BattleTech 35: Höhenflug
Raketenjokkeys.« Das Lächeln verblaßte langsam und wurde von einer Leere in seinen Augen verdrängt. »Eine Menge Leute«, wiederholte er leise. Dann schüttelte er die kurze Traurigkeit mit sichtbarer Anstrengung ab. »Pilotenvereinigungen«, sagte er. »Fliegerclubs wie deine 99er. Ich wette, in der Gesellschaft siehst du Hunderte von Leuten. Da habe ich eine Menge von ihnen kennengelernt.« Er lächelte dünn. »Nimm nur mal Sid. Wir waren in den 1960ern beide Mitglieder einer... na, man könnte es wohl eine Art Hobbyvereinigung nennen. Du würdest dich wundem, wem man in so einer Truppe alles begegnet.«
Sam nickte verständnisvoll. Leuten wie Mags und Amy Langland, dachte sie. Sie lehnte sich zurück und schloß die Augen. Sie streckte den rechten Arm aus und legte die Hand um den Unterarm ihres Großvaters. So dünn, nur Haut und Knochen. Ihre Gedanken wanderten...
»Warum hast du mich nicht zu dir geholt, PopPop?« Ihre Augen sprangen auf. Die Worte waren heraus, bevor sie sich auch nur bewußt geworden war, daß sie es sagen wollte.
»Wie war das?« Jim Dooley sah sie an. Seine hohlen Augen fixierten ihr Gesicht.
Sams Haut war kalt, als würde ein eisiger Windhauch über ihren Nacken fahren. Sie wünschte sich verzweifelt, sie hätte die Worte zurücknehmen können, aber dafür war es zu spät. Sie hatte keine andere Wahl, als es durchzustehen. »Als Mom starb.« Es fiel ihr schwer, die Worte durch ihre zugeschnürte Kehle zu zwingen. »Sie haben mich zu Moms Eltern verfrachtet. Warum hast du mich nicht zu dir genommen? Warum nicht, Pop-Pop?«
Der alte Mann antwortete nicht sofort. Als er es tat, war seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern, das Rauschen eines kalten Winds durch die kahlen Zweige eines Winterwaldes. »Warum nicht?« Er stockte. »Denkst du denn, ich hätte es nicht versucht, Samantha?«
»Ich weiß es nicht, Pop-Pop. Hast du?«
»So sehr, wie ich nur jemals etwas versucht habe.« Er grinste kläglich. »Aber es ist ja nichts dabei herausgekommen.«
»Was ist passiert?«
»Was glaubst du wohl, das passiert ist?« Er seufzte. »Es war die große Zeit der Familie, Samantha. Father Knows Best. Leave It to Beaver. The Donna Reed Show. Welches Gericht in diesem Land hätte das Sorgerecht über ein Kind nicht Oma Ida und Opa Steve übertragen, sondern einem Witwer - und dazu noch einem Piloten? Einem allein lebenden Mann statt einer netten Kleinfamilie mit Eigenheim, Kombi und weißem Lattenzaun?«
»Bist du vor Gericht gegangen?«
Jim nickte. »Obwohl eine Handvoll teurer Anwälte mir geraten hat, es gar nicht erst zu versuchen.«
»Es gibt noch andere Möglichkeiten...«
Sams Stimme war für sie selbst kaum hörbar.
Ihr Großvater richtete seine grünen Augen auf sie. »Denk nicht, ich hätte nicht von Zeit zu Zeit mit dem Gedanken gespielt.« Er lachte freudlos. »Wenn nötig, hätten wir zwei vom Angesicht der Erde verschwinden können. Niemand hätte uns je gefunden, das darfst du mir glauben.« In seiner Stimme lag ein seltsamer Ton, aber Sam entschied sich, den erst einmal zu ignorieren.
»Warum hast du es nicht getan?«
Jim schloß die Augen. »Warum nicht?« Er zögerte. »Ich wollte es, Samantha. Als deine Eltern gestorben sind, warst du alles, was ich noch an echter Familie hatte. Aber... ich dachte, du wärst gerne bei den Eltern deiner Mom. Immer, wenn wir uns unterhalten haben, schienst du zufrieden.«
Zufrieden? Nein, Pop-Pop: ich hatte mich mit diesem Zustand abgefunden. Das ist ein gewaltiger Unterschied. »Du hast mich nie gefragt. Du hast nicht einmal mit mir darüber geredet.«
Ihre Stimme war leise, aber ihr Großvater zuckte zusammen, als hätte sie ihn angeschrien. »Ich weiß, Samantha Rose.« Er sprach langsam, fast vorsichtig, als müsse er sich sorgsam einen Weg durch die Worte bahnen, durch die Gefühle und Bilder, die sie hervorriefen. »Vielleicht war das ein Fehler. Vielleicht hätte ich es anders anpacken sollen. Aber, wie ich schon sagte, ich dachte, du wärst gerne bei Ida und Steve. Du hast dich nie beschwert.« Er lächelte traurig. »Und ich wollte dich nicht offen danach fragen, Samantha. Ich wollte dich nicht in eine Lage bringen, in der du dich hättest entscheiden müssen - zwischen ihnen und mir.«
»Ich hätte mich für dich entschieden, Pop-Pop«, flüsterte sie. Ihre Augen brannten. Die Welt um sie herum verschwamm.
»Ich weiß. Heute weiß ich es«, korrigierte er sich. Dann, leiser: »Wahrscheinlich wußte ich es damals auch schon. Aber
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