte. »Wenn du mir die EntLeibung nicht
gewährst, suche ich den Tod in der Schlacht. Zwischen
jetzt und dann werde ich die Bande brechen, die mich
daran hindern, als Krieger zu sterben. Wenn die drei
Schnüre zertrennt sind, werde ich an deiner Seite für deinen Clan kämpfen, deine Fusiliers. Ich werde die Novakatzen stellen und helfen, sie zu vernichten, bevor ich sterbe. Außerdem«, fügte er hinzu, »werdet ihr ohne mich zweifellos versagen. Weißt du, daß unsere Wissenschaftlerkaste jedem im Kampf gefallenen Krieger Gewebeproben entnimmt, um seine Abkunft für unsere Unterlagen zu verifizieren? Keiner eurer Leute darf tot oder lebendig zurückbleiben, denn das würde den Novakatzen verraten, daß ihr keine Clanmitglieder seid. Die Gefallenen müssen verbrannt werden, damit ihr gesamtes Genmaterial einer Überprüfung entzogen wird. Wenn jemand überlebt, aber nicht sofort geborgen werden kann, müßt ihr ihn vernichten.«
»Du hast drei Schnüre erwähnt?« fragte Loren, der über diese jüngste Information später noch lange würde nachdenken müssen.
»Die Leibeigenenkordel eines Nebelparder-Leibeigenen wird dreimal um das Handgelenk geschlungen. Die dem Handgelenk am nächsten liegende Schlaufe ist das Band der Integrität. Du wirst diese Schnur durchtrennen, nachdem ich dir un d deinem Clan meine Vertrauenswürdigkeit bewiesen habe. Die mittlere Schlaufe ist das Band der Treue. Diese Schnur kannst du erst durchtrennen, wen n ich dir meine Treue bewiesen habe. Die letzte Schlaufe steht für Leistung. Diese Leibeigenenschnur wird zerschnitten, nachdem du dich vergewissert hast, daß in meinen Adern das Blut eines Kriegers fließt. Wenn alle drei Schnüre durchtrennt sind, bin ich nicht länger dein Leibeigener, sondern ein Krieger deines Clans. Es ist mein Wunsch, dich zu begleiten, weil ich erschaffen wurde, um als Nebelparder zu kämpfen. Ich will mein Können in der Schlacht gegen die Novakatzen erproben.«
Loren starrte in Kerndons Augen und verstand. »Du wirst mich begleiten, Kerndon. Und ich werde dich binden un d als meinen Leibeigenen kennzeichnen. Hilf mir, un d ich werde die Schnüre durchtrennen, so daß du als Krieger für die Fusiliers kämpfen kannst. Aber eines sage ich dir, wir werden hierher zurückkehren und dieses Regiment retten - lebend!«
Das beinahe sanfte Klopfen überraschte Sterncolonel Santin West, und das kam nicht häufig vor. Es war spät, und im Hauptquartier des Planetaren Kommandos der Novakatzen in New Lorton auf Tarnby herrschte Stille.
Santin West fragte sich, wer ihn jetzt aufsuchen konnte. Außer der Nachtschicht war um diese Zeit niemand mehr auf den Beinen. Nur seine Alpträume verhinderten, daß auch er schlief. Wie an den letzten Tagen war er auch heute so lange wie möglich wachgeblieben. Er hatte auch sein tägliches Trainingspensum verdoppelt, in der Hoffnung, die Erschöpfung könne seine Alpträume vertreiben.
Bis jetzt hatte es nicht geholfen.
Was ihm möglicherweise noch mehr zu schaffen machte als die Träume selbst, war die Tatsache, daß er sich nur verschwommen an sie erinnern konnte. Es waren Bilder des Kampfes, des Kampfes mit einem Gegner, den er nicht überwinden konnte. Und er erinnerte sich an ein Gefühl, das ihm beinahe gänzlich fremd war, das er nur äußerst selten empfunden hatte, und das ihn beschämte. Angst. Eine so große Angst, daß sie ihn aus dem Alptraum riß, noch bevor er herausbekommen konnte, gegen wen er kämpfte. Es machte ihn wütend, daß
Weitere Kostenlose Bücher